Exkursions-Berichte
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oft sehr häufig auf. Sonderbar ist es, daß der Knollenblätterpilz in manchen Gegenden ganz fehlt oder doch nur selten zu finden ist. So hat es mir in der Umgegend von Glarus große Mühe gekostet, ihn aufzufinden, und dies ist mir nur in einem einzigen Exemplare geglückt, während er im gleichen Jahre und in der gleichen Jahreszeit in der Umgebung von Bafel in vielen Hunderten von Exemplaren überall anzutreffen war. Diese Beobachtung konnte ich auch in andern Gebieten machen. Erwächst vom Sommerbiszum Herbst.
Der Knollenblätterpilz ist sehr gifkig. Sein Genuß wirkt fast immer tödlich. Und was ihn um so gefährlicher macht, ist der Umstand, daß die ersten Vergiftungserscheinungen sich erst nach 12 bis 24, ja sogar nach 40 Stunden nach dem Genüsse einstellen. Bei andern giftigen Pilzarten treten die Vergiftungserscheinungen viel früher ein. Die Symptome einer Vergiftung durch den Knollenblätterpilz gibt Prof. Dr. von Ahles in folgender Weise an: Eingenommenheit des Kopfes, Schwindel, heftige Kolik, Erbrechen (zuletzt nur noch eine gelblich-weiße Flüssigkeit), Krämpfe, Beängstigungen mit zunehmendem Durst und brennendem Gefühl im Schlunde, Hinfälligkeit mit Ohnmacht, Pupillenerweiterung, Schlafsucht, Gleichgiltigkeit,
kalte Schweiße mit bläulicher Färbung des Gesichts, der Zunge und Finger. Ist die ge- nossene Menge beträchtlich gewesen und dabei nicht zeitig genug ein freiwilliges oder künft- lich herbeigeführtes Erbrechen (einige Löffel verdünnter Brechweinsteinlösung) eingetreten, so ist gewöhnlich keine Rettung zu erwarten.
Es gibt leider bis jetzt kein spezifisches Gegenmittel. Mit Erfolg find subkutane Injektionen von Opiumsalzen, Friktionen und kalte Begießungen, erweichende Blähungen auf den Unterleib, Eis innerlich, und in höchster Not Wein, Arak, Zimmttinktur, Aether- fyrup, Kampher, Terpentinöl und Wein- klyftiere in Anwendung gekommen.
Ist einmal- im Volke dieser Pilz richtig erkannt, so werden auch die schweren Pilzvergiftungen verschwinden. Darum sollte schon in der Schule begonnen werden, den Kindern die Merkmale des Knollenblätterpilzes beizubringen, wie dies ja allenthalben mit dein „Fliegenpilz" geschieht. Wie man den Kin- dern die giftigen Beeren: Einbeere, Tollkirsche usw. kennen lehrt, sollte man auch dem höchst gefährlichen Knollenblätterpilze die äußerst notwendige Aufmerksamkeit schenken, dann wird auch die Furcht vor den übrigen harmlosen und äußerst schmackhaften Pilzen einer praktischen Verwendung Platz machen.
Exkursions-Berichte.
Unter dieser Rubrik veröffentlichen wir gerne die Resultate der von Vereine» für Pilzkunde oder von einzelne» Pilzfreunden veranstalteten „Pilzjagden". Diese Veröffentlichung soll dazu beilragen, eine vergleichende Uebersicht über die in den oerschiedendsten Gegenden der Schweiz, Oesterreichs und Deutschlands vorkommenden Arten zu gewähren. Die Redaktion.
Rings von großen, herrlichen Waldungen umgeben, die in ihrem Bestände ein abwechslungsreiches Gebiet von Nadel-, Laubund gemischten Wäldern aufweisen, gibt es für den Pilzfreund kein größeres Vergnügen, als die freien Sonntagnachmittage dazu zu benützen, mit „Kind und Kegel" eine Streife auf die Pilze zu unternehmen.
Es ist nicht immer der praktische Nutzen allein, der zu den „Schwammjagden" ver- leitet: auch das Bestreben, sich im großen Reiche der „Schwämme" eine möglichst um- fassende Kenntnis zu erwerben, ist der Beweggrund zu ausgedehnten Waldfpaziergän- gen.
In einer Berner Pilzausstellung sagte mir einmal ein Arzt: „Wenn die Pilze, die man
in Wald und Flur antrifft, gar keinen Wert und gar keinen Nutzen hätten, so wären sie dennoch hochzuschätzen, denn sie verleiten durch ihre Farbenpracht und ihre Schönheit Viele dazu, ins Freie zu wandern und in herrlicher, ozonreicher Waldluft eine Stär- kung und Förderung der Gesundheit sich zu holen. In dieser Beziehung sind sie von hoher ideeller Bedeutung für die Menschheit."
Leider wird diese Seite der Pilzkunde vielfach unterschätzt und mehr dem materiellen Nutze» die größere Aufmerksamkeit zugewen- üet. Aber auch hier enttäuschen uns die „Götterkinder" nicht. Eine große Anzahl derselben liefert köstliche Zuspeisen oder je nach der sozialen Stellung des Pilzfreundes auch Hauptmahlzeiten.