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Der Obstbau. Dezemberheft 1909.

im kleinen gehört, wie es scheint, zu ihrem Temperament. Ab und zu kamen auch andere Passanten, die ich nicht kannte, und deren Her­kunft ich auch nicht erforschen konnte, da sie mir nach beendeter Mahlzeit niemals Zeit zu der Frage ließen: Wer und von wannen bist du? Als dann im Frühjahr die Schnee vor der Sonne wich und der Boden weich wurde, da waren sie alle auf einmal verschwunden. Ohne Abschied waren sie ihrer Wege geflogen, und den ganzen Sommer sah und hörte man kaum etwas von ihnen. Als aber am letzten Sonntag der Nordweststurm dicke Schneeflocken über die Erde fegte und in wenigen Minuten Baum und Strauch und Weinberge weiß verschneit dastanden, da er­schienen auf einmal wieder Finken und Meisen auf meinem Fenstersims und zeigten mir an, daß es jetzt die höchste Zeit sei. Und sie sollten auch Recht behalten!" Eine einfache Fütterungs­art im Garten: man hängt jetzt eine Flasche an einem Baum auf, die täglich mit Hanfsamen gefüllt wird. In hellen Scharen kommen die Meisen, Finken und Spechte an diesen Futterplatz. Die Meisen und Spechte machen dann die drolligsten Kletterkünstc an der umgekehrt auf­gehängten Flasche und picken den Inhalt der­selben heraus, der, um ein Allzuviel auf einmal zu verhüten, durch einen vor die Öffnung gebun­denen Tuchlappen am Herausfallen verhindert ist. Ein kleines Löchlein, im Lappen angebracht, genügt, daß die Vögel ihr Futter erlangen können. Freilich wird van den kräftigen Schnäbeln das Loch bald größer und es rieselt dann der In­

halt der Flasche in ein darunter aufgehüngtes tellerförmiges Blech. Darauf warten nun die Finken und die anderen Vögel, die nicht so gut das Klettern verstehen. Diese Art der Fütterung hat die Vorteile, daß nicht, wie im festgenagelten Häuschen, die Spatzen immer die ersten sind, ferner können die Katzen nicht darauf gelangen und endlich wird das Futter nicht verschneit. Man kann jedem Gartenbesitzer eine solche Vogel- sütteruug empfehlen. Die Flasche kann mit Leichtigkeit in ein Drahtnetz oder Holzgcstell ge­steckt und so befestigt werden, daß der Wind sie nicht herabwirft.

Manche benützen auch den ausgedienten Weih­nachtsbaum als Futterbaum für die Vögel, in­dem man die Zweige mit flüssigem Fett, Rinds­oder Hammeltalg übergießt, auf das dann die Futterkörner, Hanfsamen rc. aufgeklebt werden.

Die Klebgürtel um die Bäume müssen stets in klebhaftem Zustand erhalten werden. Sonst haben sie keinen Wert.

Aufgepaßt auf die Hasen, daß die nicht an die jungen Bäume kommen! Drahthose immer noch das sicherste Schutzmittel! Auch gegen Wühlmäuse hilft der Draht, wenn man aus Drahtgeflecht mit 15 min Maschenweite in die Pflanzgrube beim Baumsatz eine Art Drahtkäfig für die Wurzeln stellt, das natürlich auch mit einem Drahtdeckel zu versehen ist, damit die Mäuse nicht von oben her an die Wurzeln kommen. Auf diese Weise steht der junge Baum manssicher".

V. Brief- und Fragekasten.

K. in I1. tz. Der heuer mannigfach be­obachtete Rnßtau (Oapnoäium salieiuum) ist zwar in allen Gegenden und Lagen verbreitet, wird jedoch durch regnerische Witterung, wie sie ja für 1909 charakteristisch war, besonders be­günstigt, auch durch feuchtere Lagen und solche, die dem Zutritt des Sonnenlichts mehr oder weniger entzogen sind. Man nimmt auch an, daß der Pilz sich im allgemeinen nur sekundär ansiedelt, d. h. er braucht Vorbedingungen, in diesem Fall Blattläuse an den Bäumen. Die schwarzen, rußig aussehenden Krusten auf dem

Laub, den jungen Trieben, den Früchten der ver­schiedenen Obstbäume, namentlich Heuer der Zwetschen, sind ja bekannt. Auf den Blättern tritt der Rußtau fast ausschließlich auf der Ober­seite der Blätter auf und zwar an den Stellen, die am leichtesten benetzt werden und wo Regen­wasser und Tau am ehesten liegen bleiben können (in den Vertiefungen der Blattrippen, an der Spitze des Blatts, an der Spitze der Blattzähne). Da der Rußtau eine förmliche Kruste oder Decke auf den Blättern bildet, einen Überzug, den man abhcben kann, worauf man das rein grüne Blatt