Praktischer Obstbau.
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gemachter Most nicht krank wird. Später im > Herbst, wenn man wieder Most macht, giebt sich j Wohl Gelegenheit, alte gute Ratschläge für das I Mostmachen aufzufrischen.
Heute ist das Uebel da und wir wollen nun die Mittel angeben, wie ihm noch geholfen wer-! den kann. Nicht in alle Wege wird's gelingen, aber doch in vielen Fällen. Auch hat der Schreiber | dieser Zeilen die Heilmittel keineswegs an seinem ^ eigenen Most probiert oder probieren müssen — i das wäre ja ein schlimmes Zeugnis für seine Fähigkeit im Mostmachen überhaupt. Vielmehr ist ihm noch nie ein Most krank geworden — warum? weil er ihn stets nach den richtigen und bewährten Regeln gemacht hat. Aber die nachher angegebenen Mittel beruhen dennoch auf der Erfahrung — anderer Leute, die durch Schaden klug geworden sind, und namentlich auch auf dem, was die Wissenschaft an die Hand giebt, die wenn irgendwo im Gebiet des Obstbaues gerade in diesem Punkte unentbehrlich ist und schon das Rühmlichste und Dankenswerteste geleistet hat. Vor allem ist cs Di'. Neßler in Karlsruhe, der sich hier große Verdienste erworben hat und i seinen Ratschlägen darf man getrost folgen. Auch Oekonomierat Goethe in Geisenheim und Dr.! Kramer in Klagenfurt sind uns zuverlässige Ge-' währsmänner, deren Rat im folgenden ebenfalls benützt worden ist.
Vorauszuschicken ist, daß bei allen Mitteln j immer vorher eine Probe im kleinen gemacht werden muß, damit man unnötige Kosten vermeidet oder nicht gar aus schlimm schlimmer macht. Man nimmt hiezu Helle Flaschen von drei viertel Liter. Most und Mittel werden nach Verhältnis eingefüllt und nach 2—3 Tagen wird man sehen, ob sich die Sache gemacht hat und ob sie sich dann auch im Faß selber machen läßt oder nicht. Bei den Mitteln von Dr. Neßler sind deshalb immer die Verhältniszahlen für die Flasche (also 3 U 1) angegeben, damit die Umrechnung erspart bleibt.
1) Was ist bei Essig st ich zu thun?
a. Der Flasche Most setzt man 1 g, dem Hektoliter 125 g- gefällten kohlensauren Kalk zu. Der Kalk ist mit dem Most alsbald gut zu mischen und nicht etwa bloß hinein zu werfen.
Da hierbei ein Aufschäumen eintritt, ist einige Vorsicht nötig.
d. Man läßt den Most nochmals gären mit:
Zusätze für
die Flasche d.Hektoltr.
Wasser. 2 dl 301
Zucker gestoßen . . 2 Eßlöffel voll 10 Pfd. Ganz frische Preßhefe bohnengroß 125 g Salmiak (a.d.Apotheke) 0,2 g 30 g
Most.die Flasche füllen 70 1
Die Mischung soll bei 15-20» C. (12 bis 16» R.) gären. Nach Beendigung der Gärung ist der Most abzulassen.
Moste, welche einen starken Stich haben, d. h. zu viel (etwa über 0,20 °jo) Essigsäure enthalten,
| können nicht mehr mit Vorteil verbessert werden, j (Neßler.) Zu Essig verwenden!
I Um den Most auf dem Lager vor Essigstich ! überhaupt zu behüten, wird empfohlen: kühle «Temperatur des Kellers, Vollhalten der Fässer, so daß der Spund in den Most reicht, Abschluß der Luft von der Oberfläche des Mostes (während der Gärung: Gärspnnden, zu beziehen z. B. von Hermann Hübler in Lndwigsburg).
2) Was ist bei schleimigem oder zähem (spinnendem) Most zu thnn?
Hier unterscheidet Dr. Neßler mit Recht zwischen vergorenem und noch nicht ganz vergorenem Most.
a. Bei vergorenem Most. Auf die Flasche setzt man einen Eßlöffel voll, auf den Hektoliter l 1 / 2 — : 2 1 ganz fuselfreien Weingeist zu und schüttelt oder peitscht tüchtig. Der Weingeist ist vor dem Peitschen zuzusetzen; man muß also den Most zuerst ganz «blassen und mit dem Weingeist mischen oder man setzt dem zu peitschenden Most im kleinen Gefäß die entsprechende Menge Weingeist zu, z. B. je 10 1 Most 1 1 /a—2 dl Weingeist.
Noch sicherer als das Peitschen allein, ist das Schönen mit spanischer Erde. Für die Flasche Most werden 4 g, für den Hektoliter 500 g spanische Erde mit etwas Most zu einem feinen, gleichmäßigen Brei zerrieben und dem Most in der Flasche oder im Faß beigemischt. Das Aufrühren ist je nach einigen Stunden ein- oder zweimal zu wiederholen.