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Beiblatt zu den Botanischen Jahrbüchern. Nr. 82.

Das Blatt findet durchweg noch die meisten Anklänge bei dem von Pri- mitla sinensis. Der Kelch dagegen ist von dieser Art erheblich verschieden und gleicht eher den Formen, die in dem Kreise der Primida cortusoides vorkommen.

Unter den Merkmalen der neuen Art besonders wichtig ist die starke Gliederung der Blattspreite, die in der ganzen großen Gattung bei­spiellos und in der gesamten Familie bekanntlich sehr selten ist.

Bei Primula wird nur eine Anbahnung dahin beobachtet, und zwar bezeichnender Weise bei den Sinenses. Ganz besonders kommt in dieser Hinsicht die als »filicifolia« bekannte Form der Primula sinensis in Be­tracht, welche nur in den Kulturen der Gärten bekannt ist. E. Hegel sagt über diese interessante Bildung folgendes (Gartenflora XXV [1876] 150): »Primula sinensis filicifolia. Eine merkwürdige Tatsache ist die eigen­tümliche Veränderung, die die Blattform der chinesischen Primel in dieser Form erfahren hat. Stammt diese Form aus dem Vaterlande? Ist sie in Kultur entstanden? Wir wissen es nicht und würden demjenigen unserer geehrten Leser dankbar sein, der über den Ursprung dieser Form etwas sagen kann. Die allgemein bekannte Stammart von Primula sinensis Lindl, besitzt herzförmig-ovale, 79-lappige Blätter mit langem Stiel. Bei Primula sinensis filicifolia ist dagegen der Blattstiel kurz, das Blatt lang­gestreckt, fiederlappig und verschmälert sich allmählich nach dem Blattstiele zu, wie das unsere Abbildung (S. 151) zeigt.«

Die beiden von Regel aufgeworfenen Fragen haben, soviel ich weiß, keine Beantwortung gefunden. Im Hinblick auf Primula Filchnerae sind beide Möglichkeiten vorhanden. Es können stärker gegliederte Formen der Primula sinensis schon in China selbst vorkommen. Oder die Neigung dazu, als eine potentielle Anlage der ganzen Verwandtschaft, ist bei Pri­mula sinensis erst in der Kultur hervorgetreten, bei Primula Filchnerae dagegen typisch geworden.

Schließlich muß noch die Möglichkeit angedeutet werden, daß Primula Filchnerae die Brücke anzeigt, auf der wir von Primula zu der eigen­tümlichen Pomatosace filicula Maxim, gelangen. Wenn man diese Art als eine Pflanze hoher Alpenmatten Kan su's (30003600 m) vegetativ sehr eingeschränkt findet, so hat das nichts überraschendes. Der wesentliche Charakter der monotypischen Gattung liegt also in der Frucht, die sich mit Deckel öffnet. Deshalb wäre es wichtig, zu wissen, ob er konstant ist. Auch müßte man den Öffnungsmodus bei den verschiedenen Primula- Arten der Gruppe Sinenses näher untersuchen. Vielleicht stellt er sich nicht als so gleichmäßig heraus, als man vorläufig anzunehmen geneigt ist.