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Der Obstbau. Dezemberheft 1909.

I. Vereins-Angelegenheiten.

Monatsversammlung am 19. Nov.1909.

Mit freundlicher Begrüßung der erschienenen Mitglieder und Obstbaufreunde eröffnete der Vorstand, Herr Gemeinderat Fischer, die Ver­sammlung abends 8 Uhr im oberen Saal der Bauhütte". Ein besonderes Referat für den Abend war nicht vorgesehen, derselbe sollte viel­mehr einer zwanglosen Erörterung der im Winter an den Obstbaumen vorzunehmenden Arbeiten dienen. Diese Winterarbeiten wurden vom Vor­sitzenden genannt und zu deren pünktlicher Aus­führung und zur Stellung diesbezüglicher Fragen aufgefordert. Zunächst führte der Vereinssckretär eine Anzahl vorschriftsmäßig verpackter Obst­kisten, -Kartons und -Körbe für Bahn- und Post­versand vor, mit einer kurzen Erläuterung über die Art und Weise, wie Tafelobst verpackt werden muß. Er betonte insbesondere, daß die Erfolge, die an einigen Stellen im Lande, wo der Württ. Obstbauverein Vcrpackungsknrse hatte abhalten lassen, wohl zur Nacheiferung anspornen dürften.

Der Vorsitzende bemerkte hieran anschließend, daß die Zentralvermittlungsstellc des Vereins eine dauernde Ausstellung der Obstbau­geräte und einen Verkauf einzelner Gegenstände zuFabrikpreisen unterhalte, wobei insbesondere auf den Ausbau der Obst­verpackung der größte Wert gelegt werde.

Herr Baumschulbesitzer Aldinger-Feuerbach bemerkte dazu, daß er mit den von der Zentral­vermittlungsstelle bezogenen Körben mit Weiden­deckeln besonders gute Erfahrungen gemacht habe.

Von der Versammlung waren unterdessen eine Anzahl Fragen eingegangen, die, soweit sie von be­sonderem Interesse sind, hier wiedergegeben werden.

1. Ist es ratsam Obst imWinter in Torfmull aufzubewahren? Diese Frage wurde dahin beantwortet, daß neben Torfmull auch noch mit Spreuer, Sägmehl, Sand ec. Ver­suche gemacht worden sind, die aber vom prak­tischen Standpunkt aus mehr als Spielerei be­trachtet werden dürfen. Eine künstliche Hinaus­schiebung der Fruchtreife, wie sie meist mit Torfmull versucht wird, geschieht immer auf

Kosten des Geschmackes der Früchte. Ein luftiger, dunkler, nicht zu feuchter Keller ist der beste Aufbewahrungsort, wo nichtbesondere Obstkammern eingerichtet werden können. Gut gepflücktes und ausgelesenes Obst kann auch sehr wohl in Kisten verpackt in einer Kammer aufbewahrt werden.

2. Welche von den neueren Dauer­apfelsorten eignen sich besonders für unsere Gegend und welche Erfahrun­gen sind mit demSchönen von Bos- koop" gemacht worden? Die sehr lebhafte Debatte hierüber dreht sich in der Hauptsache um diesen letzteren, im Handel so außerordentlich wertvollen Apfel. Während von der einen Seite große Tragfaulheit des Boskoop konstatiert wird, wird ihm von anderer Seite uneingeschränktes Lob zuteil. Das Auseinandergehen der Meinungen läßt sich aus dem Nachfolgenden vielleicht er­klären. VomPraktischen Ratgeber" wurde kürzlich gelegentlich des Sortenbestimmungstages, eine besonders große Anzahl Einsendungen von BoSkoop-Früchten aus allen Gegenden Deutsch­lands eingefordert, um festzustellen, was Boskoop ist und was nicht. Tie früher als Synonym geltendeRenette von Montfort" ist dabei als eine eigene Sorte festgelegt worden, die sehr oft mit Boskoop verwechselt war. Tatsache ist jeden­falls, daß Boskoop sich nie und nimmer in kleinere Formen ciuzwängen läßt, daß er keinen schematischen Schnitt verträgt (siehe auch Obstbau Heft 2 ds. Js., Seite 25) und daß er nur als Hoch- resp. Halbstamm, unberührt von Schere und Messer, eine, wenn auch etwas später ein­setzende, reiche Fruchtbarkeit entwickeln kann. Es wird dabei erwähnt, daß der Boskoop noch immer eine der bevorzugtesten Sorten der Erwerbsobst­züchter sei, die ihre meist auf Paradies veredelten Buschbäume durch zeitweises Umpflanzen im Wachstum hemmen und zu reichem Fruchtansatz zwingen. Von anderen Wintersortcn werden noch genannt: Coxs Orangen-Renette, Or. Seeligs Orangen-Pepping und von Zuccalmaglios Re­nette. Letzterer wird ungewöhnliche Fruchtbarkeit nachgerühmt. Doch sind alle diese Sorten nur für