Vereins-Angelegenheiten.

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Für die zollfreie Einfuhr von Ntostobst wurde geltend gemacht, daß die Obstweinfabriken, welche bei gute» einheimischen Ernten die sichersten Abnehmer seien, bei Fehlcrnten Gelegenheit haben müssen, vom Ausland billiges Obst zu beziehen, um ihnen die zu ihrem Bestehen erforderliche Grundlage zu geben.

Denken wir uns, die Anträge des sächsischen LandcSkulturrats würden Gesetz, so bekämen wir das Mostobst vom 16.September bis 15.Oktober «Mostobst ist für unser Land von hauptsächlichster Bedeutung) auch in guten Obstjahren zollfrei, aber unter zollamtlicher Kontrolle, daß das Obst auch wirklich gemostet wird. Der jetzige Zustand würde demnach in unglaublicher Weise verschlechtert. Die ausländische Konkurrenz bliebe bestehen, man könnte aber nicht mehr zu beliebiger Zeit ausländisches Obst mosten und müsitc einen Zoll- oder Steuer- wächtcr beiziehen. In Nord- und Mitteldeutsch­land liegt allerdings die Sache anders als bei uns; dort macht nicht der kleine Manu seinen Most, cs gicbt nur größere Apfelweinkellereien.

Die Zeit vom 16. September bis 15. Oktober wäre übrigens für die Einfuhr von Mostobst auch ungenügend, man müßte sagen vom I.Sept. biö 15. Nov. Eine Agitation im Sinne der Beschlüsse des sächsischen Landcskulturrats wurde dann von einem sächsischen BezirkSobstbauvcrein Oberes Elbthal" auch in Württemberg namhaft betrieben durch Verbreitung von Flugblättern au unsere sämtlichen Bczirksobstbauvercine und größeren Obstproduzcnten, nach meinen Wahr­nehmungen aber ohne Erfolg. Nur zwei Vereine scheinen die für uns maßgebende Situation nicht verstanden oder nicht genügend gewürdigt zu haben, der Bezirksobstbauvercin Marbach und der Obst­banverein Gcißlingen, OA. Balingen (s. n.).

Meine Herren! Ihr Ausschuß beantragt, die Frage 11, die ich Ihnen eingangs mitgeteilt habe, dahin zu beantworten:

Ein Obstzoll läge nicht im Inter­esse Württembergs. Wünschenswert unter den jetzigen Verhältnissen sind billigere Fracht­sätze für Frischobst in Deutschland, so daß wir dasselbe aus den entferntesten Gegenden billiger an die Bcdarfsplätzc erhalten können."

Wir wünschen also, daß durch billigere Fracht­sätze ein Ausgleich im Lande und auch im Reiche ermöglicht wird, daß man durch billigere Fracht­sätze in die Lage versetzt ist, aus reichen Erntc- bczirkeir Obst in Gegenden, welche Mißernten oder keinen Obstbau haben, befördern zu können; dann werden auch die Preise nie, oder wenigstens in absehbarer Zeit nicht, unter die SelbsterzeugungS- kosten hcrabgedriickt.

Die Gründe aber, welche uns veranlaßt

haben, gegen einen Obstzoll zu sei», sind kurz die, daß Württemberg trotz seiner guten Lage für den Obstbau nicht dem eignen Bedarf genügen kann. Sie kennen die Statistik aus unferni Obstbau", ich will daher nur in die Erinnerung rufen, daß selbst im Jahr 1888, dem zweitbesten Obstjahr des Jahrhunderts «das beste war im Jahr 1847), Obst eingeführt ivurde. Eine Auf­zeichnung über die Einfuhr wurde im Jahr 1888 nicht gemacht, dagegen betrug dieselbe in dem Jahr 1896, dem besten des letzten Jahrzehnt«, 3057 Wagen 10 000 kg. In dem abgclaufcnen Jahr 189!) wurden 8543 Wagenladungen Obst in Württemberg eingcführt, dazu noch rund 5 000 00«) kg 500 Wagenladungen Zibcben und Rosinen zur Mostbereitung. Die größte Obsteinfuhr in den letzten 12 Jahren >var 1887 mit 6283 Waggons. Man tvird berechtigt sein, aus diesen Zahlen den Schluß zu ziehen, daß auch bei vermehrten Obstanlagen der eigne Be­darf noch lange nicht im Lande gedeckt werden kann »nd wir auf den Import angewiesen sind. Hochcrfreulich sind die Zahlen aber, >vcil sie zeigen, daß unser wiirttembergisches Volk immer mehr den Wert des Obstgcnusses erkennt und Most dem Genuß des Biers und naincutlich des Schnapses immer mehr vorzieht. Sehen Sic nur auf die Alb, meine Herren, da ist cs vor 20 Jahren noch niemand eingefallen, Most ein- zulegcn, wie cs jetzt allseitig geschieht. Und im Schwarzwald ist es ebenso. Ein Zoll auf Frisch­obst aber würde die Leute von dem Obstgenuß durch die Verteuerung Iviedcr mehr abbringc». Obst muß immer mehr noch ein VolkSnahrungs- mittcl werden, und es ist ein Unding, ein Un­recht, die Volksnahrung durch Zölle zu verteuern.

Zu unscrnl Antrag, den wir den Bezirks- obstbauvereincn mitteiltcn, erhielten wir u. a. zu stimm ende Erklärungen von den BczirkS- obstbauvcreincn Biberach, Gmünd, Hechingen, Jsnh, Kirchheim (s. ».), Mengen, Ochscnhauseu, Ravensburg (s. u.), Sillenbuch, Waldscc (s. u.), von Grotz in Heilbronn (s. u.) u. a.

Wir Württcmbcrger sind übrigens nicht die einzigen, welche sich gegen einen Obstzoll wehren. So hat z. B. der Erfurter Krcisobstbauverein, der in Bezug auf Obstknltnr eine große Bedeutung besitzt, auf das Schreiben des Rcichsamts des Innern geantwortet, daß er auf jeden Fall Stellung gegen die vom ostclbischen Obstbau- Verein vorgeschlagcncn Zollsätze ans Obst und sonstige Gartcnproduktc nehme. Erinnert sei bei dieser Gelegenheit daran, daß schon früher die Erfurter Handelskammer sich gegen die von agrarischer Seite vorgcschlagencn Zollcrhöhunge» auf Obst, Geinnse und Blumen ausgesprochen hat. Schließlich will ich »och erwähnen, daß