Illustrierte Wochenschrift für Tier- und Pflanzenfreunde

für Sammler und Liebhaber aller naturwissenschaftlichen Zweige. Organ des Verbandes der Aquarien- und Terrarien-Freunde und vieler anderen Vereine.

no. 25. Sonntag, den 23. Juni 1901. j 3. Jahrgang.

Johanniskäfer.

Von C. Schenckling.

as Fest Johannes des Täufers ist da und mit ihm sind jene Käferchen gekommen, welche als Lichtfünkchen im Dunkel der Nacht dahin fliegen. Wer hätte sie nicht schon gesehen, diese bläulichgrünen Leuchten, entweder in der Luft oder im Waldesdunkel auf feuchtem, moosigen Bett? Selbst Leute, welche sonst kein Interesse für die Natur und ihre grossen und kleinen Wunder hegen, bleiben stehen und schauen den Stellae volantes, den »fliegenden Sternen«, der alten Römer nach. Man greift wohl nach einem der dahin fliegenden Diamanten oder nimmt einen solchen vom Moos­polster auf, aber schade, sein Lichtlein ist erloschen, denn es hängt vom Willen der Tierchen ab, das sonst ruhig und gleichmässig ausgestrahlte Licht abwech­selnd heller und schwächer aufleuchten und erblassen zu lassen. Gemach, es währt nicht lange, da kehrt der verlockende Glanz zurück! Mitunter thut auch ein solch kleiner Gefangener seinem Häscher den Gefallen, weiter zu leuchten zu seinem Unglück, denn gedankenlose Menschen spiessen den Lichtfunken an ihr Kleid, an ihren Hut, nicht bedenkend, dass sie einem Tierchen, einem Käferlein unendliche Qual bereiten. Mit fremdem Licht wollen sie das ihnen mangelnde

ersetzen! Jedermann kennt die »Jo­hanniswürmchen«, welcher Name eigent­lich nur für das Weibchen bezeichnend ist, aber nicht für das Männchen, denn die Geschlechter sind auffällig verschie­den. Bei unserem gewöhnlichen Leucht­käfer, den die Wissenschaft Lampyris noctiluca nennt, ist nämlich das wurm- oder larvenartige Weibchen flügellos, während das Männchen gut entwickelte Flügel besitzt. Die Farbe beider, als nächtlicher Tiere, ist graubraun, indiffe­rent. Die beiden letzten Hinterleibsringe des Männchens sind hellgelb und von ihrer Unterseite strahlt das Licht aus. Beim Weibchen ist die Unterseite der drei letzten Bauchringe hellgelb gefärbt und sie sind die Lichtträger. Zudem ist das Licht der Weibchen intensiver als das der Männchen, wie jenes auch etwas länger ist als das Männchen. Gleich dieser Form ist auch der kleine Johannis- wurm (Lampyris splcndichila) über ganz Deutschland verbreitet, doch kommt er im mittleren und südlichen Teile weit häufiger vor als bei uns im Norden. Neben derselben Differenzierung der Geschlechter haben Männchen und Weib­chen am vorderen Halsschild zwei glas­artige durchsichtige Stellen. Die dritte Form, Lampyris Iiemipterus, ist kleiner als jene Arten, auch seltener und cha-