Illustrierte Wochenschrift für Tier= und Pflanzenfreunde

für Sammler und Liebhaber aller naturwissenschaftlichen Zweige. Organ des Verbandes der Aquarien- und Terrarien-Freunde und vieler anderen Vereine.

no. 5. Sonntag, den 3. Februar 1001. j 3. Jahrgang.

Fischwanderungen.

Von M. Dankler.

ie Wanderzüge der Vögel sind I Jwi 1 so a l'g eme i n bekannt, dass die I 1 in Betracht kommenden Arten I > ß einen besonderen Namen, den Namen »Zugvögel« erhalten haben. Die Vogelwelt steht mit dem Menschen in so naher Beziehung, dass das Verschwinden einer bekannten Vogel­art, wie z. B. der Schwalben, sofort jedermann auffällt. Dazu reizt das Wun­derbare der Züge, und so kommt es, dass seit langen, langen Jahren diese Wanderungen beobachtet wurden. Ja, heute weiss man beinahe von jeder Gegend das Datum des Tages, an wel­chem die einzelnen Vögel ankommen und wieder fortziehen.

Weit weniger bekannt sind dagegen die Wanderzüge mancher Fischarten, wenigstens im Binnenlande, obschon auch diese sehr viel des Interessanten bieten. Die Fischer der Küste und der Flüsse kennen diese Wanderungen allerdings sehr genau, erwarten dieselben mit Spannung und ziehen grossen Nutzen, manchmal einen sehr grossen Teil ihres Lebensunterhaltes daraus. Der Zeitpunkt des Wanderns ist nach den einzelnen Arten ziemlich verschieden. Während die Vögel unserer Gegenden meist nach Süden ziehen, richten die Fische ihren Kurs hauptsächlich nach Norden. Zweck

ihrer Reisen ist bekanntlich die Eier­ablage in unsern Flüssen, das Laich­geschäft.

Der bekannteste von allen Wander­fischen ist wohl der Hering (Clupea ha- rengus), der in jedem Jahre zu Milliarden gefangen, durch alle Länder versandt wird und in vielen Staaten zu einem wahren Volksnahrungsmittel von grosser Bedeutung geworden ist. Seine eigentliche Heimat sind die Tiefen der Nord- und Ostsee; die Annahme, dass die Tiere aus den Polarmeeren kämen, hat sich als unhaltbar erwiesen. Man findet im Magen gefangener Raubfische vielfach Heringe, wenn kein Fischer einen zu Gesicht bekommt, und diese Funde zeigen, dass sie in grösseren Tiefen trotzdem vorhanden sind. In den nördlichen Meeren soll er nach den Berichten einer englischen Kommission bis zum 67. Grad vorkommen und erst von den Shetlands- inseln ab werden die Züge häufiger und zahlreicher. Aus der heimatlichen Tiefe kommt der Hering an die nordwestlichen Küsten Europas und hier ist auch der Hauptfang. Sie erscheinen zu verschie­denen Zeiten des Jahres, doch werden in der Zeit von April bis Juni die meisten gefangen. Die Tiere ziehen in grossen Heeren von 3 bis 4 Stunden Länge, 2 bis 3 Stunden (nach andern sogar Meilen)