ERFURTER Botanische und naturwissenschaftliche Blätter. No. 1. Beilage zur Erfurter illustrierten Gartenzeitung. 1889. Erscheint am 20. eines jeden Monats. Druck und Verlag von J. Frohberger in Erfurt. Die „Botanischen und naturwissenschaftlichen Blätter" bringen allerlei Interessantes aus dem Mineral-, Pflanzen- und Tierreiche: lehren vom Aufbau und Wesen der Pflanzen u. s. w., machen mit den für den Gartenbau nützlichen und schädlichen Tieren bekannt, bringen Biographien berühmter Naturforscher u. s. w. u. s. w. Die Uebergänge in den Naturreichen. Wenngleich, mit flüchtigem Auge gesehen, die Naturreiche; das Mineral-, Pflanzen- und Tierreich, sich deutlich von einander unter¬ scheiden, so sind dennoch nicht für jedes Reich feste uud bestimmte Grenzen gezogen, sondern die einzelnen Reiche gehen in einander über. Ein Stein ist für uns ein toter Körper, scheint uns nichts mit einer Pflanze irgendwie gemein zu haben und doch nähert er sich dieser. Es giebt Steine, welche aussehen, wie aus Blättern gebildet, manche erscheinen wie niedrige Moose und Steinflechten, andere wach¬ sen als feines glänzendes Haar, der Asbest ist aus langen feinen Fäden zusammengeballt, die man von einander lösen und verspinnen und verweben kann; manche edle Metalle treiben zwischen Felsenriffen gleich Bäumen mit Aesten und Laubwerk. Im Ganzen genommen, ist das Mineralreich noch nicht hinlänglieh genug erforscht worden, doch obige wenige Beispiele zeigen deutlich genug, dass auch die Steine, Metalle u. s. w. Hebt tote, leblose Körper sind, sondern wach¬ sen, manche von ihnen einen sichtbaren TJeber- gang, zur Pflanzenwelt bilden. TT v, W ' e w * r 811 manchen Stellen einen r •■ (?iP ng des Mineralreichs zum Pflanzen¬ ölen bemerken, ebenso können wir auch wahr- enmen, wie sich mancherlei Pflanzen dem * lerreich nähern und zu diesem gleichsam «ae Brücke bilden. vielf u ■ Pnanze n nähern sich an sich schon d«m c den T 'eren. Sie werdeD geboren aus wie i I 1?? wie das Tier aus dem EL So zu b schon die erste Nahrung für das sind U £ ende Gescu °P f in sich birgt, ebenso stoff e aUCl } U« Samenkorne die nötigen Nähr- nefrinrT anden ' den Keiln von seinem Lebens- Erde b küf bis - er dur chbricht und sich in die seinem Tu Allem zu versehen, was zu Mam"wT 80 not ig ist. Was dem Tiere das , ist d er pfla^g Wurze i U nd w i e die Tiere Blut haben, so haben die Pflanzen Säfte, welche dieses vertreten. Es herrscht unter ihnen männliche und weibliche Geschlechts- ordnun*r. sie begatten sich, indem der männ¬ liche Blütenstaub auf die weiblichen Blüten übertragen wird. Zu dieser Zeit prangt die Blume in ihrer ganzen Anmut. Bei manchen Pflanzen nehmen die männlichen Blütenteile dann eine veränderte Stellung an und nähern oder neigen sich zur weiblichen Blütennarbe. Die Pflanzen athmen und dünsten aus, sterben, wenn sie keine Nahrung haben oder sie von übermässiger Hitze oder Kälte zu leiden ha¬ ben. Viele zeigen einen Schlaf, indem sie Abends ihre Blätter zusammenlegen oder ihre Blüten schliesen ; andere wieder erwachen und entfalten ihre Blülen eist abends. Sie nähern sich so in vieler Beziehung den Tieren, sind gleichsam an den Boden festgewurzelte Tiere. Das schüchterne Fühlkrant oder Rührmich¬ nichtan (Mimosa pudiea) verrät sogar tierische Empfindungen, denn, wenn man das Pflänz- chen berührt, so erschrickt es gleichsam, legt seine Blättchen zusammen und lässt seine Zweige sinken; zeigt uns so, dass Pflaozen- und Tierreich in einander übergehen. Ein Gleiches verraten uns auch die sogenannten „Fleischfressenden Pflanzen", welche kleine Tiere, wie Mücken und dergl., so bald sich diese auf ihnen oder in ihren Blüten nie¬ derlassen , ihre Blätter schliessen und sie so lange geschlossen halten bis deren Leben er¬ loschen ist. Mehr noch als wie auf dem festen Lande, scheinen im Meere die Uebergänge vom Pflan¬ zen- zum Tierreiche vorhanden zu sein. Die Meerflora ist zwar noch erst wenig erforscht worden, doch verschiedene Anzeigen deuten auf das Wahrscheinliche einer solchen Ver¬ mutung hin. Die Koralle wächst, gleich einer Pflanze, im Meeresgrunde. Sie ist halb Pflanze, halb Tier. Sie ist wie die erstere an die Stelle gebunden, aber in ihrem Innern enthält sie |