Auf der Wanderschaft I
211
verhinderte, einen letzten Gruß den verschleierten Appenzeller Bergen zuzusenden. Gegen 9 Uhr tauchte aus dem Nebel einer Fara Morgana gleich das zierliche Friedrichshafen auf. Einen kurzen Ausblick noch auf die weltberühmte Stätte Zeppelinfchen Schaffens und wir fuhren in den schützenden Hafen. Rasch mit unserem umfangreichen Gepäck in die von jedem Reisenden „vielgeliebte" Zollabfertigung, am Schalter die Billette nach Würzburg auf der kürzesten Route verlangt, und in Hast flüchteten die letzten „Schweizer" in den Schnellzug nach Stuttgart, der bereits eine ziemliche Verspätung aufwies. Ein Pfiff und hinein ging es ins Schwabenland.
In Meckenbeuren füllte ein Damengefangverein unfern bis dahin schwach besetzten Wagen und bald erschallte das fröhliche Lied „Auf der schwäbischen Eisenbahna" durch den Raum.
Auch wir mußten bald erfahren, daß wir auf der schwäbischen Eisenbahn fuhren. Der Schalterbeamte hatte uns ein Billet über Stuttgart, statt über Crailsheim gegeben, das nicht nur die Fahrt »ach Würzburg um vier Stunden verlängerte, sondern auch noch teurer war und das uns nicht einmal gestattete, den Schnellzug von Stuttgart nach Würzburg zu benützen, weil eben keiner mehr von dort abging, obwohl wir die Gebühr hiefür entrichteten. So kamen wir erst um 10i/> Uhr nachts in Würzburg an. Die Fahrt selbst bot nicht viel Abwechslung, abgelegene Dörfer und altersgraue Städtchen, Sümpfe und kahle Ebenen und stundenlange Wälder.
Das kgl. Rektorat der Kreisoberrealschule in Würzburg hatte für die Pilzausstellung einen geräumigen Lehrsaal in zuvorkommender Weise zur Verfügung gestellt. Am Tage nach unserer Ankunft begannen wir -vormittags sogleich die Tische für die Ausstellung bereit zu stellen und nachmittags ging es >n den Wald. Wir hatten Glück. Ganz in der Nähe von Würzburg liegt der Guttenberg- wald, ein ziemlich großer Waldkomplex auf dem linken Ufer des Mains, zu welchem der Tran, bis an die Lifiöre führt.
Der Pilzreichtum dieses Waldes entlockte »ns einen Ruf des Erstaunens. Innerhalb weniger Stunden hatten wir eine große Zahl 00,1 herrlichem Ausstellungsmaterial gesammelt: sogar ein prächtiges Exemplar von bistulinkr hepatica fvulgär Ochsenzunge)
fiel uns in die Hände. Noch am selben Tage konnten wir die Sammlung zierlich in Moos aufstellen und am 21. Juli vormittags 10 Uhr fand die „Eröffnung" der Ausstellung statt, welche am 24. Juli abends wieder geschloffen wurde. Die Bevölkerung Würzburgs brachte der Ausstellung das größte Interesse entgegen. Alles war erfreut über den großen Pilzreichtum der Würzburger Waldungen. Aus Gelehrtenkreisen wurde uns hohe Anerkennung zu Teil und man bedauerte nur, daß unser Aufenthalt so kurz bemessen sei. Am dritten Tage erneuerte ich fast allein die ganze Ausstellung innerhalb weniger Stunden wieder aus dem Guttenbergwald.
Mit dem Erfolg der ersten bayerischen Ausstellung sehr zufrieden, rüsteten wir uns nun für die Frankfurter Ausstellung vom 27. bis 31. Juli.
Die Fahrt nach Frankfurt führte uns durch den waldreichen Spessart, das Lieblingsjagdgebiet des Prinz-Regenten von Bayern.
Bom dahineilenden Schnellzug aus konnten mir den Pilzreichtum des Waldgebirges beobachten. In den bis an den Bahndamm herantretenden Waldungen sahen wir eine Fülle prächtiger Pilze und manchesmal hätten -wir am liebsten an der Notbremse gezogen, um in den Besitz derselben zu gelangen.
Nach einer -herrlichen, abwechslungsreichen Fahrt von 3 Stunden, fuhren wir in den umfangreichen Bahnhof von Frankfurt a. M. ein.
Der löbl. Magistrat der Stadt Frankfurt hatte uns ein Parterrelokal im ehemaligen Senkenbergfchen Museum ani Eschenheimertor, also fast im Zentrum der „Weltstadt", gütigst zur Verfügung gestellt, gegen eine mäßige Gebühr von 20 Mark. Das Lokal war nicht nur sehr prächtig gelegen, sondern auch sehr groß und sehr hell. Es ermöglichte dies, eine überaus große Ausstellung zustande zu bringen, wohl die größte, die wir bisher abgehalten hatten. Auch die Nähe der Waldungen, die alle mit Bahn oder Tram zu erreichen waren, erleichterten das Zusammenholen einer reichhaltigen Sammlung wesentlich, dazu kam noch der Umstand, daß die Pilze in großer Zahl vorhanden waren.
Frankfurt besitzt in unmittelbarer Nähe in seinem Stadtwalde einen geradezu idealen Fundort für Pilze. Der Mittcldicker Forst, der Schwanheimer Wald, der Mönchswald
