— 356 — Der Wurzelstock dieser Pflanze ist kurz kriechend, mit verdickten Fasern und treibt einen 50—80 cm hohen Stengel, welcher mit breit¬ blättrigen, stark genervten, schön geformten Blättern besetzt ist, von denen die untersten eiförmig, stengelumfassend, die oberen jedoch schmäler und mehr lanzettlich zugespitzt sind, bis sich die ganz obersten zu linealischen Deckblättchen gestalten. Der Stengel trägt einen langen, traubenförmigen, einseitwendigen Blütenstand, mit schön grün bis düster purpur gefärbten, gestielten Blüten, mit sehr kurzer Honiglippe. Die Blüten sondern reich¬ lich fast zu jeder Zeit Nektar aus, der schon mit blosem Auge selbst dem Laien sichtbar wird und auf der Zunge einen feinen parfümartigen Ge¬ schmack zeigt. Diese Pflanze ist hauptsächlich zur Befruchtung durch die Wespenarten eingerichtet, welche auch fast unausgesetzt dem süssen Nektar nachstellen und dadurch den Pollenstaub von einer Pflanze zur anderen übertragen. Der bekannte bienenwirtschaftliche Schriftsteller Tony Kellen, sagt in seinem Werke: Das Leben der Bienen und die Wunder ihres Staates — Verlag der C. H. Beck’schen Buchhandlung in Nördlingen, dass die Bienen und Hummeln niemals den Honig dieser Pflanze berühren, was aber wahrscheinlich auf ungenauer Beobachtung be¬ ruht, da iclVschon wiederholt Bienen und Hummeln Honig sammelnd auf diesen Blüten fand, die selbst den Inhalt bis zur vollständigen Neige leerten und daher dort wo sie zahlreich Vorkommen auch den Imkern von Nutzen sind. Ausser dieser Art kommen in unseren deutschen Waldungen mir noch folgende bekannte Arten vor: Braunrote Sumpfwurz Epipactis rubi- ginosa. Gand. — Gemeine Sumpfwurz E. palustris Sw. — Kleinblättrige Sumpfwurz E. microphylla Siv. — Nach meinen Versuchen lassen sich diese reizende Orchideeuarten sowohl in schattigen Baumgruppen unserer Gärten, wie auch in Töpfen kultivieren, die, wenn es auch wilde Wald¬ pflanzen sind, doch Auge und Herz erfreuen können, durch anmutige Form der Blätter und Blüten. Jedenfalls ist es aber für den Natur- und Pflanzen¬ freund interessant, zu erfahren, dass sich dieser feine pulverförmige Samen 100 Jahre im Boden keimfähig zu erhalten vermag. Rohrbach bei Landau — Rheinpfalz, Valentin Wüst. Wetterregeln von A. von Fellenberg-Ziegler. (Schluss.) 3. Atmosphärische Erscheinungen und Vorgänge. 6. Starkes Alpenglühen am Abend ist meist ein schlechtes Wetter¬ zeichen und Regen in baldigem Anzug. 7. Beginnt der Himmel am Nachmittage sich grau zu überziehen, und fängt es gegen Abend an zu regnen, so regnet es auch meist die ganze Nacht über. 8. Morgenregen hört meist am Mittag auf. 9. Wenn bei schönem blauen Himmel die Abendröte den} Westen mit leichtem Purpur sanft überzieht, so kann man meist auf gutes Wetter rechnen. 10. Nach Regenwetter deuten einzeln gerötete hell erleuchtete Wolken am Abend, meist auf bessere Witterung. 11. Ist bei untergehender Sonne der Himmel fahlgelb, so tritt meist andauernder Regen ein. 12. Geht die Sonne in einem so weissen Lichtglanze unter, oder bricht sie gegen Abend mit solchem durch die Wolken, so dass man sie selbst in dem hellen Schein, der den ganzen westlichen Himmel über¬ zieht, nur wenig vorglänzen, dabei mehr weiss, als gelb, sieht, so ist meist stürmisches, regnerisches Wetter zu erwarten. 13. Verschwindet die untergehende Sonne hinter einer grauen Wolken¬ wand, und zeigt der Barometer dabei eine fallende Tendenz, so tritt am nächsten Tag meist Regen ein, wenn nicht etwa über Nacht (gegen Morgen) der Barometer wieder steigt. 