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Buchbesprechungen
Hinsichtlich seiner Erhaltung ist das Birkhuhn eine der problematischsten Vogelarten, denn der vordringlich notwendige Habitatschutz richtet sich meist nur auf bekannte Balzplätze; Brut-, Mauser-, Nahrungs- und Übernachtungsgebiete können aus Unkenntnis oft nicht berücksichtigt werden.
Als Hauptanliegen ihrer Arbeit haben die mit dem Birkhuhn wohlvertrauten Autoren neben der Darstellung der Vorkommen in Bayern versucht, gezielt Material über die Art als Basis für Schutzbestrebungen zu liefern. Obwohl sich die Untersuchungen und Auswertungen hauptsächlich auf die Bestände im Südosten der BRD beziehen, können viele Ergebnisse auch auf die übrigen Populationen Mitteleuropas übertragen werden, so daß sich ggf. der Aufwand lokaler Einzelerhebungen reduzieren läßt.
Die mit Fotos, Karten, Skizzen, Tabellen und Diagrammen reich ausgestattete Arbeit ist in 10 Hauptkapitel untergliedert.
Nach der Einleitung (1. Kapitel) werden im 2. Kapitel weitgehend bekannte ökologische und biologische Besonderheiten dargestellt. Hierauf folgen, besonders hinsichtlich der Verbreitung, Angaben über die unterschiedlichen Methoden der Datengewinnung (3. Kapitel). Damit im Zusammenhang, obgleich erst im 4. Kapitel „Verbreitung und Bestandsdynamik“ aufgezählt, stehen die Fehlerquellen, welche Umfragen bei Jagd- und Forstleuten mit sich bringen. Schlechte Koordination, Zählungsausfalle, bewußte Verfälschungen, Doppelzählungen, ungünstige Termine (tages- wie jahreszeitlich) und die Tatsache, daß meist nur Hähne erfaßt werden können, beeinträchtigen das Bild stark. Wenn auch auf das Material der ansässigen Bewirtschafter bei großräumigen Erfassung nicht verzichtet werden kann, ist die gut abgestimmte Zählung mit sachkundigen Personen am meisten erfolgversprechend.
In Bayern gibt es größere Bestände nur im Alpenraum (1977 ca. 1300 balzende Hähne), wobei sie allein hier als stabil bezeichnet werden können. Bedeutende außeralpine Vorkommen waren Ende der 1970iger Jahre noch im Bayerischen Wald und auf der Rhön zu beobachten. Wenngleich letzteres als für Mitteleuropa noch bemerkenswert bezeichnet wird, sprechen die erst während der Drucklegung eingefügten Zahlen aus den Jahren 1978—1981 dagegen (Bestandsentwicklung: 1963: 152, 1972: 256, 1977: 119, 1981: 31 Hähne). Weitere Populationen in Oberfranken, dem Alpenvorland und der Oberpfalz tragen reliktartigen Charakter und sind gefährdet; Vorkommen im Donautal und in der Münchener Schotterebene sind bereits erloschen. Dem Biotop des Birkhuhns ist im 5. Kapitel breiter Raum gewidmet. Natürliche Lebensräume sind in Mitteleuropa Waldgrenzgebiete und Moore (in Bayern der Alpenraum und die Hochmoore), also offene Landschaften mit vereinzeltem Gehölzbewuchs zur Deckung und Äsung. Alle übrigen Bestände begründen sich auf Wirkungen des Menschen in ehemaligen Waldgebieten, wo durch extensiv genutzte Weideflächen (Gemeinschaftsweiden), Naß- oder Streuwiesen und naturnahe Restflächen eine labile — dem Huhn zusagende — Konstellation aus Heiden, Wiesen, Feldern, Büschen, Baumgruppen und Moorresten entstanden ist. Sogenannte Katastrophenflächen (durch Schädlingsbefall, Windwurf, Brand), oft Folgen der Bewirtschaftungsformen der Wälder, stellen nur relativ kurzzeitig geeignete Habitate dar.
Durch populationsökologische Untersuchungen wurden mit verschiedenen Methoden (z. B. auch Funkortung) in ausgewählten Vorkommen (6. Kapitel), nämlich der Langen Rhön und dem Kochel — Loisach — Gebiet im Alpenvorland, Daten zur Größe des Lebensraumes, zur Habitatwahl im Jahreszyklus sowie zu Einflußfaktoren auf die Bestände und den Reproduktionszyklus (7. Kapitel) gewonnen. Sie stellen die Grundlage für Vorschläge zum Schutz der Art, wie sie im 8. Kapitel allgemein wie auch speziell für die Vorkommen in Bayern erarbeitet wurden, dar.
Um eine Population zu erhalten, müssen mindestens 1000 ha dem Birkhuhn zusagender Lebensraum zur Verfügung stehen, denn dem Habitatschutz gehört das Primat aller Bemühungen. Dabei kommt es weniger darauf an, großflächig Räume unter Naturschutz zu stellen — dies kann z. B. für Moore und deren Randbereiche ein gangbarer Weg sein —, als vielmehr eine ganz bestimmte Art der Landnutzung (extensive Beweidung, Streuwiesen u. a.) zu sichern. Beachtenswert scheint die Feststellung: „Was die Struktur des Habitats angeht, hat das Birkhuhn sehr enge Ansprüche an seinen Lebensraum. Dagegen ist es sehr flexibel, wenn es um die vegetationskundliche Zusammensetzung seines Habitats geht.“ So benötigt es entsprechend den Aktivitätsstadien in den einzelnen Jahreszeiten besonders offene, ebene und kurzrasige Flächen (Balz), größere Feucht- gebiete, Streuwiesen, Heiden mit einzelnen Gehölzen (Brut, Aufzucht, Mauser), Flächen mit höherer Vegetation sowie Gehölzstandorte mit größerer Reliefenergie (Ruhe, Übernachtung, Nahrungssuche). Um solch ein Habitatmosaik zu erhalten, müssen Entwässerungen von Mooren, Flurbereinigungen, Düngungen der Wiesen und hauptsächlich Aufforstungen weitgehend verhindert werden.
Weitere Einflüsse sind allein zwar meist von sekundärer Bedeutung, erhöhen aber zusammengenommen die Sterblichkeit. Schafhutungen und Rinderstandweiden, Wandern und Skilauf, Lagern und Parken, Modell- fliegen und Amateurfunken, Fotografieren und Natur beobachten wie auch militärische Übungen stören die Tiere ständig, führen durch häufigen Zwang zur Flucht zu erheblichen Energieverlusten und müssen deshalb in Birkhuhngebieten unterbunden oder gelenkt werden. Natürliche Feinde sind hauptsächlich der Habicht