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Der Riese unter den Vogeleiern.

Von E. Stender.

Mit fünf Original-Aufnahmen.

{ m Anfange der 50er Jahre erregte |k das Auffinden von Schalen-Über- resten eines allem Anscheine nach /Im gewaltigen einstmaligen Vogeleies

M. das Interesse der gebildeten Welt; man fand solche im südlichen Teile der grossen Insel Madagaskar, beim Kap Sainte Marie in der Nähe der Dörfer Ampalaze und Machichora zufällig durch Nachgrabungen im Dünensande. Diese Überreste liessen auf ein Ei von solcher Grösse schliessen, wie ein ähnliches bis dahin auch nicht annäliernd bekannt war, denn seine Dimensionen übertrafen ein Straussenei um das Dreifache. Ge­nauere Nachforschungen an Ort und Stelle förderten in den darauf folgenden Jahren bald weitere Fragmente, sowie auch einige gut erhaltene Exem­plare dieser Eier zu Tage, die natürlich als grosse Seltenheiten der wissenschaftlichen Welt gegen hohen Preis angeboten wurden, so unter anderem der Zoologischen Gesellschaft zu London zwei gut erhaltene Stücke »for the small sum of £ 320 (ca. Mk. 6500) or one for £ 200« (ca. 4080 Mk.)! Inzwischen suchte man auch andere Überbleibsel von dem einstigen Urheber dieser Eier zu erhalten und war auch so glücklich, einige spärliche Bruchstücke von Skelett­knochen in der Nähe der ersten Fundorte zu Tage zu fördern, die auf einen riesigen ausgestorbenen Laufvogel hinwiesen und als Teile des zu den aufgefundenen Eiern gehörigen Vogels angesehen wer­den durften.

Über die systematische Einord­nung dieser neuentdeckten Vogelart, die den Namen Aepyornis maximus Geoffr. oder Riesenvogel erhielt, schwebten lange Zeit hindurch die verschiedensten Ansichten; man stellte sie beispielsweise, da nach den erhaltenen wenigen Knochen­bruchstücken ein sicheres Resultat

nicht zu erzielen war, einmal zu den Geiern (Accipitres), von anderer Seite wieder zu der ebenfalls ausgestorbenen Dronte (Didus), während heute fast alle Autoritäten die Moa-Vögel Neuseelands (Dinomis giganteus, D. elephantopiis etc.) als die nächsten Verwandten des Riesen­vogels bezeichnen.

Verschiedene Anzeichen sprechen dafür, dass dieser grosse Laufvogel, als welchen wir Aepyornis also betrachten müssen, noch zu Zeiten des Menschen einen Teil von Madagaskar bewohnte, ja vielleicht selbst noch in historischen Zeiten daselbst anzutreffen war, bis ihn dasselbe Geschick ereilte, gleich den Moa-Vögeln Neuseelands, die bei der zunehmenden Bevölkerung des Landes durch den immer weiter vordringenden Menschen ausgerottet wurden. Nur die wenigen Überreste, die auf die Nachwelt gekommen sind, legen Zeugnis ab von ehemaligen riesenhaften Vertretern auch

Dlnornis elephantopus.

Originalaufnahmc für die »Nerthus«