14 Wenn feine Circuswolken, die dem Himmel ein sehr mattes Aussehen geben, am Horizont dunkler erscheinen und eine rötlich graue Abendröte bilden, in der abwechselnd glänzend dunkelrote Stellen in graue übergehen, und durch welche man die Sonne kaum bemerken kann, so deutet das auf schlechtes Wetter hin. 15. Ein sehr intensives Morgenrot bringt meist Regen. 16. Abendröte lässt in der Regel am nächsten Tage gutes Wetter erwarten, besonders, wenn der östliche Himmel grauviolett oder grün¬ grau, oder bläulichgrau erscheint. 17. Frühe Abendröte bei grösstenteils bedecktem Himmel deutet jedoch mehr auf Regen, als auf heiteres Wetter! 18. Ein weissgrauer, höchstens leicht geröteter MorgenhimmeJ lässt auf gutes Wetter schliessen. 19. Schnee bei Kälte zeigt oft Tauwetter an. 20. Fällt das Termometer nach längerem Frostwetter, während der Nacht noch um einige Grade mehr als bisher, überzieht sich im Laufe des Vormittags der Himmel mit Dunst, und stellt sich nach und nach Nebel ein, so ist das ein Zeichen des nahenden Südstromes (Föhn): es tritt also Tauwetter ein. Hält der Nebel längere Zeit an, und friert es dabei, so überziehen sich Bäume und Sträucher mit Reif. 21. Ein in der Frühe und Vormittags erscheinender Regenbogen lässt häufig noch mehr Regen am gleichen Tag erwarten. 22. Deutliches Funkeln oder Flimmern der Sterne in der Vornacht und am Abend deutet auf Regenwetter. 4. Wind. 1. Süd-, Südwest- und Westwind sind vorwiegend warme Regen¬ winde; Nord- und Nordostwinde sind dagegen, bei sehr oft dicht be¬ wölktem Himmel, vorwiegend kalt und trocken, oft aber auch von kaltem Regen begleitet (Schwarze oder graue Bise). Nordwestwind, bei uns Jurawind (Luft) genannt (Schönwetterbise), ist meist trocken, kühl und bringt meist schönes beständiges Witter. 2. Süd- und Westwind kündet also meist Regen an, der mit Südwestwind eintritt. 3. Starker, stürmischer kalter Westwind (abgeleiteter Nord- und Nordwestwindstrom) bringt nicht immer Regen, sondern oft trockenes, helles Wetter (er putzt den Himmel). 4. Windstille geht meist entschiedenem Witterungswechsel voraus. Legt im Sommer bei grosser Hitze der Wind sich plötzlich, so sind gewöhnlich Gewitter und heftige Regen zu erwarten. 5. Springt der Wind, dem Dove’schen Drehungsgesetz entgegen (sic!*) in wenigen Tagen mehrmals von Westen nach Süden, ohne meist viel Regen, dreht er sich dann bei Regen durch Westen nach Norden, so gibt es meist noch einige Regenschauer, die Wolken lichten sich meist, und der Himmel wird heiter; springt er aber wieder nach Westen zurück, so rechne man auf meist anhaltenden, oft kalten Regen. 6. Geht aber der Wind ruhig von Norden nach Nordosten, be- harrt hier mehrere Tage ohne Regen, dreht weiter durch Osten nach Süden und springt rasch wieder zurück, so bringt meist die nächste Zeit trockenes Wetter. 7. Mässig starke Winde deuten auf dauernd gutes oder schlechtes Wetter. 8. Heftige Winde deuten meist auf bevorstehenden Witterungs¬ wechsel (mit Ausnahme der Frühlings-, Herbst- und Gewitterstürme). 9. Nach starken elektrischen Entladungen (besonders weit ver¬ breiteten und von Hagelschlag begleiteten Gewittern) folgt (besonders im Vorsommer) gewöhnlich einige Tage lang windiges (stürmisches und regnerisches) veränderliches Wetter 1 mit oft sehr bedeutendem Sinken der Temperatur in weitem Umkreis. 