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Die französische Gartenlcunst.

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Die französische Gartenkunst.

Von Carl Hampel [.

Die Zeit vor Le Nötre.

(Mit 2 Abbildungen.)

Frankreich besass vor Le Notre keinen eigenen < rartenstil. Alles was die Garten­kunst damaliger Zeit in Frankreich schuf, waren nur Nachahmungen des italieni­schen Stiles.

Die ersten Gärten in dieser Richtung sehen wir unter Franz I. (15151547) entstehen. Fs war dies ein Monarch, welcher Wissenschaft und Kunst liebte, pflegte und nach allen Kräften förderte, daher die Geschichte ihm auch denEhren- namenVater der Wissenschaft" bei­gelegt hat. Seine Kriege, welche er in Italien führte, sollten in der Folge be­stimmend auf die Gartenkunst Frank­reichs werden.

Es mussten in der That die Gärten Italiens einen unbeschreiblichen Zauber auf den Fremdling ausüben. Alle auf Anhöhen und Hügeln gelegen, in die lachende Landschaft schauend und gleich­sam nur den Vordergrund zu dieser gebend, boten sie ein Bild, dessen Gross- ärtigkeit und eigenen Reiz gewiss nur der voll und ganz zu fassen vermochte, welcher es selber geschaut.

Nur zu sehr erklärlich ist es daher ; uich. w enn der leicht empfängliche Franzose beim Anschauen dieser Gärten *anz davon gefangen genommen wurde, und. da er selber bis dahin noch nichts hatte, getreulich nachahmte ohne zu prüfen, ob das Gesehene auch in dieser Weise für ihn, für sein Land, seinen Charakter und seine Gewohnheiten passe. Nur hei einiger Prüfung wäre es ihm gewiss ein Leichtes gewesen, das Rich­te und für ihn Brauchbare zu linden, s o aber bildeten die Gärten nur werth- l°se Nachahmungen.

Der Italicner liebte es, fern von den Politischen und Tagesgeschäften in ab­geschiedener Ruhe sich in seinen Gärten ^ u erholen und im Familien-und Freundes­kreise sich an der ihn anlachenden

Natur zu erfreuen. Wie ganz anders der Franzose! Er liebt den Glanz, lässt sich gern sehen und bewundern und will das Geräuschvolle, das Sinnberauschende. Was Wunder, wenn so seine Gärten etwas Anderes wurden als die Vorbilder, w elche er nachahmen wollte.

So muss es als eine natürliche Folge gelten, dass jener edle italienische Garten­stil in Frankreich grausam ausartete und schliesslich in Geschmacklosigkeit unterging. Allerdings darf man nicht übersehen, dass auch in Italien eine Aus­artung in den Gärten sich bemerkbar machte, welche ein luxuriöser und über­sättigter Geschmack hinein trug und diese Beispiele mussten natürlich auf die junge französische Gartenkunst nach­theiligen Einfluss ausüben.

Vor Allem ist es die Anwendung von Grotten, Wasserkünsten mit ihren vielerlei Vexirwassern, welche die fran­zösische Gartenkunst bis zumUebermaass und dem grössten Raffinement steigerte.

Hiernach begann allmählich sich ein edlerer Geschmack Bahn zu brechen und die Gärten zu verbessern. Ein solches Beispiel liefert uns Fig. 50, der Garten der Tuilerien um 1652. An­fänglich von dem königlichen Gärtner Claude Mollet angelegt, hatte er im Laufe der Zeit mancherlei Veränderungen erfahren, so dass der berühmte englische Reisende Enclyn im Jahre 1644, als er Frankreich und diesen Garten be­suchte, sich zu dem Ausruf begeisterte ein wahres (veritable) Paradies!"

Wir linden darin Haine aus mäch­tigen Firnen und Maulbeeren gebildet, umgeben von Alleen aus eben solchen Bäumen; (ypressenpflanzungen, Hecken, in verschiedenen Formen geschnitten, umgeben die Quartiere. Wasserkünste aller Art, als Caskaden, Springbrunnen, Fischweiher und Kanäle w echseln darin ab. Wir linden Scenen. welche den Character der Einsamkeit und Melancholie, andere, die den der Geselligkeit tragen.

Auch Blumengruppen, die sog. Par­terres, waren reichlich vertreten und zeigten Nachbildungen vonMenschen- und Thiergestalten, Buchstaben, Namenszüge, Wappen, Arabesken der verschiedensten