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Pfitzer hat auf sämtlichen Gebieten der Botanik gearheilet. Anfangs überwiegen rein anatomische Arbeiten, bald erscheinen auch solche physiologischen Charakters, daneben seine epochemachenden Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Bacillariaceen. Sehr frühzeitig, schon im Jahre 1877, finden wir jedoch die ersten Mitteilungen morphologischer Natur über einzelne Gruppen der Orchideen, immer tiefer sehen wir unsern Forscher sich in diese interessante Familie versenken, bald folgen Arbeiten morphologisch-systematischer Art über dasselbe Gebiet, bis zuletzt kein Zweifel mehr darüber bestehen kann, daß Pfitzer sich die Systematik der Orchideen als Lebensaufgabe erwählt hatte. Zunächst hatte er diese Familie für die »Natürlichen Pflanzenfamilien« bearbeitet, dann wandte er sich einzelnen Gruppen monographisch zu. Die Ergebnisse dieser Unter<j suchungen sind in Englers Botanischen Jahrbüchern und im »Pflanzenreich« niedergelegt. Für dieses letztere umfassende Werk hatte er die Redaktion der gesamten Familie der Orchidaceae übernommen, auch hinterließ er ein fast vollständig fertiges Manuskript, die Monographie der ' 'oelogyneae, welche demnächst, von Kränzlin überarbeitet, erscheinen wird.
Pfitzer war ein ganz ausgezeichneter Lehrer, dem auch ich sehr viel verdanke. Es war eine Freude seinen Vorlesungen beizuwohnen, nicht nur für spezielle Botaniker, sondern auch für Pharmazeuten und Mediziner, von denen mir zahlreiche noch nach Jahren bekannten, wie sehr sie durch die formvollendete Art des Vortrags und die richtige Auswahl des Gebotenen angezogen worden seien. Nur so ist es auch zu erklären, daß die Vorlesungen stets geradezu auffallend gleichmäßig besucht waren. Für seine Praktikanten und Doktoranten war Pfitzer ein freundlicher Berater, der ihnen jederzeit mit der reichen Fülle seiner Kenntnisse zur Verfügung stand.
Der Verstorbene war ein moderner Systematiker. Er hatte in allen Disziplinen unserer Gesamtwissenschaft gearbeitet und war nur langsam, beinahe zögernd, zur Systematik gekommen, um ihr dann aber auch mit um so größerer Liebe anzuhängen. Es ist darum selbstverständlich, daß er wie kaum ein anderer berufen war, dem Vorstande der Freien Vereinigung anzugehören, besonders da auch sein freundliches, konziliantes Wesen ihn dafür wie geschaffen erscheinen ließ.
Pfitzer hätte, wenn er nicht zu früh abgerufen worden wäre, noch viel für unsere Wissenschaft geleistet. Alle diejenigen, die unserer Tagung
in Stuttgart beiwohnten und seinen schönen Vortrag über den morphologischen Aufbau der Coelogyneae anhören durften, werden sich mit Freuden an die geistvolle Darstellungsweise, die Fülle des Gebotenen, die Vielseitigkeit des Redners erinnern.
Druck von Breitkopf * Härtel in Leipzig