Illustrierte Wochenschrift für Tier- und Pflanzenfreunde

für Sammler und Liebhaber aller naturwissenschaftlichen Zweige. Organ des Verbandes der Aquarien- und Terrarien-Freunde und vieler anderen Vereine.

no. 32. Sonntag, den 11. August 1001. j 3. Jahrgang.

Das Teich= oder Rohrhuhn.

Plauderei von E. Stender.

Mit einer Original-Abbildung.

u einem der anziehendsten Ver­treter unserer heimischen Vogel­welt gehört unstreitig unser Teich- oder Wasserhuhn, auch grünfüssiges Wasserhuhn ge­nannt (Gallinula chloropus L.), das über­all da bei uns verbreitet ist, wo sich ihm nur irgend Gelegenheit zum wohnen bietet. Ein kleiner Weiher, mit etwas Röhricht oder Schilf bewachsen, Moor- tümpel, Fischteiche und ähnliche Gewässer sind seine Lieblingsaufenthalte, zu denen es jedes Jahr zu Beginn des Frühlings wieder zurückkehrt und bald darauf sein reges Familienleben entfaltet.

Das Männchen langt zuerst bei uns aus der Fremde an, gleichsam als Quartiermacher. Einige Tage später trifft dann auch seine treue Lebens­gefährtin vom vorigen Jahre, das Weib­chen, ein und nun geht es sogleich an das Nestbauen, denn unser Rohrhuhn hat nicht viel Zeit zu verlieren, da es jährlich zwei Brüten grosszieht und so recht fleissig dafür sorgt, dass sein Geschlecht nicht so bald aussterbe. An dem einmal gewählten Standort hält das Rohrhuhn mit grosser Liebe fest und verlässt denselben nur ganz ausnahms­weise, wenn wirklich zwingende Gründe es hierzu veranlassen; es duldet auch in

seiner nächsten Nähe kein anderes Pär­chen, sondern behauptet mit grosser Kühnheit sein einmal in Besitz genom­menes Gebiet und beisst Eindringlinge energisch daraus fort.

So häufig bei uns auch das Rohrhuhn auftritt, wird es doch nichtsdestoweniger nur selten von Nichtkundigen bemerkt und nur ein aufmerksamer Beobachter wird Gelegenheit finden, sich an dem Thun und Treiben dieses zierlichen Vogels zu erfreuen. Diese Gelegenheit wird sich ihm dann aber auch um so öfter bieten, denn fast jeder schilf- oder rohrbestan­dene Teich, jedes Gewässer der eingangs erwähnten Art beherbergt eine oder mehrere Familien davon und nur das scheue Versteckthalten der Tiere entzieht diese meist dem achtlos Vorübergehen­den. Sind wir aber erst einmal mit seinen Sitten und Lebensgewohnheiten vertraut, dann werden wir auch auf fast jedem Spaziergange ins Freie, der uns zu den beregten Plätzen führt, einige der Vögel zu Gesicht bekommen und können bei ruhigem Verhalten unserseits bald weitere Einblicke in ihr engeres Familien­leben gewinnen. Wir wollen zu diesem Zwecke einen kleinen Abstecher in eins unserer hamburgischen Walddörfer machen.