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Der Obstbau. Januarheft 1894.

I. Pomologie.

Diesem Hefte liegen die Abbildungen zweier sehr wertvoller Obstsorten bei. Der Apfel zeigt uns eine unserer wertvollsten Mostobstsorten und die Birne hat sich, obwohl sie noch nicht viele Jahre her aus der Stadt Vienne bei Lyon (Frank­reich) eingeführt wurde, schon viel verbreitet und ist allgemein beliebt wegen ihrer Größe und Schönheit, wegen ihrer hohen Güte und wegen ihrer Widerstandsfähigkeit gegen hohen Frost.

Triumph von Vienne

ist eine sehr schöne, der Klasse der Butterbirnen angehörige Sorte. Beschrieben ist sie nur in den Katalogen der Baumzüchter und in einigen Zeitschriften. Die großen Werke über Obstsorten: Handbuch der Obstkunde, Deutsche Pomologie von Lauche, Le Bergers, vietionnairs cls Pomo­logie, Pomologie Centrale u. a. kennen die Sorte noch nicht.

Gestalt. Schön bimförmig, sehr groß, oft bis 15 em lang.

Kelch. Halb offen und hornartig; sitzt in einer tellerartigen leichten Einsenkung.

Stiel. Gebogen, holzig, grünlichbraun; sitzt sehr solid am Fruchtkuchen.

Schale. Strohgelb mit vielem zimtfarbigem Rost, was der Frucht ein sehr edles, apetitliches Aussehen giebt.

Fleisch. Schön weiß, butterartig schmel­zend und sehr saftreich von sehr süßem müskiertem Geschmack.

Kernhaus. Geschlossen, lang und eng; enthält schöne, lange, dunkelbraune Kerne.

Reifezeit und Nutzung. Ende August und Anfang September; hält sich etwa 14 Tage bis drei Wochen. Als Tafelbirne ist sie eine der edelsten und gekocht geradezu ausgezeichnet.

Eigenschaften des Baumes. Der Baum wächst sowohl auf Wildling wie auf Quitte sehr solid und schön pyramidal, macht zahlreiches, kurzes Fruchtholz, trägt oft in Büscheln 34 der herrlichsten Früchte schon im zweiten Jahre in der Baumschule. In meinem Sortiment ist der auf Wildling veredelte Mutterbaum 14 Jahre

alt und trägt jedes Jahr reichlich. Auf Quitten veredelt eignet sich die Sorte für alle Baum­formen. Wenn man den Wuchs des Baumes und die Form der Frucht genau betrachtet, so könnte man glauben, die Sorte entstamme einer Kreuzung zwischen Williams Christbirne und der Birne General Tottleben. Aber Triumph von Vienne ist sehr viel dauerhafter als William und sehr viel fruchtbarer und edler als General Tott­leben, welch letztere namentlich in der Blüte sehr empfindlich ist. Ich kann aus eigener Erfahrung diese Sorte jedem Gartenbesitzer bestens empfehlen.

Der Kräuterapfel.

In Nr. 11 des Jahrgangs 1890, S. 161, dieser Zeitschrift habe ich im Auftrag des engeren Ausschusses des Württ. Obstbauvereins eingehend über diese Sorte berichtet. Wir lassen hier folgen was dort gesagt wurde. Die Erfahrung hat uns belehrt, daß wir auch jetzt jedes dort gesagte Wort unterschreiben können. Der Artikel lautet:

Wer diesen Herbst die ausgedehnten Obst­gärten. der Stuttgarter Karlsvorstadt (Heslach) durchwanderte, der war erstaunt und entzückt über eine Apfelsorte, die, auf sehr viele ältere Bäume in die Krone veredelt, 'ganz auffallend reichlich prächtige Streiflinge trug. Besitzer dieser Obstgärten sind die rührigen Weingärtner der Karlsvorstadt und seit Jahren schwärmen sie für ihrenKräuterapfel", weil er, was Tragbarkeit betrifft, unübertroffen ist und einen ausgezeich­neten Most giebt.

Veranlaßt durch den ausgezeichneten Ruf, welche diese Sorte in der Karlsvorstadt genießt, entschloß sich der Ausschuß des Württembergischcn Obstbauvereins, an Ort und Stelle die Sache zu prüfen und da der Zug der Zeit nicht auf Vermehrung, sondern auf Verminderung der zum Anbau zu empfehlenden Sorten geht, die Prüfung möglichst kritisch zu gestalten. Und was fanden wir?

Der Mutterbaum, von dem alle Edelreiser stammen, ist etwa 6070 Jahre alt, sichtlich