thungen der Nationalversammlung entnommen. Was dazugesetzt ist, sind meist Beschränkungen. Aber eben deshalb, weil diese Berathungen zu freisinnig waren, weil eS der Mehrzahl unserer Abgeordneten darum zu thun war, daß mit der Freiheit, mit der bürgerlichen und religiösen Gleichberechtigung, mit der Abschaffung alter Vor­rechte und Lasten Ernst und Wahrheit werde, weil sic die Verfassung nicht bloö auf einem Stück Papier geschrieben, sondern ihren Geist in allen Staatseinrichtungen festgehalten und verbürgt ha­ben wollten, deshalb feindet man sie an und möchte Euch glauben machen, es sei nichts Ge­scheutes daran. Als die bevorrechteten Klassen sahen, daß die Nationalversammlung ihnen nicht bloS mit Worten, sondern mit der Thal zu Leibe ging, als Adel, Titel und Orden von ihr abge- schafft, als ein Gesetz über die Aufhebung der bäuerlichen Lasten berathen, die bisherige Finanz- verwaltung einer strengen Prüfung unterworfen wurde, da war für die Bevorrechteten Zeit, ein Ende zu mache» und zu versuchen, ob man nicht mit neuen Volksvertretern die gefährlichen Bewilligungen nach und nach unschädlich machen könne.

Wen aber empfiehlt man Euch jetzt zur Wahl ? Wählet, so sagt mau, diejenigen , welche die am S. Drcember v. 2. einseitig von der Krone gege­bene Verfassung als rechtSbeständig anerkennen und Euch unbedingte Treue gegen den König ver­sprechen. WaS heißt da- auf Deutsch? Diejeni­gen, welche die oktroyirte Verfassung als solche anerkennen, gestehen der Krone das Recht zu, ih­ren gegebenen Zusagen zuwider einseitig und ohne das Volk Gesetze zu erlassen; sic betrachten die Verfassung als eine Sache der Gnade und behaupten, daß im Staate alle Gewalt nicht vom Volke, sondern von dem Regenten auSgeht. Daher ist auch nur von Treue gegen den König die Rede, aber spricht auch Einer von ihnen von Treue gegen das Volk? Jenes Recht der Krone, allein Gesetze zu geben, können die Männer, welche es mit dem Volke ehrlich mei­nen, können alle diejenigen, welche zur Mehrheit der Nationalversammlung gestanden haben, welche sich auf dem Boden des Gesetzes bewegen, nicht abgebcn. Sie würden also ausgeschlossen sein. Statt ihrer würden nur solche gewählt werden

können, die entweder ihren Platz in der National­versammlung verlassen haben, oder solche, die im April und Mai, als der Absolutismus und die alte Beamten- und Polizeiwirthschaft bedroht war, nicht den Mnth hatten, mit ihrer Meinung her­vorzutreten, die damals felge stillschw regen und sich vor dem Sturme beugten, jetzt aber unter dem Schutze der Bajonette Muth bekommen ha­ben und das Land mit ihrem Geschrei erfül­len. Wenn Ihr nun seht, lieben Mitbür­ger, daß diese Leute sowohl als jene, welche die ungesetzlichen Maßregeln der Regierung bekämpfen, sich zu den Wahlen drängen und sich um Eure Stimmm bewerben, so fragt Euch ein­mal unbefangen selbst, welchen Vortheil können die Einen oder die Andern damit erreichen wol­len? Seht in die jüngste Vergangenheit und Ihr werdet die Antwort selbst finden. Diejenigen, welche mit der Regierung gehn, haben Aussicht auf Beförderungen, Orden, Geld und Ehren- stellcn: ihre Wahl wird von den Behörden unter­stützt, sie dürfen frei und unangefochten* reden und schreiben, und wenn eS ihnen gelingt, Euch zu gewinne», wenn sie durch Eure Stimmen die Mehrheit in der gesetzgebenden Versammlung bilden, so haben sie Hoffnung, als Gesetzgeber die erkämpften Freiheiten noch mehr zu beschränken, ihre gefährdeten Vorrechte zu sichern, da- allge­meine Wahlrecht zu beseitigen und ihre persön­lichen Voriheile durchzusetzen. Die Andern dage­gen werden, wie die Erfahrung lehrt, vom ihren Aemtern entsetzt, in Untersuchungen verwickelt, ver­haftet und verfolgt, verläumdet und dem Mangel Preis gegeben. Wenn sich trotz dieser trüben Aussichten, trotz dieser Gefahren dennoch Männer um Eure Stimmen und um einen Posten bewer­ben, der ihnen nur Entbehrungen, Opfer und Un­dank einträgt, dann muß sie wahrlich etwas An­deres leiten, als irdischcr Vortheil; eS muß der heilige Drang sein, ihrer Ueberzeugung zu folgen und Zeugniß abzulcgen für Wahrheit und Recht, zu kämpfen für die unveräußerlichen Rechte deS Menschen, deren endlicher Sieg wenn auch fern doch gewiß ist. Solche Männer müßt Ihr.wählen: sie werden sich und Euch treu blei­ben in allen Stürmen; ihr Muth, ihre Aufopfe­rung wird die stärkste Waffe der gerechten Sache fein!

Erpedition desCentral - Counts für volkSthümIiche Wahlen im Preußische« Staate"

zu Berlin.

Gedruckt bei Juli«« Gillenfeld in Berlin.