I. Einleitung

1. Definition, Abgrenzung und allgemeine Kennzeichnung der Zwergbinsen-Gesellschaften

Die Klasse Isoeto-Nanojuncetea umfaßt einjährige, überwiegend zwergwüchsige Pioniergesell­schaften auf offenen, regelmäßig gestörten, wechselnassen Böden mit meist hohem Sand- und/oder Schluffanteil. Als natürliche Standorte sind vor allem die Ufer und Auen der großen Flüsse und die Dünentäler der Wattenmeer-Inseln zu nennen, wo regelmäßig auftretende Über­schwemmungen und Phasen geringerer Wasserstände für die notwendige Dynamik sorgen (vgl. PHILIPPI 1968, 1980, OESAU 1972, WALTHER 1977, HOBOHM 1993, PETERS 1995, PETERSEN 1999, 2000, TÄUBER 1999, 2000).

Die meisten Vorkommen von Zwergbinsen-Gesellschaften befinden sich heute aber auf extensiv genutzten oder doch zumindest anthropogen geprägten Standorten und hier fast aus­schließlich an Ufern von Gewässern verschiedenster Art, deren gemeinsames Merkmal eine mehr oder weniger starke Wasserstandsdynamik ist (Flüsse, Seen, Weiher, Teiche, Tümpel und Kleinstgewässer). So können Gesellschaften der Isoeto-Nanojuncetea z.B. an und in Stautei­chen, in Abbaugebieten (überwiegend Kies- und Sandabbau, aber auch Braunkohletagebau), an Gewässern im extensiv genutzten Weideland, auf Truppenübungsplätzen und auf wechsel­nassen, besonnten Wegen gefunden werden (vgl. z.B. BURRICHTER 1960, WIEGLEB 1979, BANK-SIGNON & PATZKE 1986, DIEKJOBST 1987, GALUNDER 1988, BERN­HARDT 1990, 1993, 1999, TÄUBER 1994, 1996, 1998a, 1999, 2000, BAUMANN & WAH- RENBURG 1995, VOGEL 1997, FROMM et al. 1998, ROMAHN 1998, BAUMANN & TÄUBER 1999, PETERSEN 1999, 2000).

Bedeutend für die wohl großflächigsten Vorkommen ist seit langem die extensiv betriebe­ne Karpfen-Teichwirtschaft, wo die Nutzung der Teiche, der Teichböden und Teichufer für zahlreiche Arten der Zwergbinsen-Gesellschaften optimale Bedingungen schaffen kann (vgl. KORNECK 1960, KRAUSCH 1967, PIETSCH & MÜLLER-STOLL 1968, 1974, PHILIP­PI 1977, DIEKJOBST 1986, FRANKE 1987, GARNIEL 1993, PIETSCH 1996, POSCHLOD et al. 1996, 1999, TÄUBER 1998b, 2000). Die größte Bedrohung für optimal ausgeprägte Gesellschaften der Isoeto-Nanojuncetea geht von der fortschreitenden Sukzessi­on durch fehlende Dynamik und der Intensivierung von ehemals extensiven Nutzungsformen aus. Beispielsweise haben die Veränderungen in der landwirtschaftlichen Nutzung dazu ge­führt, daß auf und an Äckern nur noch selten geeignete Standorte für Zwergbinsen- Gesellschaften ausgebildet sind (s. SCHNEIDER et al. 1994, KALLEN 1995, ALBRECHT 1999, NEZADAL 1999, TÄUBER & GARVE 1999).

Bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts wurden die ersten zum Teil sehr umfas­senden Untersuchungen über Zwergbinsen-Gesellschaften veröffentlicht (ALLORGE 1922, KOCH 1926, KREH 1929, MALCUIT 1929, MATTICK 1929, UHLIG 1931, KLIKA 1935, MOOR 1937, TÜXEN 1937, AMBROZ 1939). In ihrer Gesamtheit beschreiben diese Arbei­ten bereits das gesamte Spektrum der heute vorhandenen Gesellschaften.

In den 60er Jahren waren es dann vor allem PIETSCH (1963), PIETSCH & MÜL­LER-STOLL (1968) und PHILIPPI (1968), die die Erforschung dieser auch damals nicht häu­figen Pionierbestände voranbrachten. In den 70er Jahren wurden von den genannten Autoren schließlich Übersichten über die Zwergbinsen-Gesellschaften in Brandenburg (PIETSCH & MÜLLER-STOLL 1974), in Süddeutschland (PHILIPPI 1974 in OBERDORFER 1992) und von ganz Europa (PIETSCH 1973) veröffentlicht, die bis heute eine breite Anwendung erfah­ren. Die in den folgenden Jahren erschienenen überregionalen Übersichten hatten mit Aus­nahme der Arbeit von DIERSSEN 1988 (für Schleswig-Holstein) entweder überwiegend älte­res Aufnahmematerial zur Grundlage (PREISING et al. 1995 für Niedersachsen) oder enthiel­ten nur einzelne bzw. gar keine Vegetationsaufnahmen (s. z.B. POTT 1995 für Deutschland, GLEICH et al. 1997 für Nordbayern, VERBÜCHELN et al. 1997 für Nordrhein-Westfalen).

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