Weiteres über die Türkentaube an der schleswig-holsteinischen Westküste

Die Türkentaube wurde an der schleswig-holsteinischen Westküste seit 1949 mehr­fach an verschiedenen Orten festgestellt. Erst waren es umherstreichende Tiere ohne Anzeichen von Brut: 1.) Dreisdorf, Kr. Husum, Nov. 1949 1 Stck., 2.) Heide, Kr. N.-Dithmarschen, Juli/August 1950 12 Stck., 3.) Friedrichskoog, Kr. S.-Dithm. Ende 1950 mehrere Stck., 4.) St. Peter, Kr. Eiderstedt, Frühjahr 1955 eine Kurzbe­obachtung (vgl. Orn. Mitt. 1950, S. 75 bzw. Mitt. Faun. Arb.-Gem. Schl.-Holst. 1955, S. 67, Orn. Mitt. 1951, S. 163, Mitt. F. A. G. 1958, S. 10). Dann folgte die erste Fest­stellung von Brutvögeln im Bereich der Westküste: mehrere Paare in St. Michaelis- donn, Kr. S.-Dithmarschen (vgl. Mitt. F.A.G. 1956, S. 29).

1957 fand ich diese Taube auch in Husum als Brutvogel. Das erstemal sah ich ein Paar bei einem kurzen Besuch auf dem dortigen Ostfriedhof am 24. 4. 57. Ge­stalt, Zeichnung während des Achtungsfluges und das Gurren kennzeichneten die Art sofort. Außer diesem einen Paar wurden keine weiteren Vögel gesehen. Das Revier ist typisches Friedhofsgelände mit Nadelhölzern verschiedener Arten, Birken, Gebüschen. Nahrungsquellen sind wahrscheinlich eine benachbarte Mühle und klei­nere Hühnerhaltungen. Am 28. 4. sah ich das Paar am gleichen Platz (Abb. 1), konnte auch ein Lichtbild vom Balzflug machen (Abb. 2) und entdeckte dann noch ein flügges Junges (früher Termin'.). Dieses saß, wie es Hofstetter beschreibt (J. f. O. 93, 1952, S. 306), unbeweglich in einer dichten Fichte; ein Belegfoto wurde angefertigt. Das Jungtier hatte noch keinen Halsring, der Schwanz hatte noch nicht die endgültige Länge, am Kopf schienen sich noch Flaumreste zu befinden. Als bei einem weiteren Besuch am 3. 6. 57 einmal zwei Vögel im A?htungsflug zu sehen waren, glaubte ich zunächst, es sei ein weiteres Paar vorhanden, doch waren inner­halb einer halben Stunde nicht mehr als die beiden Tiere zu finden. Vermutlich machten also in diesem Falle beide Ehepartner den Achtungsflug gleichzeitig. Daß auch das Weibchen diese Flugart ausführt, erwähnt Hofstetter (J. f. O. 95, S. 380, 1954).

Es scheint, daß das Brutpaar auf dem Friedhof nicht die einzigen Türkentauben in Husum sind. Denn wie Herr Museumsmeister Hepprich mündlich angab, hat er im August dieses Jahres diese Taube auch auf Grundstücken um das Nissenhaus/ Nordfries. Museum gesehen (Abstand vom Friedhof in Luftlinie 1,5 km), ohne ein Anzeichen für das Nisten dort zu finden. Es wird also in Zukunft auf die Entwick­lung einer Husumer Türkentauben-Population zu achten sein.

Abb. 1 Das Türkentauben-Paar auf dem Husumer Friedhof. Fot. König, 28. 4. 57 Abb. 2 Balzflug des Türkentauben-Männchens. Fot. D. König, 28. 4. 57

Bei dieser Gelegenheit ist noch auf das Vorkommen dieser Art auf der Insel Föhr hinzuweisen, welches dank der Aufmerksamkeit des zuverlässigen Beobach­ters J. Jakobs in Övenum/Föhr bemerkt wurde. Er hat selbst ein Männchen vom 16. 6. 56 als Präparat in seiner Sammlung und gab mündlich an, daß erstmalig um 1950 1 Stck. im Gehölz einer der dortigen Vogelkojen bemerkt worden sei, und daß ab 1952 alljährlich 12 Stck. auf der Insel beobachtet werden, ohne daß bisher sich ein Hinweis auf eine Brut ergab. Dr. D. König, Kronshagen bei Kiel

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