24 ! ! I Obstpyramiden-Gärten und saubere Gemüse-Abteilungen vollenden diese modernen, hochvornehmen und geschmackvollen Anlagen, die eine Zierde Roms, leider wenig zugänglich sind. Feierlich senkte sich die Nacht hernieder über die Riesenpaläste, feierliche Stille ringsumher, denn das Getöse der Weltstadt dringt kaum bis zu diesen Höhen, und blauer und violetter Nebeldunst lag auf den Hügeln Roms, als die Thore des Vaticans sich hinter dem dankbaren Wanderer schlossen. (Die Gartenwelt.) Heinrich VI. als Gärtner. In seinen Werken gedenkt Heinrich Zschokke unter anderen auch der ersten Liebe Heinrichs IV. und erzählt, wie dieser aus Zu¬ neigung für ein junges, schönes Mädchen, Beete anlegte und Blumen pflanzte. Er hatte dasselbe bei einem Armbrustschiesseu kennen gelernt: Als nämlich alle Pomeranzen, die den Schützen als Zielscheiben dienen mussten, durch die Schüsse unbrauchbar geworden waren, und Heinrich, gereizt durch die wohlgezielten Schüsse anderer Schützen, einen Beweis seiner Treffsicherheit geben mochte, und nach einem Zielgegenstand suchte, gewahrte er unter der Menge der Zuschauer ein Mädchen, die an ihrer Brust eine Rose trug. Es war eine Rose, sagt Zschokke, „wie das Mädchen selbst, in anmuthiger Fülle noch halb geschlossen, zart gewölbt mit blassen Blättern um den hochroten Mittelpunkt“. Heinrich bat um diese Blume. Das Mädchen errötete und gab ihm lächelnd ihr Ebenbild. Er lief damit zum Ziel, steckte die Rose auf und ging zurück zum Schützenplatz. Der Herzog Guise, der nach dieser Rose schoss, fehlte dieselbe, Heinrichs Pfeil aber durch¬ bohrte das Herz der Blume. Die durchschossene Rose sass am Pfeil fest wie eine Blume um ihren Stiel. Er flog damit zu dem artigen Mädchen, um ihr die Rose mit dem Pfeil zurückzugeben. „Euer Geschenk brachte mir Glück!“ sagte er zu den Mädchen. „Euer Glück war aber das Unglück der armen Rose!“ erwiederte dieses, indem sie die Blume vom Pfeil zu befreien suchte. Das Spiel war aus. Die Schützen zogen sich ins Schloss zu¬ rück; die Zuschauer gingen auseinander. Das junge Mädchen, mit der durchbohrten Rose am Pfeil, begab sich, begleitet von ihren Ge¬ spielinnen, auch hinweg. Diese plauderten gar viel und beneideten die Kleine. Diese aber war ganz stumm und betrachtete nur die durchbohrte Blume; und sah dabei aus, als wär ihr eigenes Herz durchbohrt. Heinrich, als er auf der Treppe des Schlosses stand, suchte unter den Zuschauern nochmals das Mädchen zu entdecken, doch vergeblich. Er hatte nun keftie Ruhe mehr. „Wer ist das kleine artige Mädchen? so frug er einen Edelmann seiner Mutter, der Königin Johanna.“ „Es ist die Tochter des Schlossgärtners“ antwortete dieser „und macht dem Berufe ihres Vaters wie sich selbst mit ihren Namen alle Ehre. Jetzt heisst sie Florette und ist sie älter, Flora.“ „Florette“ sagte Heinrich und wusste selbst nicht, was er sagte. Er sah sich nochmals um und wusste doch, es war nichts zu sehen. Heinrich lief, sobald er sich im Schlosse frei machen konnte, im Schlossgarten herum und betrachtete alle Blumen mit grösster Liebe und Aufmerksamkeit, um schon aus ihrer Schönheit zu erkennen, ob Florette sie gepflanzt und gepflegt habe. Er wäre am liebsten ein Gärtner an Florettens Seite geworden. Das Mädchen aber konnte den ganzen Tag nicht aus den Träumen von dem Augenblick erwachen, da er vor ihr stand mit dem Pfeil, und die ganze Nacht konnte sie nicht einschlafen. Bei beiden war die Liebe ins junge Herz ein¬ gezogen. Es durchschauerte Heinrich, als er am Ende des weiten Schloss¬ gartens, nahe beim Born de la Garenne, die Wohnung des Schloss¬ gärtners, Florettens Vater, erblickte. Er näherte sich dem kleinen, weissen, niedlichen Häuschen, es war aber niemand da am Fenster, als sein Pfeil in der Rose. Da erschrak er, drehte sich schnell um und lief in den Garten zurück und hatte Herzklopfen, und es verfolgte ihn doch niemand! Nun gaukelte ihm den ganzen Abend das Bild des Mädchens vor seinen Augen. Es war im Schlosse ein kleiner Ball veranstaltet; die Fürstinnen, die Edelfräulein, die Herren alle tanzten. Aber kein Fräulein tanzte so schön vor Heinrichs Ein¬ bildungskraft als das Gärtnermädchen. Und wenn er selbst mittanzte, sah er sich weniger nach seiner Tänzerin als immer nach der Thiire um, wo die Zuschauer