ORNITHOLOGISCHE MITTEILUNGEN

6. Jahrgang Nr. 6/7 Juni/Juli 1954

Hermann Hähnle

Zum 75. Geburtstage am 5. Juni 1954

Von Hermann Helfer, Berlin

Dieser Sohn der Frau Lina Hähnle muß als die rechte Hand seiner Mutter ge­rühmt werden. Mit bewundernswertem Geschick, mit schulmeisterlicher Geduld und raffinierter Findigkeit weiß er die Tiere zu beschleichen und im Freileben als Lauf­bilder auf den Filmstreifen zu bringen mittelst eines von ihm erfundenen Fernappa­rates." So schrieb J. Bazlen vor mehr als 30 Jahren zum 70. Geburtstage von Frau Hähnle, und wenn man heute die Verdienste ihres Sohnes herausstellen soll, so denkt unsereins unwillkürlich an seine erfolgreichen Bemühungen um die Verbreitung des Natur- und Vogelschutzgedankens durch Natururkunden in Bild und Film, auf wel­chem Gebiete er denn auch bahnbrechend werden sollte. Hierbei kamen ihm seine technischen Interessen und Fähigkeiten zustatten, die ihn ja auch den Ingenieurberuf wählen ließen.

Es ist bekannt, daß sein Vater, der Kommerzienrat Hans Hähnle, für die Lieb­haberei seiner Frau, die i. J, 1899, also schon im vorgerückten Alter von fast 50 Jahren, in Stuttgart den Bund für Vogelschutz ins Leben rief, volles Verständnis hatte und den Bund auch durch reiche Geldmittel unterstützte. Die Tierliebe der Mutter hatte sich auch auf die Kinder, insbesondere auf den Sohn Hermann übertragen, der ihr von Beginn an in allen Vogelschutzangelegenheiten zur Seite stand, viele Jahre Kas­sierer und Schriftführer des Bundes war, bis an ihr Lebensende mit ihr arbeitete, dann ihre Nachfolge in der Leitung des Bundes antrat und noch heute, also seit mehr als 50 Jahren, im gleichen Sinne wirkt. Der Bund für Vogelschutz mit seinen wieder Zehntausenden von Mitgliedern grüßt seinen verehrten Leiter an seinem 75. Ge­burtstage mit aufrichtigsten Wünschen!

Geboren wurde Hermann Hähnle am 5. Juni 1879 als das fünfte Kind von Hans und Lina Hähnle in Giengen a. d. Brenz. Nachdem die Eltern i. J. 1884 nach Stuttgart gezogen waren, besuchte er dort das Eberhard-Ludwig-Realgymnasium und anschlies­send die Stuttgarter Technische Hochschule, um Ingenieurwissenschaften zu studieren. Als Ingenieur trat er 1906 in die von seinem Vater gegründeten Vereinigten Filzfabri­ken Giengen ein, die von kleinem Unternehmen sich in kurzer Zeit zu einer Weltfirma mit mehreren Zweigfabriken und Vertretungen in aller Welt entwickelten. So stand bald und steht noch heute Hermann Hähnle als leitender Ingenieur auf verantwor­tungsvollem Posten. Am 2. 6. 1928 verheiratete er sich mit Fräulein Gertrud Berg ­mann aus Karlsruhe. Die Erinnerung daran, daßnur nebenbei" er eifriger Skiläufer, ja der erste Skifahrer in Württemberg war und daß er zum Entsetzen seiner Mitmenschen eines Tages mit finnischen Langlaufskiern ausrückte, mag uns heute ein leichtes Schmunzeln entlocken, zeigt aber den Naturfreund auch von anderer Seite.

Das Steckenpferd unseres Jubilars war von jeher die Kinematographie und die Stereofotografie, nachdem erstere um die Jahrhundertwende begonnen hatte, weiteste Kreise zu erfassen. Die ersten Filme von der Familie drehte er i. J. 1901, die ersten Raumbilder entstanden schon 1902. Bald war sein Streben, inechten deut­schen Laufbildern" so nannte er sie in einem Flugblatte das Wissen um die

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