52

Der Obstbau. 1883.

Aehnliche Beispiele könnten wir noch mehr anführen, aber sie mögen genügen, um den Rath zu begründen, welchen wir namentlich den kleineren Grundbesitzern geben möchten, in ihren geringeren Weinbergen die Reben durch Zwergobstbänme zu ersetzen, welche schon im dritten oder vierten Jahre nach der Anpflanzung zu tragen beginnen, wenig Pflege beanspruchen, bei einiger Düngung und fleißigem Behacken hübsche Erträge liefern und weit mehr Freude und Genuß schaffen, als der gänzlich erzwungene Weinbau in gewissen Lagen, wo eine gute Weinernte selbst in den besten Lagen kaum je alle neun bis eilf Jahre eintritt. Für solche Anlagen von Zwergbäumen und Halbhochstämmen, welche sehr nahe an einander gesetzt werden können, empfehlen sich ganz be­sonders Zwetschen und namentlich solche in den genannten großfrüchtigen und frühreifenden Sorten, ferner Quitten, Sonimer- und feine Winteräpfel und die verschiedenen feinen Bergamotten und Butterbirnen, welche immer auf dem Markte und von den Fabriken der Frnchtkonservcn sehr jgesncht sind (vergl. den hierauf bezüglichen Artikel von Herrn Frisoni in diesem Blatte). Neben und zwischen diesen Buschbäumen und Halbhochstämmen können mit Nutzen noch die großfrüchtigen Erd­beeren (Brestlinge), sowie Johannis- und eng­lische Stachelbeeren gezogen werden, welche all­jährlich einen sichern Ertrag liefern. Insbe­sondere aber sind es die Mirabellen, Reineclauden nnd Zwetschen, welche hier in Betracht kommen, denn diese sind gleich den Brestlingen, Stachel­beeren nnd Quitten von den Konservefabriken immer sehr gesucht, liefern jährlich schöne Er­träge nnd einen schönen Erlös. Dazu beanspruchen Buschbäume und Halbhochstämme, über welche wir ja in den beiden vorangehenden Jahrgängen unseres Vereinsorgans mehrfach eingehende Be­lehrung finden, verhältnißmäßig wenig Pflege nnd Schnitt; es genügt, dieselben fleißig zu be­hacken, um keine Grasnarbe nnd kein Unkraut zwischen ihnen aufkommen zu lassen, sie alle paar Jahre im Spätherbst mit verdünntem Kloakdünger zu versehen (Erdbeerenstöcke, Johannis- und Stachelbeeeren jedoch jedes Jahr), und ihnen durch schonenden Schnitt eine lichte Krone zu er­halten ; nur bei Birnen nnd Aepfeln ist auch das

Pinciren oder Entspitzen der jungen Triebe an­gezeigt, wenn diese etwa 12 bis 15 Centimeter lang sind, wobei man aber in einem halben Tage weit kommen kann. Jeder der sich die Mühe und geringen Kosten einer solchen Anlage nicht verdrießen läßt, wird dabei seine größte Freude und Befriedigung nnd einen sichern und lohnen­den Ertrag finden, und wir hoffen dadurch manchen zu einem Versuch angespornt zu haben, wenn wir auch wissen, daß leider bei einem großen Theil unserer Weingärtner, zumal auf deni Lande, da­mit tauben Ohren gepredigt ist. Allein hier sollten unsere landwirthschaftlichen, unsere Orts­und Bezirksvereine und namentlich unsere intelli­genteren nnd gebildeteren Baumznchter Propa­ganda machen gegen den herrschenden Schlen­drian, welcher sich aus Trägheit und Unwissen­heit oder Trotz gegen vernünftige Neuerungen sperrt. I. S.

Neue Auitten-Sorteii.

Wenige Obstarten haben für den spekulativen und Marktgärtner eine so hohe Bedeutung als die Quitten, und doch ist für dieselben und ihre Veredelung von Seiten des rationellen Obstbaues verhältnißmäßig am wenigsten geschehen. Seit Jahrhunderten hat man sich mit der einheimischen Birne und Apfelgnitte begnügt, und selbst die entschieden schöneren und edleren Sorten der Quitte von Angers und der p ortngiesischen Quitte haben bei uns noch lange nicht diejenige Verbreitung gefunden, welche sic um ihrer vor­trefflichen nnd thener bezahlten Früchte willen verdienen. Namentlich haben unseres Wissens die rationellen Baumzüchter in Deutschland, Frankreich und Belgien noch keinen Versuch ge­macht, die Quitte durch rationelle Zuchtwahl ans Samenund durch künstliche Befruchtung zu veredeln, wie dies bei Birnen und anderen Obstarten ge­schehen ist. In diesem Stücke sind uns nun die Obstzüchter in Amerika beschämend zuvorgekommen, woselbst jüngst zwei neue ans Samen gewonnene nnd konstante Quittensorten in den Handel ge­bracht worden sind, welche in der That sehr be­stimmte und werthvollc Eigenschaften und charak­teristische Merkmale darbieten.