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Muffrierfe populäre Jllonafsfchriff über efjbare und giftige Pilze

einziges Organ für Deuffchland, Oesterreick und die Schweiz

evcrus g eg eben unter.- Mitrvivlrung von Atotcrnilievrr und Zi'iOzfveunöen

von Julius Rothmayr, Luzern Verlag von E. Haag, Buchhandlung, Luzern, Kapellplatz 9 Abomiementspreis pro Jahrgang für die Schweiz 8 Fr., für Deutschland 7.50 Mt., für Oesterreich 8 Kr.

Ian./Febr. 11M1 (Svftei- AnHvFnnF Heft 10 II

Die Pilzmärkte.

Ihre soziale und wirtschaftliche Bedeutung für das Volk. Von Julius Rothmayr, Lnzern-Higkirch.

Es dürfte wohl nur wenige Städte in Europa geben, wo nicht von Zeit zu Zeit auf den Viktualienmärkten während der Som­merszeit Pilze feilgeboten werden. Diese Er­scheinung entspringt wohl weniger der Nach­frage nach Pilzen aus den Märkten, als viel­mehr dem Umstande, daß die ärmere Bevöl­kerung besonders in Großstädten -von dem Be­streben beseelt ist, sich durch das herrenlose Gut des Waldes einen Nebenverdienst zu ver­schaffen. Wer offenen Auges durch einen Markt wandelt, wird die Beobachtung machen, dag die Pilzvertäuserinnen oder -Verkäufer sicherlich der ärmsten Klasse der Marktliefe­ranten angehören. Schon ihr Aeußeres läßt darauf schließen, daß sie nicht auf Rosen ge­bettet sind. Meistens find es ärmlich geklei­dete, abgehärmte Frauen, oder schmächtige Kinder, invalide Männer und gebeugte Greise, welche in zerschlitzten Henkelkörben oder auf sauberen Tüchlein am Boden ihreErnte" feilhalten, um einige Batzen Zuschuß zum spärlichen Haushalte zu erlangen. DieAus­fuhr" entspricht aber selten der Nachfrage. Diese ist immer eine rege, und selbst das un­appetitlichste und zweifelhafteste Zeug findet Zuletzt auch noch seine Abnehmer, wenn das bessere schon längst fort ist.

Sind es auch auf manchen Märkten nur schüchterne Versuche einzelner Armer, etwas weniges nebenbei zu verdienen, auf andern hingegen, wo gut eingerichtete Pilzoerkaufs-

stelle» mit fachmännischer Kontrolle bestehen, geht der Verkehr mit Pilzen schon ins Große. Viele Leute haben gar eine Ahnung, welche gewaltigen Summen mit dem Suchen und Handel von Pilzen ln den Verkehr gebracht werden können Nur ganz wenige Beispiele mögen angeführt sein. Zn Zürich erreichte der Pilzmarkt im Jahre 1909 einen Umsatz von etwa 19,000 Fr., in München kommen jährlich für 800,000 Mark Pilze in den Handel, in Wien werden täglich aus den verschiedenen Viktualienmärkten etwa 50,000 Kilogramm feilgeboten. Ich habe diese Pilzmärkte im Vorjahre selbst durchwandert und war er­staunt über diese Menge von Pilzen.

Nun drängt sich die Frage auf: Wer macht diese Werte aus de» Wäldern flüssig? Die strikte Antwort lautet und kan» nicht anders lauten: Die ärmste Bevölkerung in den Groß- städten und die arme Bevölkerung auf dem Lande, die die Waldungen in ihrer nächsten Nähe haben.

Heutzutage, wo die Gemeindebehörden in der Stadt und auf dem Lande das redlche Be­streben haben, die sozialen Mißstände und Härten unseres Gefellfchaftslebens »ach Mög- lichkeit auszugleichen, würde auch die Einrich- tung von Pilzmärkten auf allen größeren Plätzen nicht ohne Nutzen sein.

Die Einrichtung von Pilzmärkten mit einer fachkundigen Kontrolle verursacht der Ge­meinde keine unerschwinglichen Kosten. Die