sonderbar, dass Tiere diejenigen Plätze kennen lernen, welche ein schützendes Dach überspannt oder die Orte, an denen eine fürsorgende Hand Futter streute, aber es unterliegt keinem Zw eifel, dass nicht ausserdem eine eigentümliche Anhänglichkeit sie an lange benutzte Wohnorte zurückführt und dass sie sich hier thatsächlich wohler und glücklicher fühlen, als anderswo. Sie kennen die Stimme ihres Pflegers, beobachten auf­merksam dessen Verhalten, lassen sich auf Hand oder Schulter nieder, sind zum Spielen aufgelegt und für Lieb­kosungen und Schmeicheleien empfäng­lich, alles in unverkennbarem Abhängig­keitsgefühl und unter dem Eindrucke der 1 )ressur. In den meisten Fällen dient die v\brichtung der Vögel nur der Spielerei und der Unterhaltung, denn anderes lässt sich aus dem Treiben der gelehrten Gänse, Papageien und sonstigen Vögel, welche in den heutigen Schau­buden und Spezialitäten-Theatern den Parademarsch aufführen, seiltanzen, Karren schieben oder Pistolen abfeuern, thatsächlich nicht entnehmen. Selbst im Sprechenlehren ist lediglich eine Spielereiausübung zu erblicken. Für das Sprechenlernen eignen sich besonders die Krähenvögel und der Star. Mit Leichtigkeit, wobei allerdings die Aus­dauer nicht ausser Acht gesetzt werden darf, ist es möglich, diese Vögel zum Nachplappern einiger Worte und kurzer Sätze zu bewegen und zwar ohne dass ihnen vorher die Zunge gelöst wird. Durch das Zungenlösen, welches übrigens wohl kaum ein Mensch ausführt und weiter nichts ist als eine gedankenlos nachgeplauderte bornierte Ansicht, würde man dem Vogel einfach zu Grunde richten. Ganz besonders lernen die Papageien und unter ihnen der dieser- halb auch vorzugsweise gehaltene Grau­papagei, das Sprechen, d. h. die dem Klange nach deutliche Wiedergabe nicht allein einzelner Wörter, sondern sogar ganzer und komplizierter Sätze. Ein Papagei, der »Guten Morgen« oder Fora Zucker haben sagen kann, ist nur ein elender Stümper. An einem intelligenten Vogel stellt man ganz andere Ansprüche und sind solche,

welche 50 Worte rezitieren keine Selten­heit. Finige Tiere verfügen sogar über einen ganz fabelhaft klingenden Wörter­schatz, dessen Umfang an 200 Worte betragen kann. Niemand wird glauben, dass ein Papagei, der einen Onkel oder ein anderes wichtiges Mitglied der Familie in welcher er Aufenthalt hat, hochleben lässt und seinen Ausruf mit dem üblichen »eins, zwei, drei, hurrah« bekräftigt, sich auch wirklich etwas dabei denkt, dagegen aber kann nicht bezweifelt werden, dass er manche Aus­rufe, wie z. B. »Zucker«, »Köpfchen krauen« etc. etc., seiner Vorstellung unter­ordnet, die in der That das Richtige trifft.

Manche kleine Vögel, darunter be­sonders unser einheimischer Dompfaff, lernen zwar nicht Sprechen, dagegen aber das Pfeifen und sind zuweilen echte Künstler im Wiedergeben von Melodien, die ihnen häufig vorgepfiffen wurden.*)

Ihres durchweg zarten Baues und der damit zusammenhängenden geringen physischen Kräfte wegen hat nicht daran gedacht werden können, annähernd ähnliche Leistungen von dressierten Vögeln zu fordern, wie sie z. B. von Säugetieren in dieser Hinsicht geboten werden. Daher ist denn auch im all­gemeinen über einen aus der Vogelab- richtung hervorgegangenen praktischen Nutzen weniger zu verzeichnen. Die Chinesen verwendeten schon in alter Zeit die Scharbe, einen gewandten Schwimmvogel und Stosstaucher, zum Fischfang. Diese Tiere, welche neben dem eingebornen Fischer auf einem Floss hocken, stürzen sich von diesem aus in die Flut, um sicher mit dem er­beuteten Fisch zurückzukehren. Ftwaige Gelüste, den Fisch selbst zu verzehren, unterdrückt ein Ring, der ihnen um den Hals gelegt wird, hin und wieder gönnt man ihnen aber auch ein Fischchen als Belohnung und Vorbeugemittel gegen Entmutigung wegen andauernder Nutz­losigkeit ihres Eifers.

Diesen beflügelten Fischern an die Seite zu stellen sind die beschwingten

%

*) Auch sprechende, d. h. einige Worte sagende Kanarienvögel sind bekannt geworden.

1). Red.