2. Ökologische Veränderungen

Im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert ergaben sich einschnei­dende Veränderungen:

- Eindeichung und Deicherhöhungen in der Marsch (1900-1912,1951 -1955)

- Großflächige Entwässerungen durch Anlage von Sielgräben und Sielwerken. Dadurch kam es zur Beseitigung von Feuchtbiotopen und großen Schilfflächen

- Beseitigung der Heideflächen durch Übersandung, Entwässerung und Umbruch (1860-1880)

- Anpflanzung von Dornhecken (Knicks) in den Jahren 1860-1870 und Begründung von größeren Nadelholzkulturen um 1890 bis 1900

- Durch den Bau des Hindenburgdammes nach Sylt erfolgten verstärkt Ablagerungen an der Nordseite der Insel, wodurch das Vorland sich wesentlich vergrößerte (Kobus 1966).

Die angeführten ökologischen Veränderungen führten zu erheblichen Veränderungen im Brutvo­gelbestand der Insel.

3. Brutbestandsentwicklung

Die zeitliche Entwicklung des Brutbestandes ist in Übersichtsform in Tabelle 1 dargestellt. Hier­nach kann man folgende größere Gruppen zusammenfassen:

- Arten, die auf ökologische Veränderungen augenscheinlich direkt reagiert haben.

a) durch Verschwinden im Gefolge von Biotopzerstörungen: Wiesenweihe, Rohrdommel, Trau­erseeschwalbe, Goldregenpfeifer, Kampfläufer, Drosselrohrsänger, Heidelerche, Wald- und Steinkauz

b) durch verstärktes Auftreten infolge Biotopentstehung oder Verbesserung (Kultursteppe), so bei Rohrweihe, Fasan, Uferschnepfe, Haubenlerche, Dohle, Elster, Rabenkrähe, Meisen, Zaun­könig, Sumpfrohrsänger, Gelbspötter, Zilpzalp, Fitis, Bachstelze, Grünfink, Bluthänfling, Buch­fink, Waldohreule, Ringeltaube.

- Arten, bei denen sich anscheinend artspezifische (endogene) Veränderungen vollziehen.

a) So wurde die Insel von Arten besiedelt, bei denen eine Ausbreitung des Verbreitungsareals erkennbar ist: Lachmöwe, Hohltaube, Türkentaube, Rotkehlchen, Garten-, Hausrotschwanz, Grauschnäpper, Mönchsgrasmücke, Birkenzeisig (?), Mittelsäger, Sing-, Misteldrossel.

b) Bei anderen Arten wiederum sind schon seit geraumer Zeit Abnahmen zu verzeichnen, ohne daß Gründe hierfür im einzelnen erkennbar sind: Brandgans, Turmfalke, Wachtel, Braunkehl­chen, Dorngrasmücke (?), Girlitz, Grau-, Goldammer, Eiderente (?), Feldlerche.

Die Anzahl der Brutpaare bei der Eiderente war offenbar starken Schwankungen unterworfen. Auf Sylt war diese Art im 18. und 19. Jahrhundert als Brutvogel vertreten (Meunier 1956). Wohl um 1880 ist sie auf Amrum eingewandert (Kumerloeve 1964, Qedens 1983). Bis 1940 überstieg der Bestand eine Größenordnung von 20 Paaren nicht. Erst danach wuchs er deutlich an. Auf Föhr wird die Eiderente sicherlich bereits um 1900 als Brutvogel vorhanden gewesen sein, wenn auch nur mit wenigen Paaren. Um 1950 war der Bestand auf rund 20 Paare angewachsen und soll 1960 sogar eine Größenordnung von fast 40 Paaren erreicht haben (Kumerloeve 1963). Danach ist ein deutlicher Rückgang eingetreten. Gegenwärtig beträgt der Bestand weniger als 15 Paare.

- Arten, die durch eine gewisse Stabilität auffallen: Austernfischer, Kiebitz, Sandregenpfeifer, Sil­ber-, Sturmmöwe, Seeschwalben, Kuckuck, Heckenbraunelle, Rohrammer, Stockente, Löffel­ente, Wasserralle, Teichralle, Bleßralle, Steinschmätzer.

- Arten, die gleichsaminstabil waren. Hier traten stärkere Fluktuationen auf, wobei für längere Perioden keine Brutnachweise vorliegen: Säbelschnäbler, Seeregenpfeifer

- Arten, die sicherlich nur ausnahmsweise zum Brutbestand gehört haben, da Föhr entweder im Grenzbereich des Verbreitungsareals liegt oder andere günstige Umstände (z. B. Wärmeschübe, Invasionen) in der Regel einmalige Bruten zugelassen haben: Wiesenralle (?), vgl. Ortmann 1952, Arfsten 1969; Tüpfelralle, Flußregenpfeifer, Steppenhuhn (Leege 1907); Turteltaube (?), Pirol, Eichelhäher, Buntspecht, Sumpfmeise, Feldschwirl, Waldlaubsänger, Stieglitz, Erlenzeisig, Bruchwasserläufer (vgl. Werber 1954), Mauersegler (vgl. Hennemann 1908).

Einschneidende Veränderungen erbrachten zweifelsohne die Meliorationen, die zur Trockenlegung der Marsch führten, wodurch die vordem bestehenden großen Schilfbestände verschwanden (vgl.

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