1.88
Der Obstbau. 1890.
bei Knaben, die meist ärmlichen Verhältnissen entstammen, schwer in die Wagschale fällt. So wurde die Gründung einer Gärtnerei ins Auge gefaßt. Bereitwillig gab die Stadt das nötige Land her und die ganze Sache gedieh über alles Erwarten gut. Gegenwärtig sind 65 Knaben in der Anstalt beschäftigt, welche über! ein Gut von 7 Morgen verfügt. Im Sommer l währt die Arbeit von 1 — 6 Uhr, im Winter von! 4—6 Uhr. Zur Zeit der Schulferien sind die! Schüler den ganzen Tag im Garten. Der Eintritt in die Anstalt ist freiwillig; wer aber einmal da ist, muß auch regelmäßig kommen. Die Unterweisung erstreckt sich auf Baum- und Rosenzucht, auf Erdbeer- und Gemüsekultur u. s. w. Im Winter lernen die Zöglinge auch Strohmatten, Körbe u. dergl. flechten; sogar ein Schuhmacher ist manchmal bestrebt, ihnen die nötigsten Kunstgriffe seines Handwerks beizubringen. Die Arbeit geschieht nun aber nicht unentgeltlich, sondern die Knaben erhalten nach Maßgabe ihrer Leistungen einen Lohn, der allerdings gering ist, aber doch zur Zeit der Konfirmation, wo er erst ausbezahlt wird, hinreicht zur Bestreitung des Konfirmandenanzugs. Außerdem hat noch jeder Schüler ein kleines Beet, auf dem er für sich pflanzen kann, was er will. Die allerärmsten erhalten auch noch ein Vesperbrot und zur Weihnachtszeit finden sich immer reichliche Gaben für die ganze Schar. , Die Stadt steuert zu dem Unternehmen jährlich 400 Ji bei und weitere 600 M. bringt der Verein , auf. Die übrigen Kosten werden aus den Er-; trägnissen des Gartens bestritten. Hie und da wurde die Anstalt schon mit einem kleinen Legat bedacht; größere Summen brachte auch schon ein Bazar ein. Ein im Gemüsebau besonders erfahrener Gärtner mit einem tüchtigen Gehilfen ist mit der Überwachung und Unterweisung der Knaben betraut. Unordentliches Betragen ist sehr selten wahrzunehmen, und man darf wohl sagen, daß die Anstalt ihren Zweck vollständig erreicht.
Über Veranlassung und durch Unterstützung der Oberverwaltung des siebenbürgisch sächsischen Landwirtschafts-Vereines wurde in der Zeit vom 24.—26. Februar ein zweiter Obstbaukurs in der landwirtschaftlichen Lehrwirtschaft des Hermannstädter Komitates abgehalten, an welchem 17 Söhne von Landwirten aus den umliegenden Dörfern teilnahmen.
Hiebei wurde — wie in dem am 3.-5. Februar abgehaltenen Kurse — der notwendigste theoretische Unterricht erteilt. Das Hauptgewicht
wurde aber auf praktische Unterweisung und Einübung der gebräuchlichsten Veredlungsarten, des Schnittes und der Behandlung der Bäume in der Baumschule gelegt.
Die erfreulich zahlreiche Beteiligung an diesen Lehrkursen, mehr noch die große Lust und der rege Eifer, womit erst Weiden und dann Obstwildlinge tagelang unermüdlich veredelt, so wie der Umstand, daß durch die Kursteilnehmer Pfropfreiser, Baumwachs und einige Messer mitgenommen wurden, lassen es wahrscheinlich erscheinen, im gewissen Sinne auch befürchten, daß nun einige von diesen 45 jungen Männern, in Ermangelung gut geeigneter Unterlagen, auch schlecht bewurzelte, aus dichtem Wald oder sonst woher geholte ungeeignete Wildlinge, veredlen werden, wie manche Kinder, welche eben das Schreiben erlernt haben, in dazu bestimmten Heften die neue Kunst üben, aber auch nicht selten Wände, Tische und Bänke bekritzeln.
Aus hundert zusammengeklaubten Wildlingen werden kaum einige gesunde, dauerhafte, ertragreiche, edle Obstbäume. Aus der Mehrzahl derselben werden mit viel Mühe gepfropfte Krüppel, Kandidaten für den Holzhaufen erzogen. Zn un- ! seren Gemeinde- und Schulbaumschulen, die manchmal richtiger als Banmspitäler zu bezeichnen wären, sehen wir häufig solche Exemplare, die am besten in den Backofen passen würden.
Durch jahrelange vergebliche Pflege solcher Krüppel geht viel kostbare Zeit und die Lust am Obstbau verloren. Schließlich gelangt der unglückliche Besitzer solcher Obstbäume zur Überzeugung, daß Boden und Klima für Obstbau ganz und gar nicht geeignet seien und daß er auch seine Nachkommen ernstlich warnen müsse vor allen weiteren Versuchen mit dem Obstbau.
Um also möglichst viele wirklich ertragreiche ^ Bäume erziehen zu können, sind gesunde, verschalte, gut bewurzelte Wildlinge zu verwenden.
(Laudw. Blätter für Siebenbürgen.)
Entfernung von floß. Um Rost von kleinen eisernen Gegenständen, welche sich leicht erwärmen lassen, zu entfernen, nimmt man ein Stück Bienenwachs, bindet dasselbe in einen ! nicht zu dicken Lappen und verreibt es auf dem warmen Eisen, welches dadurch einen feinen Wachsüberzug erhält. Darauf nehme man einen zweiten Lappen, tauche ihn in pulverisiertes Kochsalz und reibe damit Wachs und Eisen ab. ! Die Wirkung soll nach der „Eisen-Zeitung" überraschend sein.
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