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Strassenhunde in Pcra-Konstantlnopcl.

photographisch aufgenommen von V. Schlcgel-Konstantinopel.

den Latten, klemmen sich solange in die Spalten der Zäune und wühlen und scharren solange in der Erde und an den Steinen, bis sie überall hin gelangen. Selbst auf den Dächern von Schuppen und Ställen klettern sie waghalsig her­um, mögen sie auch mitunter mit lautem Getöse in der Versenkung verschwinden. An den I lafenanlagen des Bosporus und des Goldenen I Iornes sind sie geradezu Amphibien geworden.

Mit der Nahrung der Parias kann es im allgemeinen nicht gerade schlecht und karg bestellt sein. In den meisten Quartieren Peras, das den Hunden viel Prügel, viel Gefahren, aber auch viele Abfälle beschert, leben sie ausschließ­lich von Fleischresten. In den türkischen

Stadtvierteln, wo die Einwohner nur selten Fleisch genießen, haben sich auch die Hunde an pflanzliche Kost gewöhnt. Keinesfalls aber vegetieren sie irgendwo, wie uns manche Berichterstatter glauben machen, von Melonenresten und Apfel­sinenschalen.

Das Tagewerk der geregelt. Am Tage schlafen sie stunden­lang in dem warmen Sonnenschein. Eine Reihe zusammenge­rollter, schlummern­der Pariahunde bietet uns ein Bild tiefsten Behagens. Von Zeit zu Zeit richtet sich einer der Schläfer auf die Vorderbeine auf, gähnt ein paar mal und reckt den

P

arias ist streng

Vorderleib gemäch­lich in die Länge und Breite, um sich dann völlig aufzu­richten und auch der hinterenKörperhälfte die Segnungen eines gleichen Verfahrens zu bieten. Ist diese Arbeit vollbracht, so rollt er sich, vor Be­hagen zitternd, von neuem in einen schlummernden Knäuel zusammen.

Am lebhaftesten geht es zur Nacht­zeit her. Dann werden die grimmigsten Kämpfe mit den Nachbarn ausgefochten und so erbittert auf die lichtscheuen Lumpensammler eingeheilt, als wollten sie endlich Krnst machen und den Feind zerreißen, dessen Ahnen die I lunde sicher schon seit Jahrhunderten geräuschvoll aber unblutig befehden. Die Parias wissen ganz genau, wann in jedem 1 lause die Abfallstoffe vor die Tür geworfen werden. Hören sie das Geräusch der Blechkisten, in dem der Unrat gesammelt wird, so entsteht ein Höllenlärm.

Mit gesträubtem Nackenhaar und gefletschten Zähnen pflanzt sich der An­führer des Rudels vor den ersehnten Schätzen auf und läßt höchstens seine Lieblingsfrau einen fetten Bissen er­haschen. Die andern müssen warten, bis der Gewaltige unter beständigem Keifen und vielen scharfen Bissen seinen 1 lunger gestillt hat.

Ganz genau wissen sie auch die Zeit innezuhalten, da ein menschlicher Freund

5. Strassenhunde In Pera-Konstantlnopel.

Nerthu-.« photograpliisch aufgenommen von V. Schlcgel-Konstantinopcl.