Illustrierte Wochenschrift
für Freunde aller Zweige der biologischen Naturwissenschaften,
für Liebhaber von /.Immer- und (iartenpflanzen, Stubenvö|{eln, Aquarien und Terrarien, für Sammler aller naturwissenschaftlichen Objekte.
No. 5.
Sonntag, den 1. Februar 1903. 1 5 jahr K an K .
Natur und Kunst.
Von H. Barfod.
Mit 32 Abbildungen.
Grundlagen der Betrachtung der Möbius mag uns Wenn wir einen
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1 h I as sind die
\\l ästhetischen ■ V Lebewesen? die Antwort geben: Menschen, ein Tier, eine Pflanze erblicken und sie auf den Grad ihrer Schönheit ansehen, so tauchen in uns Bilder früher angeschauter Individuen derselben Spezies auf; mit diesen vergleichen wir das vor uns erscheinende Individuum und urteilen nun, ob es uns mehr oder weniger gefällt als jene Erinnerungsbilder. Wir messen also den Schönheitsgrad angeschauter Individuen nicht mit einem bestimmten unveränderlichen Vorbilde, sondern mit einem Masse, welches sich nach unseren Erfahrungen ändert. Da auffallend schöne und auffallend hässliche Menschen und Tiere auf uns einen stärkeren Eindruck machen als gewöhnliche Individuen, so prägen sie sich unserem Gedächtnisse besonders scharf und fest ein und liefern daher vorzugsweise die Grundlagen zu unseren ideellen Massen des Schönen und I lässlichen.«
An Vertretern sämtlicher < Ordnungen der Säugetiere entwickelt Professor Dr. K. Möbius seine Ansichten iiber die Schönheit resp. Hasslichkeit derselben,
rjFortMtsung.)
indem er einleitend bemerkt, dass unsere ästhetischen Urteile iiber Säugetiere auf der Vergleichung dieser mit der Form, der I laltung und dem psychischen Leben des Menschen, sowie mit der Gestalt, den Bewegungen und dem Benehmen
anderer Säugetiere, welche wir von Kindheit an häufig gesehen haben, beruhen. Wir konstruieren uns im Geiste Musterbilder, die wir der ästhetischen Beurteilung der Individuen zu gründe legen. «Die Mustertiere lehren uns durch die Form und 1 laltung ihres Körpers, wenn sie ruhig stehen, wenn sie laufen und springen, dass sie mit eigener Kraft dem Zuge der Schwere nach unten Widerstand leisten. Aus der Richtung des Kopfes, dem Micke der Augen schliessen wir auf ihre Kmptindungen und ihren Willen. Wir schreiben ihnen also seelisches Leben zu, unserem eigenen ähnlich. Krst aus solchen Gedanken entspringen unsere ästhetischen Urteile, also aus einem vielfach zusammengesetzten Hcwusstseinszustande, der bei dem Anblicke eines Tieres ohne jedes Nachdenken in uns eintritt.«
Unter den I Iaustieren ist es namentlich das Pferd, dessen normale Gestaltung der ästhetischen Beurteilung anderer