Illustrierte Wochenschrift für Tier- und Pflanzenfreunde
für Sammler und Liebhaber aller naturwissenschaftlichen Zweige. Organ des Verbandes der Aquarien- und Terrarien-Freunde und vieler anderen Vereine.
No. 8.
Sonntag, den 24. Februar 1001. j 3. Jahrgang.
Der Seehund als Feind unserer deutschen Küstenfischerei.
Von H. Barfod.
u den entfesselten Naturelementen — Sturm und Wellen — gesellen sich noch andere Feinde, welche dem ohnehin schwer im Kampf ums liebe Dasein rillenden Fischern seinen Verdienst schmälern oder leider gar seine Netze zerstören. Das sind unter den Meersäugern namentlich der Seehund und der Delphin. Zum Glück tritt die Bedeutung des letzteren als Schädling unserer Ostseefischerei erheblich zurück. Nur selten finden die Fischer der Kieler Bucht ein »Meerschwein«, das in seinem eigenen Element ertrank, weil es sich in den Maschen der Buttgarne verstrickte. Häufiger ist dieser gefrässige Räuber schon in der Nordsee, wo er durch seine unberufene Revision der Netze besonders den Dollartfischern verhasst geworden ist. Wehe dem Räuber, wenn er bei Ebbezeit auf den Grund gerät! Dann fällt er der Nemesis in die Arme, indem die Fischer ihm einfach die Nasenlöcher verstopfen. Er muss ersticken, weil er durch das Maul aus anatomischen Gründen nicht atmen kann.
An Gefrässigkeit ihm nichts nachgebend, an Zahl ihn übertreffend, gesellt sich der Seehund als Netzrevisor und Netzzerstörer dem Delphin als Widersacher unserer Fischer hinzu und zwar
in Gestalt des gemeinen Seehundes (Pkoca vitulina), des ringelfleckigen Seehundes (Ph. annulata) und der Kegelrobbe (Halichocrus gryphus), von denen jedoch die beiden erstgenannten bei unsern Fischern als »Seehund« oder »Sahl« über einen Kamm geschoren werden. Die Seehunde sind ausschliesslich Fleischfresser. Während der im östlichen Teile der Ostsee häufiger vorkommende ringelfleckige Seehund sich zum Teil mit Muscheln, Schnecken und Krebsen begnügt, begehrt der gemeine Seehund für seine Tafel fast ausschliesslich Fische, welche er entweder ganz oder nur grob zerkleinert verschlingt. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass sich der Seehund, wenn Diana ihm hold ist, auch einmal einen Schwimmvogel ergattert. Das tägliche Fischquantum, das der Seehund verzehrt, beläuft sich etwa auf 5 kg.
Wenn nun alljährlich etwa 1000 Seehunde an den preussischen Küsten erlegt werden und diese nach BENEClfEs Berechnung einen Jahreskonsum von etwa 1V2 Millionen kg Fischfleisch beanspruchen, dann mag man erwägen, wie gross der Schaden ist, den die Seehunde in unsern Gewässern anstiften. Es werden nicht alle Seehunde, bei weitem aber auch nicht alle Fische gefangen, weshalb die Gefrässigkeit der Seehunde,