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üdischcr Volkofrcund
Monaiz-veilage zum ״Israeli!*•
Verantwortlich« Redaktion: Rabbiner Dr. B. GCIolf in Köln.
Die Mitglieder des
werde« gebeten, ihren «rlirn^ für da» lausende Jahr bi» zum
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an de» Rendanten de» ׳Verein» ׳Herrn bi II»»m»rr in ^!unleir« I,« 1, einzusenden, damit die Anstellung des ״Jüdischen ׳VolkSsreunde»" keine Unterbrechung erleidet.
frage und üntwort.
Des Lebens größte ?frage in das Leben, und die Antwort lautet Leben.
־ !:rr•; ־־ •: und ■ : עכז־־ר ־־״ bilden in ihrer Schlickt heil die ganze Lebenspbilosophie. Indem aber die Ge Wandung des tiefsten lßcdantcns eine so einfach: und anspruchslose ist, vermag fie jeder zu erfaffen. GS braucht niemand vom Stande der Gelehrten zu sein und den ganzen Apparat technischer Ausdrücke zu beherrschen, es braucht niemand erst zur Ehren legion der Gebildeten zu gehören, die sich damit begnügen, die ältesten Gedanken nur immer in neuer ?form, manchmal wenig originell genug in Spiel und Gegenspiel, in Charakteren und Ereignissen phantastisch wiederholt zu sehen, es braucht niemand erst in der Schule des Lebens sich Erfahrung ge sammelt und Kenntnis ersessen zu haben, bis er Pflicht und Aufgaben, Ursprung und Zweck des Hierseins erkannt bat: Dem Gelehrten und Unge lehrten, Reichen und Armen, dem Gebildeten und U11 gebildeten, dem Jungen wie dem Alten verständlich
Zsseuilleton
va; Mmcbagebel.
״Roch in derselben Rächt, nachdem uns der Rabbi verlassen Halle", cnigcgnetc Iankel. ״Meine Frau und ich waren glücklich wegen der groszen Ehre, die der Besuch des Rabbi für unsere arme Hüne be- deutete. Aber als wir zurück zu unseren Kindern gingen und sie hungernd und nach Brot schreiend aiitrasen. wurde uns das Schreckliche unserer hilstosen Lage erst in ihrer ganzen Furchtbarkeil klar. Denkt Euch, Rabbi, in der weiten Pnßta allein mit neben hungernden Kindern! Es war schon manches mal vorgekommen, daß wir ״ns hungrig zu. Belle leaen muhte», aber bei aller Rot war uns doch das Bell geblieben. Das halten wir jetzt auch nicht mehr, denn unser ganzes Bellzeug Hallen wir ja auf Ge- heiß dcö Rabbi verkauft. Wir vertrösteten die Minber aus morgen und legte» uns aus den bloßen Fußboden zur Ruhe hin. Lange konnte ich keinen Schlaf finden. Aber als ich ermüdet von der ^lnstrengung und Auf- regung des Tages kaum eine Stunde geschlafen hatte, klopfte es leise ans Fenster. Draußen stand ein mir gut bekannter Bauer, Niklas. der im ersten Hause des benachbarten Toiscs wohnt. Er War zwar r:u an und für sich gutmüthiger Mensch, aber stark dem Trnnke ergeben, war er selten nüchtern. In seiner
redet die Sprache jüdischer Weisheit zu uns. Den» das, was jeder Mensch haben soll, will sie uns geben, will sie als Grundlage schassen für das, was nur Wenige unter Wenigen fick erwerben können. Herzens bildung will sie spenden. Dkme Herz durchziehen die Adern umsonst den LebenSkörper, sie führen den Organen keine 'IkabrungSstoffe zu. Tie sittliche Kraft ist ׳ die Bedingung für gedeihliebe Geistesarbeit, so lehrt die !üdische Anschauung und verurteilt damit die Auffassung, welche im Talent den Freibrief für Verirrungen aller Art erblickt. Wohl konnten zwei große Gelehrtenschulen Jahre lang darüber streiten, ob es nicht für den. Menscken besser sei. daß er nie daS Lickt der Welt erblickt hätte. Aber was sic wiffcnschastlick vern-inen mußten, sie mußten es in der Wirklickkeil anerkennen: den Wert dcs Lebens. Ter Wcrt des Lebens, so einigten sie sich sckließlich, liegt im Rückblick auf. das Leben: dock der Rückblick auf das Gelebte erhält seinen Wert nur im Ausblick auf das Leben, das noch zu leben bleibt. Leben und Lebensinhalt bildet immer wieder die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Tiefes große Spiel von Fräse und Antwort, das wir Leben nennen, ist die Grund idee für die Sinnbildspracke unseres Seder. Tcck wenn die Zukunft unseres Lebens es der istegrnwart erst wert macht, wenn unsere Vergangenheit und unsere Gegenwart gleichsam — mag auch der Ausdruck unrichtig klingen — in der Zukunki wurzelt, wenn ja unsere Volksbestimmung noch erst in der Zukunft liegt, und wir darum noch immer jugendstark und lebensfrisch geblieben sind, dann darf es kein Wunder nehmen, wenn der ganze Seder vor allem unserer Jugend, unserer Zukunft, gilt. ״Damit die Kinder ausmerken und fragen," ist der Grund manchen Gebrauches in der Sedernacht. Fragen, fragen sollen sie nach Bedeutung und Inhalt
Trunkenheit gab es keine Roheit, deren er nicht fähig gewesen wäre. Er verkehrte oft in meiner Kretschme, aber um diese ungewöhnliche Rachlzcit befremdete mich sein Besuch.
