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der Hinte prangen fünf goldgelbe Staub­gefäße und ein Stempel.

»Kin Veilchen Mühl im Tale, Krwacht vom Morgenstrahle; So duftig und so blau Ist keins mehr auf der Au !

Mild blickt es aus dem Moose, in seinem ^oldnen Schöße lilinkt KrUhlingsschein, so rein, Wie flüss'ger Kdelslein.

im sitz der Frühlingslttfte

Yerhaucht es seine Düfte Am reinsten Sonnenstrahl Und stirbt im schönsten Tal.« Kind.

Das Veilchen ist stets von den Men­schen, deren Herz es erfreut, geliebt und gefeiert worden; denn mit dem Veilchen zieht der Lenz in die Lande ein und mit ihm Freude und I Ieiterkeit in die Herzen der Menschen. Der große Dulder, Kaiser Friedrich III., liebte das Veilchen mit der ganzen Empfindsam­keit seines ideal angelegten Wesens, und es fehlte niemals wahrend der neunund­neunzig Tage seiner kurzen Regierung in den Gemächern des einfach schönen Schlosses zu Charlottenburg. Auch ist es das Sinnbild der Trauer und des Todes, weshalb es vielfach auf Grab­hügel gepflanzt wird.

Woher das Veilchen eigentlich stammt, ist schwer nachzuweisen, genug, es ist da:

»Geküßt vom ijold'nen Sonnenstrahl Viola ihr Köpfchen erhebt. Wie sie durch Manchen leicht sich stahl Und heiter und fröhlich jetzt lebt!

Mit ihren lieben Äuglein blau

lilickt sie so freundlich mich tn,

Als wollt' sie sagen: 'Schau nur, schau,

Was weise ich lehren dich kann.

Ich blühe still und ungcsch'n, Doch würz' ich mit lieblichem Duft, Wenn linde KrUhlingsltiftc wch'n, Getragen vom Hauche der Luft.

So zieh Dich in Dich selbst zurück Und bleibe verborgen und klein. Ks strahlt wie duft'ger Veilchenblick Dein Leben in Herzen hinein.t I.»Hler.

3. Das Massliebcheti.

Dem Schneeglöckchen und Veilchen folgen bald viele tausend andere Blumen nach.

»Ks dringen liliiten aus jedem Zweig

Und tausend Stimmen aus dein Gesträuch.«

Wie ein Stern mit weißen, zuweilen rotgespitzten Strahlen lugt das Gänse­blümchen aus dem Grase der Wiesen und Triften hervor, um sich an dem lieblichen Sonnenschein zu ergötzen. Das I'flänzchen hat einen kurzen Wurzel- stock; aus diesem sprießen viele Rlätt- chen. Diese sind spatelförmig und bilden eine Rosette. Jedes Blümchen steht auf einem Stielchen. Es besteht aus weißen Strahlen- und gelben Scheibenblütchcn. Es heißt Gänseblümchen, weil es die Gänse gern fressen. Den Namen Maß­liebchen trägt es, weil man glaubt, an dem Blümchen die Liebe und Treue eines andern ermessen zu können. Auch wildes Marienblümchen genannt, welcher Name an die liebe Gottesmutter er­innern soll.

Die Legende erzählt: »Maria wollte einst ihrem göttlichen Kinde zum Ge­burtstage ein Kränzlein schenken, konnte aber nirgends Rlumen finden. Sie ent­schloß sich daher, selbst einige anzu­fertigen. Eines zeichnete sich durch ganz besondere Schönheit aus, das war aus weißer und gelber Seide gefertigt. Rei der Anfertigung aber hatte sich die heilige Jungfrau mit der Nadel gestochen, und der weiße Rand war mit Rlut ge­färbt worden. Das Jesuskind erhob des­halb dieses Blümchen zu seiner Lieb­lingsblume und pflanzte sie. Durch seine Wundcrkraft wuchs sie alsbald und schmückt jetzt noch Wiese und Feld.«

»Es blüht ein schönes lilüinelein,

Das wächst auf grünen Auen,

Von innen und von außen fein

Gar lieblich anzuschauen.

Bald bunt, bald rot und bald schneeweiß,

Ist es des Lenzes frühester Preis,

Des Herbstes letzte Fremde.I

Eine andere Sage berichtet: »Gabriel, der Himmelsbote, hatte Maria, die hold­selige Jungfrau, verlassen, nachdem sie eingewilligt, die Mutter des göttlichen Sohnes zu werden. Sie aber weilte noch lange in tiefster Andacht im stillen Kämmerlein zu Nazareth, nachsinnend über das unaussprechliche hohe Glück, die unendliche Gnade, die Gottes Huld ihr verliehen. Ihre Liebe zu dem Aller­höchsten, der ihr Gott w ar und nun ihr Sohn werden sollte, lohete in heißen