ORNITHOLOGISCHE MITTEILUNGEN
4. Jahrgang Nr. 4 April 1952
Die Saatkrähenkolonien des Landes Oldenburg
Von Richard Tantzen, Oldenburg
Nach NIETHAMMER (7) war die Saatkrähe (Corvus frugilegus L.) ehedem Brutvogel in allen Ackerbaugebieten Deutschlands. Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist sie im Bestand stark zurückgegangen, so in Schlesien, Sachsen, Thüringen und im Rheinland, wo sie auf weiten Strecken ganz verschwunden ist. Als Grund für die Abnahme führt NIETHAMMER den oft allzu starken Abschuß an, der durch das kolonieweise Brüten sehr erleichtert wird. In Ostpreußen brütet die Art zahlreich und ist noch in der Zunahme begriffen, im übrigen bestehen noch heute verstreut in ganz Deutschland vereinzelte Kolonien, wenn auch mancherorts Lücken klaffen.
Im Folgenden soll versucht werden, eine Übersicht über die Verbreitung der Saatkrähen im Oldenburger Lande zu geben.
WIEPKEN (II) berichtet 1876, daß die Saatkrähen während des Sommers im Oldenburger Lande und nur in gelinden Wintern einige bei uns bleiben. Er bezeichnet die Saatkrähen als „unbedingte Sommervögel" (12 a). Er sagt, daß vor 40 Jahren, also im Jahre 1836, mehrere Brutkolonien in Moorriem und einige in der Marsch bei dem Gute Treuenfeld (= Harlinghausen, Gemeinde Ovelgönne, Landkreis Wesermarsch (9)) waren, die aber alle zerstört sind, und, nachdem seit einigen Jahren die in Strückhausen durch Abholzen des betreffenden Busches auch nicht mehr existiert, kenne ich nur noch eine in der Nähe von Ovelgönne.
LEEGE (6) wiederholt 1905 die vorstehenden Angaben von Wiepken, ohne neue Feststellungen mitzuteilen, und sagt, daß sich im benachbarten Ostfriesland an verschiedenen Stellen Brutkolonien befinden.
Hauptlehrer EICKHORST teilte schriftlich mit, daß die große Saatkrähenkolonie im Walde des Bauern Schröder in Holtgast, Gemeinde Apen, 1889 durch tagelange Beunruhigungen durch Schießen bei Tag und Nacht vertrieben bzw. vernichtet wurde.
Nach SCHÜTTE (8) gehört die Saatkrähe zu den Hauptvertilgern der schädlichen Schnakenlarven. Man trifft (im Jahre 1913) im ganzen Lande nirgends soviel und so große Saatkrähenkolonien an, wie in den kleinen Gehölzen bei den Bauerngehöften in Großenmeer, Strückhausen, Oldenbrok und Moorriem. Werden sie wegen des fürchterlichen Lärms, den sie und ihre Brut machen, an einem Ort vertrieben, was nur durch fortgesetzte Zerstörung der Nester durchzuführen ist, so lassen sie sich in der Nähe nieder und bauen unverdrossen von neuem. In den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nisteten sie auch in Lienen und versuchten sogar unmittelbar beim Elsflether Bahnhof Massenquartier zu beziehen. Außerhalb der Weser- und Moormarsch weiß SCHÜTTE nur noch von je einer Saatkrähenkolonie auf der Kommende Bokelesch, in Lindern, bei Lastrup und bei Sanderbusch zu berichten,
BRINKMANN (1) macht unter Hinweis auf die Angaben von Wiepken und Schütte die Bemerkung, daß auch in Oldenburg die Saatkrähe wieder zuzunehmen scheint (1933).
73