919 Stresemann, Einhundert Jahre Deutsche Ornithologien-Gesellschaft |Vog e lwa rte

Das war ein schwerer Schlag gegen dieNaumannia"; ein anderer war ihm vorausgegangen. Baron J. von Müller, durch Baldamus im ersten Heft seiner Zeitschrift alsneuer Stern" der Ornithologie gepriesen, hatte sich inzwischen als großsprecherischer Glücksritter entpuppt. Alle, die auf seinen Reichtum gebaut hatten, sahen sich bitter enttäuscht, als der Baron in Geldnöte geriet. Nicht nur Vater Brehm und seine Söhne waren davon betroffen, sondern auch Baldamus, der 1852 dieNaumannia" schleunigst einem andern.Verlag übergeben mußte. Sie hatte sich fortan selber zu erhalten; als das nicht mehr gelang, gab Baldamus 1858 das unrentabel gewordene Unternehmen auf und willigte 1860 in Cabanis' Verlangen, dasJournal für Ornithologie" fortanzugleich als Fort­setzung der ZeitschriftNaumannia" bezeichnen zu dürfen".

Zwar hatte Cabanis damit einen großen Erfolg errungen, aber noch war sein Sieg nicht vollkommen. Immer noch waren die deutschen Ornithologen in zwei Lager gespalten, denn zum Vorstand der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft gehörten einflußreiche Persönlichkeiten, die von einer Zusammenarbeit mit der Berliner Richtung durchaus nichts wissen wollten und von 1860 an darauf be­standen, daß die Versammlungsberichte der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft, statt demJournal für Ornithologie" einverleibt zu werden, als selbständige Hefte erscheinen sollten. Die Häupter dieser zähen Opposition waren Prof. Johann Heinrich Blasius in Braunschweig und Dr. Bernard Altum in Münster; sie er­reichten aber nur, daß das Interesse an der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft immer mehr erkaltete.

Nun holte Cabanis, der diese Entwicklung aufmerksam verfolgte, zu einem entscheidenden Stoß gegen den morschen Bau der alten Gesellschaft aus: Auf die Zustimmung von Bodinus, C. Bolle, A. Brehm, O. Finsch, G. HartLaub, F. Heine sen. , Th. von Heuglin, E.v. Homeyer, A.v. Homeyer, R. v. Koenig-Warthausen und A.v.Pelzeln sich berufend, forderte er 1867 zur Gründung einerDeutschen Ornithologischen Gesellschaft zu Berlin" auf, deren offizielles Organ das Journal für Ornithologie sein werde. Im ersten Jahr ihres Bestehens, 1868, brachte es diese Gesellschaft nur auf 48 Mitglieder, aber drei Jahre später waren es schon 128 geworden, während die Deutsche Ornithologen - Gesellschaft auf 68 zusammen­geschmolzen war. Der Tod ihres geistigen Führers J. H. Blasius (1870), noch mehr aber das Ungeschick ihres Geschäftsführers (1. Vorsitzenden), des Barons Ferdinand von Droste-Hülshoff, hatten das unabwendbare Verhängnis beschleu­nigt. Als der Baron 1874 in jugendlichem Alter verstorben war, blieb dem be­deutungslosen Grüppchen keine andere Wahl mehr, als in die schon mehrfach erörterte, aber stets hartnäckig abgewiesene Verschmelzung mit der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft endlich zu willigen. Das geschah auf einer Versamm­lung von Delegierten beider Gesellschaften, die sich vom 20. 23. Mai 1875 in Braunschweig trafen: A. Brehm, Cabanis, Reichenow, Schalow als Vertreter der einen, die Brüder R. und W. Basius sowie F. Heine jun. als Vertreter der anderen Seite.

Eugen von Homeyer, der beiden Gesellschaften angehörte, übernahm den Vorsitz.Er teilt mit, daß vom 1. Januar kommenden Jahres ab nur noch eine ornithologische Vereinigung:Die allgemeine deutsche Ornithologische Gesell­schaft" in Deutschland existieren werde. Der Vorsitzende spricht seine herzlichste Freude darüber aus, daß das Werk der Vereinigung, so oft unternommen und so oft gescheitert, nun endlich doch gelungen sei, und knüpft die zuversichtliche Hoffnung an die Wiedervereinigung, daß sie von Nutzen sein werde für die ornitho­logische Wissenschaft, sowie für deren Jünger. Was so lange erstrebt worden ist, hat man nun endlich erreicht, und das Gewonnene festzuhalten wird eine Aufgabe der kommenden Zeit sein. In Einmütigkeit werde man von nun an sich wieder zu gemeinsamem Wirken einen, fern von persönlichen unerquicklichen Streitigkeiten