388
Gärtnerisclie Skizzen aus Südbrasilien. [Deutsche Garten-Zeitung.
reiner Luft. Man verpflanzt sie am besten unmittelbar nach der Blüthe in ein Gemisch von Sumpfmoos und leichter Haideerde; unsere schwere Grunewald- Erde sagt ihr nach meinen Erfahrungen nicht zu. Während der Monate Juni bis Mitte oder Ende August kultivire ich sie wie Coelogyne cristata und andere Arten im Freien (vergl. Deutsche Gart.- Ztg. No. 29 S. 342).
Nach Ausbildung der jungen Knollen verlangt O. gloriosum zwar eine Ruheperiode, jedoch darf man ihr die Feuchtigkeit nicht ganz entziehen.
Ihre Blüthen lassen sich besonders zu Haargarnirungen und anderen Blumen- Arrangements vortheilhaft verwenden und finden für diesen Zweck guten Absatz.
Gärtnerische Skizzen aus Südbrasilien.
Von Dr. philos. Robert Gernhard in Joinville, Kolonie Dona Francisca, Südbrasilien.
I.
Wenn ich es unternehme, in einer Reihe von Artikeln die gärtnerischen Verhältnisse Südbrasiliens vom Standpunkt des gärtnerischen Fachmannes aus zu schildern, so muss ich von vornhereinbemerken, dass meine Mittheilungen durchaus nicht den Zweck haben, irgend Jemand zur Auswanderung nach Brasilien zu veranlassen. Das Wort „auswandern" wird heutzutage in Deutschland so oft ausgesprochen, dass man meist den Begriff desselben völlig aus den Augen verliert. Das Vaterland verlassen und sich in fernen Gegenden eine neue Heimath gründen, das ist das Schwerste, was ein Mensch auf sich nehmen kann und das Bitterste dabei ist der Umstand, dass man sich darüber erst klar wird, wenn man den fremden Boden bereits betreten hat. Schilderungen der Verhältnisse fremder Länder sind immer geeignet, die Lust zum Auswandern wach zu rufen, weshalb es für den, der fremde Länder schildert, stets ein peinliches Gefühl ist, wenn er sich sagen muss, dass auch er mit dazu beitragen wird, dass der Eine oder der Andere
infolge seiner Erzählungen den Wanderstab ergreift. Gerade darum halte ich es für meine Pflicht, an die Spitze auch dieser Schilderungen eine Warnung für Auswanderungslustige zu setzen. Wer daheim im deutschen Vaterlande sein bescheidenes Auskommen hat, der bleibe um des Himmels willen dort und nur der wandere aus, der auch beim besten Willen nicht imstande ist, sich und die Seinen auf redliche Weise ernähren zu können, und wer unter dem Drucke irgend welcher ungünstigen persönlichen Verhältnisse leidet, der mag das Auswandern ebenfalls probiren. Jeder aber lasse alle Hoffnungen hinter sich und stets mache er sich auf harte und ungünstige Verhältnisse wenigstens im ersten Jahre gefasst.
Während der Hälfte des Jahres treffen einmal im Monat bei uns die Hamburger Brasilfahrer mit Auswanderern ein, aber jedesmal ergreift mich ein unendlich wehmüthiges Gefühl, wenn ich die Be- dauernswerthen mit fröhlichen Gesichtern das Land betreten sehe. Welche Hoffnungen und Wünsche haben sie über das Meer geführt? Aber wie bald schon überzeugen sie sich, dass die rauhe Macht der Wirklichkeit von allen Illusionen auch nicht eine bestehen lässt und eine dumpfe Niedergeschlagenheit und entsetzliche Muthlosigkeit bemächtigt sich ihrer. Und doch sind unsere Verhältnisse durchaus nicht schlecht, man muss sich nur erst eingewöhnen. Unsere Kolonie hat jedenfalls den grossen Vorzug vor vielen anderen, dass sie rein deutsch ist. Joinville ist ein echt deutsches Städtchen, es gleicht mit seinen sauberen Strassen, mit seinen weissgetünchten Häusern, mit den blinkenden Fensterscheiben, hinter denen reinliche Gardinen und allerlei Topfpflanzen gar freundlich hervorlugen, am meisten einem grossen thüringischen Bauerndorfe, das von gutgepflegten Obstanpflanzungen umgeben ist. Auf Grund der Lage unserer Kolonie, nahe am Meere, mit einem gewaltigen Hinterlande, das mit seinen Verbindungen nach dem Meere auf uns angewiesen ist, kann Dona Francisca als eine der zukunftsreichsten deutschen Kolonien Brasiliens gelten. Aber man darf niemals ver-