Der Obstbau. 1888.
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ist. Auch können alsdann die Bäume ausgeputzt und mit Kalkanstrich versehen werden; ebenso sind die Baumscheiben zur Vertilgung des Unkrauts umzuhacken. Die Pflanzengruben für neue Bäume müssen jetzt hergestellt werden. Will man irgendwo
an einem bereits bestimmten Platz eine Neu- pflanzug anlegen, etwa mit Beerenobst, so gräbt man jetzt das ganze Stück tüchtig und tief um und bringt Mist und Kompost hinein.
V. Kleine Mltterlungen.
Die Obstbau-Sektion des landwirtschaftlichen Vereins in Tübingen benützte den Jakobi- Feiertag zu einer Versammlung, in welcher der Vorstand Privatier W a l ck e r das in Amerika in großem Maßstab betriebene Aöstdörrerr mit Nutzanwendung für den heimischen Obstbau besprach. Die vom Redner als derzeit beste empfohlene Obstdörrmaschine, System Ryder, von Mayfahrth in Frankfurt fabriziert, war zur Besichtigung aufgestellt. Über den amerikanischen Export wurden folgende Mitteilungen gemacht: Amerika produzierte vergangenes Jahr gedörrte Ringäpfel im Wert von 10 Mill. Je Hievon gingen für 3 Mill. nach Europa, die weiteren 7 Mill. nach China, Japan und Südamerika. Der Preis stellte sich für Ringäpfel auf 60—70 Jt p. Ztr., Birnschniye 20—25 dt, geschälte 30—35 M., Zwetschgen 18 dt., kleine 13—15 dl. Trotz des billigen Preises des amerikanischen Dörrobstes würde, bei gleich guten Apparaten und gleich sachverständiger Behandlung, der deutsche Obstbau in jeder Hinsicht konkurrenzfähig sein, da das amerikanische Obst nicht so gehaltreich und aromatisch sei, wie das unsrige. Schließlich stellte HerrWalckerfolgende Rentabilitätsrechnung auf: Der Ryder-Apparat kostet 325 di. Die rohe Ware von Ringäpfeln ergiebt etwa 10 Proz., somit liefert 1 Ztr. 10 Pfd. Angenommen, der Zentner Äpfel käme dieses Jahr auf 3 X, der Sack 6 X, so würden 20 Pfd. kosten 60 ^. Weitere Ausgaben: Kohlen oder Holz 12 ^s, Schällohn 3 J) , Amortisation des Apparats 4 ^ , Arbeitslohn: 250 Kilo gedörrt in 15 Stunden für 20 Pfd. 12 -ß , zns. 91 ^ . 2 Pfd. Dörrobst, die aus 20 Pfd. Obst gewonnen würden, kosteten somit 91 ^. Der Abfall von 5 Ztr. an Schalen und Kernhaus berechne sich auf 180 Pfd., aus denen 120 Pfd. Most gewonnen werde, der noch besser sei als der gewöhnliche, da in der Haut des Apfels das größte Aroma stecke. Nach dieser Berechnung ergeben 20 Pfd. rohe Äpfel 4 Pfd. Most — 2 Liter, die wieder mit 15 zu berechnen wären. 2 Pfd. Dörrobst kämen daher nach Abzug dieses Gewinnes auf 76 dj. Bei Zwetschgen und Birnen stellt sich die Berechnung noch günstiger, da der Schällohn
wegfällt, weil die Birnen bei uns nicht geschält zu werden brauchen. Der Apparat kann in einem Tage 4 Ztr. Dörrobst erzeugen; Gemüse aller Art kann ebenfalls mit ihm gedörrt werden. Nach des Redners Ansicht sollten Gemeinden zusammenstehen, um mit dem Obstdörren gerade dieses Jahr einen Versuch zu machen.
(Nach der Tüb. Chr.)
Eine Entdeckung, die von ebenso großem theoretischem wie praktischem Interesse ist, hat, wie man uns schreibt, vor kurzem Dr. Keller gemacht gelegentlich einiger Untersuchungen über die Iortpflanzung der Wcökaus. Durch Düstng ist schon vor längerer Zeit die merkwürdige Thatsache festgestellt worden, daß eine Mehrerzeugnng von weiblichen Tieren immer eine Folge reichlich vorhandenen Nährstoffes ist und auch der äußerste Fall der ausschließlichen Erzeugung von weiblichen Tieren, welche unbefruchtet neue Geschlechter von eben solchen Tieren erzeugen, hat im Überfluß an Nahrungsstoffen seine Ursache. Auf diese Thatsachen sich stützend, unterwarf Dr. Keller von Mitte vorigen Jahres an zwei große Reblauszuchten einer systematischen Hungerkur, indem er die Weinstöcke langsani anstrocknen ließ, wobei die Zimmertemperatur möglichst niedrig gehalten und die Einwirkung des Lichts durch einen großen schwarzen Schirm abgehalten wurde. Nach sechs Tagen, als die Stöcke ausgetrocknet waren, wanderten die Läuse massenhaft aus, liefen an den Wänden der Zuchtgefäße herum und waren am zehnten Tage verschwunden. Wie sich später herausstellte, hatten sie Verstecke zur Verpuppung ausgesucht, denn an den folgenden Tagen erschienen zahlreiche Schwärme geflügelter Rebläuse. Statt also infolge von Nahrungsmangel zu Grunde zu gehen, hatten sich die noch nicht ausgewachsenen Rebläuse in geflügelte verwandelt, welche an den Wänden der Glasgefässe vollkommen entwicklungsfähige Eier ablegten, aus denen dann die geschlechtliche Erzeugung hervorgeht. Der Nahrungsentzug bedingt also das Anfhören der üblichen Partheno- genesis (Jungfernzeugung) und die Beschleunignng des Anfiretens der geschlechtlichen Erzeugung.