fische Erreger handelt, die schonender in den biozönotischen Komplex eingreifen als wirkungsbreite Mittel.
Eine weitere, wirtschaftlich wichtige Schwierigkeit unserer Methode zeigt sich, wenn es gilt, die geeigneten natürlichen Feinde eines Schädlings auszuwählen. Wir betreiben da noch weitgehend Empirik, d. h. wir müssen ausprobieren, was am besten hilft und können nur selten etwas voraussagen (40). Meist gilt bei von auswärts zu importierenden Nützlingen die Art als die erfolgversprechendste, die auch im Heimatland des Schädlings dominiert. Es gibt aber einige neue Beispiele, die zeigen, daß solche Hauptfeinde wechseln können (32) und unauffällige Gegenkräfte sich in der Fremde als besonders wirksam erweisen. Ein Weg, hier weiterzukommen, ist der Versuch, auch bei wirtschaftlich unwichtigen Arten kausale Gradationsstudien zu betreiben, wie es jetzt von verschiedener Seite begonnen wird (38).
Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, daß ein Dauererfolg nur höchst selten einer Gegenspiderart zu verdanken ist, die Regel lautet, daß eine möglichst vollzählige Reihe natürlicher Feinde notwendig ist, um eine halbwegs stabile Änderung des Gefüges begrenzender biotischer Faktoren in unserem Sinne durchzuführen. Dieser Gedanke ist an sich nicht neu. Er wurde aber mehrfach bestätigt, und die Schärfe, mit der diese Auswahl betrieben wird, steigerte sich erheblich. Sie trug auch ihre Früchte. So zeigt sich z. B. bei der erwähnten europäischen Fichtenblattwespe ( G. her- cyniae (Htg.)) in Nordamerika, daß nach dem scharfen Populationsrückgang durch die Virusseuche etwa im Jahre 1939 immer noch eine Gruppe von Parasiten für doppelte Sicherung dieses Niveaus sorgt; zum Teil dominieren zwar andere Arten als vor dem Krankheitsbeginn, aber die „Parasitendecke" hat die Belastungsprobe der plötzlichen Wirtsreduktion überstanden und erfüllt weiter ihre Aufgabe als Sicherung, und wohl auch als Überträger der Seuche (25, 26).
Bevor eine Nützlingsart im fremden Land losgelassen wird, muß man genau wissen, daß sie frei von eigenen Feinden ist. Die Klimaansprüche versucht man durch ein Studium des Verbreitungsbildes zu ermitteln und ihnen muß man sich fügen bei der Wahl des Auslassungsortes. Vor allem bei der biologischen Bekämpfung von Unkräutern durch Einfuhr phytophager Insekten ist es entscheidend wichtig, sich vor Beginn der Arbeit vergewissert zu haben, daß nur die unerwünschte Pflanze und keine vielleicht nah verwandte Nutzart angegriffen wird, auch nicht nach Vertilgen der vorgesehenen Nahrung. Nicht der Nützling, der die meiste Pflanzensubstanz verbraucht, ist immer der geeignetste. Oft sind es z. B. minierende Arten mit geringerem Nahrungsverbrauch, die aber relativ geschützt leben und durch ihre Fraßart Eintrittspforten für Bakterienkrankheiten der Pflanzen schaffen (22). Die rechte Auswahl der Helfer beruht u. a. darauf, daß man die Konkurrenzbedingungen unter den einzelnen Lebewesen berücksichtigt. So wurde ein Blasenfuß (Liotkrips urichi Karny) auf den Fidji-Inseln dadurch zum bestqualifizierten Bundesgenossen, daß er die jungen Sprosse eines Unkrautes nur ein wenig im Wachstum abbremste; dies genügte, um die Pflanze in ihrem Verband nicht mehr konkurrenzfähig zu machen und zu vernichten (46).
Ich habe diese Beispiele aufgezählt, um zu zeigen, wie man bei der sorgfältigen Beantwortung ganz praktischer Fragen heute immer weiter zur Erforschung der Grundlagen gezwungen wird, wenn man Erfolg haben will. Während man früher noch mit Götterblick und Glück eine natürliche Feindart importieren konnte, die auch bald durchschlug, ist es heute bei der Ausweitung der Methode notwendig, in geduldiger Kleinarbeit Biologie und Ökologie der infrage kommenden Helfer zu studieren, die Gesetze des Zusammenspiels der Bevölkerungen zu erforschen, und sich um das Verhalten der Tiere zu kümmern. Das Verfahren ist mühsamer, aber auch sicherer geworden. Wenn es kürzlich gelungen ist, auf operativem Weg Endopara- siten in andere Wirte zu versetzen (33), oder wirklich zu verstehen, warum eine Schlupfwespenart sich besser für hohe Bevölkerungsdichte des Wirtes eignet und eine andere besser für geringe (9, 42) oder tiefere Einblicke in das Wesen der Wirts-
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