Wassern einer Ringeltaube (Columba palumbus)

Uber dasWassern" von Tauben gibt es bereits einige Mitteilungen (z. B. Brehms Tierleben Bd. 7, 1911, p. 382, 395; Orn. Monatsber. 48, 1938, p. 24, 89, 90; Orn. Mitt. 7, 1955 p. 150, 9, 1957, p. 155, 11, 1959, p. 194). Es wurde festgestellt, daß sich Haustauben (Columba livia domestica), wenn überhaupt einmal, dann meist zum Trinken, gelegentlich jedoch auch zum Baden auf der Wasserober­fläche niederlassen. Äußerst selten sind auch auf dem Wasser (teils mit ausge­breiteten Flügeln) schwimmende und manchmal dabei trinkende Ringeltauben beobachtet (Brit. Birds I, 1908, p. 292 293*); hierbei wurde nur einmal ein Wassern aus dem Fluge heraus gesehen, während über ein Flugbaden bei Tauben überhaupt nichts bekannt zu sein scheint.

Etwas Ähnliches konnte ich nun am 18. 10. 1959, einem noch angenehm war­men Herbsttage, gegen 16 Uhr im Kreuzteich bei Braunschweig-Riddagshausen an einer immaturen Ringeltaube studieren. Als ich die Taube entdeckte, kam sie gegen einen mäßig starken Westwind über den Teich angeflogen, wobei sie bis ca. 3 m über der Wasserfläche herunterging. Dann stoppte sie ihren normalen Schlagflug und ließ sich mitten über dem hier etwa 1 m tiefen Teich in einer Art Bremsrüttelflug auf der Stelle flatternd langsam noch tiefer fallen. Hierbei blieb der zwischen den schnell schlagenden Flügeln hängende Körper selbstverständlich weiterhin dem Westwind entgegengewen­det und war in seiner Längsachse steil (mindestens in einem Winkel von 45°) aufwärts gerichtet (wie bei einem in schwachem Winde rüttelnden Turmfal­ken, Falco tinnunculus), so daß Hals und Kopf hoch in die Luft ragten, wäh­rend der Schwanz gefächert nach unten hing. Wie ein Hubschrauber ließ sich die Taube nun langsam so weit heruntersinken, bis sie zuerst mit dem Schwanz, dann mit den Füßen und schließlich etwa bis zur Mitte des Rump­fes in das Wasser eintauchte; Flügel, Hals und Kopf blieben außerhalb, beson­ders letzterer hochgereckt weit oberhalb des Wassers, und zwar ohne daß irgendein Versuch gemacht wäre, etwa den Schnabel dem Wasser entgegenzu­strecken. Nachdem die Taube so eine kurze Weile halb im Wasser hängend zu­gebracht hatte, hob sie sich mittels beschleunigter Flügelschläge fast senk­recht aus dem Wasser wieder heraus. Kaum hatte sie sich jedoch bis etwa 1 m über dem Wasser erhoben, als sie sich erneut langsam tiefer sinken ließ, um wiederum bis zum halben Körper ins Wasser einzutauchen. Dieser Vorgang wiederholte sich insgesamt 7 mal unmittelbar nacheinander und nahezu auf derselben Stelle.

Nach vorübergehendem Aufbaumen führte die Taube das beschriebene Manöver in völlig gleicher Weise innerhalb einer halben Stunde noch 4 mal aus. Allerdings tauchte sie den Körper in diesen weiteren Fällen stets nur 1 mal und nicht mehrere Male unmittelbar nacheinander ins Wasser; viel­mehr schaltete sie zwischen diese letzten 4 Wasserungen stets ein Aufbaumen oder wenigstens einen Rundflug über den Teich ein.

Das geschilderte Verhalten der Ringeltaube machte mir weit mehr den Eindruck mehrfach wiederholter Flugbäder als etwa den unvollständig ge­glückter Wasserungen zum Zwecke des Trinkens. Vielleicht hatte die Taube ursprünglich auch baden und trinken gewollt; im Endeffekt war jedenfalls ein Flugbad daraus geworden.

De. Rudolf Berndt, Vogelschutzstation Braunschweig, Thielemannstr. 1

*) Für Einsichtnahme und Auskunft über diese Literaturstelle habe ich Herrn Dipl.- Biol. G. Mauersberger (Berlin) bestens zu danken.

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