Hauptziel der Untersuchung war es, die Vögel in ihren Brutrevieren in völliger Ruhe zu beobachten und dabei speziell auf die Schwanzbewegungen zu achten. Zu diesem Zweck wurden verschie­dene Punkte der Reviere mit versteckter und ferngesteuerter Kamera kontrolliert. Zunächst jedoch wurde das Verhalten unter normalen Voraussetzungen überprüft, bei einer Annäherung zu Fuß.

Bei normaler Annäherung zu Fuß zeigten die Vögel stets das bekannte Verhalten von Brutpaaren mit Warnen und erregtem Umherfliegen im Revier bei Fluchtdistanzen zwischen 100 und 130 m. Bei jedem Ortswechsel, von Warte zu Warte, ob in Bodennähe oder einige Meter hoch, waren jeweils bei den Landungen die Bewegungen der Flügel und des Schwanzes mit dem Fernglas deut­lich zu erkennen. Dabei konnte fast immer auch die Bewegung des Schwanzfächerns erkannt wer­den. Bei Annäherung mit dem Pkw reduzierte sich die Fluchtdistanz der offensichtlich auch nicht so stark erregten Vögel auf etwa 50 m. Bei stehendem Fahrzeug kamen die Schwarzkehlchen, besonders das 8 , nach einiger Zeit bis auf Distanzen von etwa 5 bis 8 m an das Fahrzeug heran. Auch in diesen Situationen zeigte sich sehr deutlich das Schwanzfächern beider Altvögel.

Als weitere und wichtige Kontrolle erfolgte der Einsatz einer versteckten Kamera, um die Bewe­gungsergebnisse aus dem Normalverhalten der Vögel, also ohne Störfälle, zu erhalten. Das Ergeb­nis war eindeutig: Serienfotos ließen erkennen, daß das Schwanzfächern auch in diesem Fall deut­lich gezeigt wurde, also Teil des Normalverhaltens ist. Jungvögel zeigten im Alter von ca. 20 Tagen und später das Schwanzfächern in gleicher Weise.

Damit dürfte die Auffassung von Frankevoort & Hubatsch (1966), das Schwanzfächern sei nur eine Gefahrreaktion und zeige sich sonst niemals, widerlegt sein. Somit ist der Ansicht von Parrinder (1945) zuzustimmen, der diese Bewegung des Schwanzes für das normale Betragen von Brutvö­geln hält.

Wenn man der Bedeutungs-Interpretation der Flügel- und Schwanzbewegungen imHandbuch folgt, so haben sie - offensichtlich genetisch festgelegt - zusammen mit weißen Farbzonen eine wichtige Signalfunktion im Sozialverhalten, unbeschadet der Tatsache, daß sie auch bei der Ablen­kung potentieller Feinde eine Rolle spielen.

Zusammenfassung

An einer Brutpopulation des Schwarzkehlchens (Saxicola torquata) im Bereich der nordöstlichen Verbreitungsgrenze in Mitteleuropa am Nordharzrand wird durch Feldbeobachtungen mit Kamera­einsatz das Schwanzfächern adulter und juveniler Vögel überprüft. Dabei wird die in der Literatur vertretene Auffassung, das Schwanzfächern sei lediglich eine Gefahrenreaktion, widerlegt. Diese Bewegungsart, die bereits von Jungvögeln früh gezeigt wird, ist offensichtlich Teil des normalen Bewegungsverhaltens mit einer wichtigen Signalfunktion beim Sozialverhalten, unbeschadet des Einsatzes bei der Ablenkung potentieller Feinde.

Die Auffassung von Parrinder (1945), es handele sich beim Schwanzfächern umnormales Betra­gen, wird damit bestätigt.

Summary: The spreadout of Saxicola torquata

The spreadout of adult and juvenile stonechats (Saxicola torquata) is checked on a breeding popu- lation of this species at the northern edge of the Harz mountains. As a result, the interpretation of this behaviour as a reaction on danger is disproved. In reality, it is part of the normal behaviour pat­tem (with Signal function relating to social behaviour). Thus, the interpretation of PARRINDER (1945) is confirmed.

Literatur (Auswahl)

Bezzel, E. (1983): Vögel 1 - BLV Intensivführer

Frankevoort, W., Hubatsch, H. (1966): Unsere Wiesenschmätzer - Neue Brehm-Bücherei Nr. 370 Glutzv. Blotzheim, U. N., Bauer, K. M. (1988): Handbuch der Vögel Mitteleuropas - Bd. 11/1 Dort weitere Literatur

Hayman, P., Burton, Ph. (1988): Das goldene Kosmos-Vogelbuch Niethammer, G. (1937): Handbuch der deutschen Vogelkunde - Bd. I

Parrinder, E. R. u. E. D. (1945): Some observations on Stonechats in North Cornwall - Brit. Birds, 38 , 362

Peterson, R., Mountfort, G., Hollom, P. A. D. (1985): Die Vögel Europas -14. Auflage Singer, D. (1988): Die Vögel Mitteleuropas - Kosmos Naturführer

Alfons Plucinski, Breslauer Str. 2, D-3380 Goslar

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