10. Erscheint im Sommer die Sonne bald nach einem Regen und bei windstillem Wetter und heiterem blauem Himmel, so ist meist noch mehr Regen zu erwarten, besonders dann, wenn ihre Strahlen „stechen“, Fliegen und Insekten zudringlich und stechlustig sind, also lästig für Mensch und Tier werden. 11. Im Allgemeinen deuten einzelne Wolkenfetzen, die hinter einander am Himmel ziemlich rasch einherziehen, auf stärkeren Wind, ziehen die Wolken sehr tief und rasch, so dass man deutlich erkennt, wie sie zwischen der höheren Wolkendecke und dem Erdboden dahin¬ treiben (sich kreuzende Winde), so wird der Wind meist stürmisch. 12. Doppelte Wolkenlagen, die von verschiedenen Winden ge¬ trieben werden, hält man für ein untrügliches Zeichen von schlimmen Wetter. Singende Bäume. Unter den Akazien Afrikas, welche im Sudan oft waldartig Hun¬ derte von Quadratmeilen bedecken, ist eine der interessantesten die Aeacia fistula, welcher die Sudanesen den Namen Pfeifenbaum (Ssoffar) beige¬ legt haben. Die weissen elfenbeinernen Dornen dieser Akazie werden stets durch Insektenlarven, die sich im Innern entwickeln, monströs um¬ gestaltet und schwellen an der Basis zu kugeligen Blasen von der Grösse eines Kubikzolles an. Nachdem das Insekt vermittelst eines kreisrunden Loches ausgeschlüpft ist, bildet dieser Dorn einen Resonanzboden, welcher im Spiel der Winde deutliche Flötentöne erzeugt. In den Wintermonaten gewährt der entlautbte Wald der Flötenakazien durch das kreideweisse, gespenstige Astwerk, welches mit abgeblasenen Stacheln bekleidet, wie von Schneeflocken bedeckt erscheint, einen sonderbaren Anblick. Das Flöten und Pfeifen von tausend Stimmen erhöht das Eigentümliche eines solchen Anblickes. Es sind schon vor Jahren Sameu der Flötenakazie nach Kairo gebracht worden, woraus sich dort inzwischen grosse Bäume entwickelt haben, welche ebenfalls an allen Stacheln die krankhafte An¬ schwellung und Durchlöcherung durch ausschlüptende Insekten darthun. Dies ist in der That eine sehr sonderbare Erscheinung und sie veranlasst uns zu der Frage: Wie hat sich das Insekt, welches die Veranlassung dazu gegeben, im Samen erhalten, oder wie hat es in Kairo seinen Baum wiedergefunden? Die neuere Ansicht geht dahin, dass, da der Weg aus dem Sudan bis nach Kairo für ein derartiges Insekt denn doch ein zu weiter sein dürfte, dasselbe sein Ei in die Akazie ablagert, wie es bei uns die Erbsenkäfer auch zu thun pflegen, so dass mancher Same nicht ganz von der Larve zerstört, dennoch keimfähig bleiben kann. (Köhlers Wirtschaftsfreund.) *) Wie kann auch ein Mensch (wenn auch ein gelehrter Professor!) ein Drehungs¬ gesetz der Winde aufstellen? Ist das nicht anmassend?! * ■' ? i l . i & A W* Schluss. Mit dieser Nummer geht der sechste Jahrgang zu Ende und mit dem Jahr 1893 wird ein neuer, der siebente, beginnen. Das zum jetzigen Jahrgang gehörende Inhaltsverzeichnis wird mit einer der nächsten Nummern in die Hände aller lieben Leser gelangen. Diejenigen unserer geschätzten Leser, welche die Zeitung, durch die Post oder den Buchhandel beziehen, ersuchen wir freundlieh um recht¬ zeitige Erneuerung des Abonnements, denjenigen Lesern aber, welchen die Zeitung von uns direkt unter Streifband zugesandt wurde, werden wir auch ohne vorherige Bestellung dieselbe weiter zusenden, in Fällen aber, wo kein Weiterlesen beabsichtigt wird, bedarf es keines Abbestellens der Zeitung, sondern es genügt die . Annahmeverweigerung der am 10. Januar nächsten Jahres erscheinenden zweiten Nummer. Verantwortlicher Redakteur Friedr. Huck. Druck und Verlag von J. Frohberger in Erfurt. A |