standen. Er sah sich aber vergebens um. Anderen Tages war Heinrich schon früh im Schlossgarten. Da wanderte er mit den Grabscheit auf der Schulter zum Garenne-Brunnen. Denn rings um den Brunnen war es gar zu verwildert und vernach¬ lässigt; vermutlich, weil niemand dahin kam, als wer Wasser holen wollte. Er grub rings einen weiten Kreis im grünen Rasen um den Brunnen, und grub den ganzen Morgen. Der Schweiss träufelte ihm von der Stirn. Und wenn er müde und durstig ward, giug er zum Brunnen, der immer silberklar sprang, und trank. Von der Arbeit begab er sich in das Schloss. Da sass er nun traurig in seinem grau¬ grünen Zimmerchen mit den spitzgewölbten Fenstern. Wär er nur noch ein Viertelstündchen länger geblieben, so hätte er einen Zuschauer gehabt, denn Florette kam zum Brunnen. Und als sie den weiten umgegrabenen Kreis im Rasen erblickte und die Anlage zu neuen Blumenbeeten sah, dachte sie: Der Vater muss schon früh auf gewesen sein, oder liess er es durch die Knechte thun? Wie sie nun heimkam und den alten Vater fragte, that dieser sehr verwundert und wusste von allem nichts. Er begab sich zum Brunnen und sah die Arbeit und sprach erzürnt: ,,Das haben meine Burschen ohne mein Geheiss gethan.“ Und er liess die Gärtner¬ burschen kommen und schalt sie. Aber da wollte es keiner gethan haben. Das ging dem Vater durch den Kopf und er begriff nicht, wer es wage, ihm im Schlossgarten in sein Amt zu pfuschen. Also beschloss er, sich auf die Lauer zu stellen. Er lauerte richtig den ganzen Tag, erlauerte aber nichts. Denn die königliche Familie war auf ein benachbartes Schloss gereist und kam erst spät Abends zurück. Der junge Fürst wäre gern daheim geblieben. Folgenden Morgens war wieder ein anderes Fest und der junge Fürst durfte da¬ bei nicht fehlen. Darum benutzte er die frühesten Stunden zur Gärtnerei; da grub er und rechte die neuen Beete ebeD, nahm Blumen¬ stöcke, wo sie im Garten zu dicht standen, und pflanzte sie um den Gartenqueil. Es sah ihn niemand, und was noch betrübter war, er sah auch niemand, am wenigsten die, die er gern gesehen hätte. (Schluss folgt.) Blumenpflege in Haus und Garten. Woran erkenst Du die schönsten Blumen ? An ihrer Blüte! Woran erkennst Du die besten Menschen? An dem Gemüte! Stell’ eine Blume vor das Fenster Dein, So lässt sie Dir keine bösen Gedanken herein, Steck’ vor Deine Brust einen Blumenstrauss, So gehst du all’ Weg mit einem Engelein aus. Rätsel. In eines Strauches Schatten Schläft Hans gar sanft und süss, Er träumt von seiner Grethe, Träumt sich in’s Paradies. Da naht Feinsliebchen leise, Weckt ihn aus seiner Ruh Und ruft des Strauches Namen Dem Träumer liebend zu. Da lächelt froh der Bursche, Erhebet sich geschwind, Raubt einen Kuss dem Liebchen, Nennt es sein golden Kind. Wie ruft die Maid den Schläfer? Wie heisset jener Strauch ? Auf unser’n Heimatfluren Siehst, Leser, du ihn auch. (Häuslicher Ratgeber.) Goldkörner aus Jeremias GotthelPs Werken. Das wahre Glück des Menschen ist eine zarte Blume; tausender¬ lei Ungeziefer umschwirrt, ein unreiner Hauch tötet sie. Zum Gärtner ist ihr der Mensch gesetzt, sein Lohn ist die Seligkeit; aber wie Wenige verstehen ihre Kunst, wie viele setzen mit eigner Hand in der Blume innersten Kelch der Blume giftigsten Feind; wie Viele sehen sorglos zu, wie das Ungeziefer sich ansetzt, haben ihre Lust daran, wie dasselbe nagt und frisst, die Blume erblasst! Wohl dem, welchem zu rechter Zeit das Auge aufgeht, welcher mit rascher Hand die Blume wahret, den Feind tötet; er wahret seines Herzens Frieden, er gewinnt seiner Seele Heil, und beide hängen zusammen wie Leib und Seele, wie Diesseits und Jenseits. Dem fliegenden Blumenstaub gleichen alle Worte: sie sind Geister der Lüfte, fliegen im Winde, hängen in Menschenuhren sich und lassen sich tragen, wohin ihre Füsse gehen, lassen sich absetzen, wo sie stehen und sitzen, keimen und wuchern, und wer sie hergetragen, vergisst man. Es ist ein beträchtlicher Unterschied zwischen halb- und ganz reifen Früchten — überhaupt zwischen halb- und ganz reifen Menschen. In einer Schule wird mancherlei ausgesäet, aber, was aus jedem Samenkorn wird, — das lehrt erst das Leben. Verantwortlicher Redakteur: ITriedx. Huck« Druck und Verlag von J* irob-oergrer in Erfurt# |