Decheniana (Bonn) 148, 124—137 (1995)
Die Populationsdynamik von Laufkäferzönosen auf unterschiedlich rekultivierten Bergehalden
Axel Schwer k und Michael Abs Mit 15 Abbildungen und 1 Tabelle (Manuskripteingang: 30. August 1994)
Kurzfassung
Über die Vegetationsperiode der Jahre 1991 und 1992 wurde die Carabidenfauna auf der Versuchshalde Waltrop, welche aus einem konventionell mit Gehölzpflanzen bestockten Teil und alternativ begrünten Probeflächen besteht, erfaßt. Die Bestandsaufnahme erfolgte auf den verschiedenen Flächen und dem Haldenumfeld.
Als Vergleich wurde die Carabidenfauna auf der konventionell begrünten Halde Zollverein 1.2 in Essen- Katernberg über die Vegetationsperiode des Jahres 1992 untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, daß eine konventionelle Bestockung mit Gehölzpflanzen nicht zur Ausbildung einer waldtypischen Carabidenzönose führt. Alternative Begrünungsformen durch Einsaat verschiedener Saatmischungen führen zu einer Carabidenzönose aus vorwiegend Offenlandarten, wobei zusätzlich die Gestaltung der Flächen von Bedeutung ist.
Abstract
Düring the Vegetation period of the years 1991 and 1992 carabidfauna of the colliery waste stone heap Waltrop was recorded. One part of this waste heap was conventionally recultivated by planting woods, other parts are planted in alternative ways.
Comperative studies were carried out in the y'ear 1992 at the conventionally cultivated waste stone heap Zollverein 1,2 in Essen-Katernberg.
The results show that the conventionally planting of wood does not result in a forest-like carabid-coenosis. Alternative ways of recultivation hy sowing different kinds of seed result in a coenosis with typical carabids of open areas, with success depending additionally on the design of the areas.
1. Einleitung
Bergehalden als anthropogene Fremdkörper stellen extrem schwierig zu besiedelnde Standorte dar. Ursache für diesen Sachverhalt ist in ungünstigen Bodenparametern wie extrem grober Körnung des Substrats, geringem Wasserhaltevermögen, Armut an Pflanzennährstoffen und Versauerung des Bodens zu sehen (Campino & Zentgraf 1991). Außerdem stellen die Bergehalden aus geobotanischer Sicht einen Rohboden dar, vergleichbar mit einem Gebirgsboden (Jochimsen 1991a). Biotope mit zur Besiedelung geeigneten Samen und Früchten sind in einem derart überformten Raum wie dem Ruhrgebiet nur unzulänglich vorhanden (Jochimsen 1991a).
Eine sinnvolle Rekultivierung von Bergehalden sollte zu der Entwicklung einer Vegetation führen, welche strukturell derer natürlicher Biotope entspricht.
Laufkäfer besitzen eine hohe indikatorische Eignung für die Bewertung von Vegetationsstrukturen (Spang 1992). Anhand der auftretenden Arten und ihrer ökologischen Ansprüche lassen sich Aussagen über den „Reifegrad“ des Untersuchungsgebietes treffen (Riecken 1992) und somit die Begrünungsstrategien bewerten. Außerdem zeigen Laufkäfer ein feines Reaktionsvermögen auf geringste Unterschiede in Umweltfaktoren und sind somit speziell für die Beschreibung einer Sukzession ganz besonders geeignet (Neumann 1971).
2. Untersuchungsgebiete
Als Untersuchungsobjekte dienten zwei unterschiedlich rekultivierte Bergehalden.
Die Halde Zollverein 1,2 in Essen-Katernberg wurde bis etwa 1890-95 aus Lesebergen aufgeschüttet (Mellinghoff, Knabe, Meyer & Schmidt-Lorenz 1968). Sie wurde in zwei Schritten künstlich mit Birken und Robinien bestockt. Der größere, nordöstliche Bereich ist mit Robinien bestockt, welche um die Jahrhundertwende gepflanzt wurden. Auf dem kleineren, südwestlichen Teil befinden sich zwischen etwa 1930 und 1950 begründete Robinien-Birken-Stangenhölzer. Im Anschluß an die Bepflanzungen wurde die Halde weitestgehend sich selbst überlassen (Mellinghoff. Knabe, Meyer & Schmidt-Lorenz 1968).