״Was wollt Ihr so spät Niklas s" srug ich erstaunt.
״Iankel ich inuß einen Schnaps haben", antwortete der Angeredele. Fast eine halbe Stunde laute ich zu Dir um einen guten Schnaps: mach nur rasch aus und laß mich nicht zu lange warten: ich habe Turst und inuß bald wilder zurück."
Mir trat der Angstschweiß auf die Stirne: ich halte nicht einen Trop'en Branntwein im Hause. Hätte ich das dem Niklas gesagt, er hätte mir niemals ge- glaubt und wäre im Stande gewesen, die ganze Wohnung in Trümmer zu schlage», um Branntwein zu suchen. Aufmachen mußte ich ihm jedenfalls. Ich zündete Licht an, lieft ihn am Tisch niederseven, nehme meinen großen Branntweinkruq und füllte ihn aus der Pumve im Hose halb voll und schenkte ihm ein Glas voll ein. Icvl »iußtc mein Betrug zu Tage kommen: ich war aus alles gefaßt. RicklaS prüfte den Branntwein wie ein geübter Fachkenner, indem er ihn eine Zeit lang auf der Zunge liegen ließ und nahm bann bedächtig einen zweiten und dritten Schluck.
״Iankel" Hub er darauf begeistert uu ״Ju gurr» Schnaps hast Tu Tein Leben nicht gehabt: gieb mir noch ein Glas voll. Aber das muß ich Dir sagen, Geld habe ich keines,"
Hätte mein nächtlicher Besuch das Lob meines 2 ?T!!nn?ns?£!?ff?‘? nidjt ?d Df rfünbfi,
das ganze für Hohn und Spott gehalten. Aber sein schmerzliches Bemerken kein <HeIb zu besitzen, kam so
ihres Judentums, nach Herkunft und Daseins berechtigung ihres Volkes. Denken und fragen, fragen und denken soll der Jude. Nicht blind, nickt gedankenlos soll er durchs Leben gehen. ( 5 in Be n ußtsein soll er von dem haben, was er ist, und ge schicktlich soll er sein Bewußtsein begründen. Denn ״daß wir einmal alt geworden waren im Lande" und dcn Anfang unseres Dortseins vergessen hatten, das bat uns des Landes verlustig gemacht und uns in die Länder verstoßen, in deren Mitte wir noch immer nach der Erlangung des vollen Menschl'nrecktes schmachten, das p,r jüdische Staat jedem zu ge währen hatte, der den einen Gott, den Vater aller Menschen anerkannte. Gerade darin aber siebt das von Gott beariindrke jüdische Volk mit seinem von ebendiesen׳ allen Menschen oleick nakestebenden, sie alle liebenden Menschheitsvater gegebenen Volksgeseh seine Bestimmung. Nickt» Neues, nichts Besonderes, nickts llnsaßbareS, nicktS 'stebeimvi» volles. nicktS Jenseitiges, nichts Unerreichbares will die Taurob als unser Ziel hinstellcn, will das Juden tum sein oder auch nur scheinen. Den Gedanken und das Bewußtsein von einem einzigen Gott, der die Welt geschaffen hat und Gesetze der Natur gegeben, und noch jetzt in jedem Momente Herr ist über die Walt ung ihrer Kräfte, will es wach erhalten in der Menick heit. Daß es einen einzigen Gott gibt in der Ge schichte, der nicht ruhet und nicht aufhört, sein Or rickt zu üben im Kreise der Menschheit, sie zu er heben und sie zu fördern, zu belohnen und zu strafen, doch immer sic zu erziehe», zu veredeln, zu adeln, da zu wurde aus der großen Mall, ein kleiner Kreis erkoren, dem das Gottesbewußtsein unverlierbar ein geprägt ward durch seine unvergleichliche Geschickte. An seinem Dasein nach allem Verhängnis, an ׳ein-m Leben nach allem Tod, an seinem Mut nach allen verzrneifelten Nöten, an seiner Heiterkeit nack aller
lies aus dem Herzen, daß ich merkre, cs war ihm heiliger Ernst.
״Wenn er Euch schmeckt, Niklas, das Bezahlen bat Zeii", erwiderte ich, und schenkte chm ein zweite» Glas voll ein.
Er trank es in kleinen Clalione» leer und ver- kündete zwischen jedem Schluck das Lob meines Branntweins in ganz überschwänglicher Weise.
״Niklas" fragte ich ihn. ״Ihr seid mir immer lieb und werth, ubec wieso koumit Ihr heute zu so unge- wöhnlicher Stundet"
״Seit acht Tagen ist mein Ziegenstall zusammen׳ gefallen. De« Tags komme ich wegen der Feldarbeit nicht dazu ihn wieder aufzurichten und da muß ich eben die Nacht mit zu Hilfe nehmen. Diese Nackt habe ich nun einen so hölli'chen Durst bei der Arbeit bekommen, daß ich mich durch einen guten Scknavs bei Dir stärken mußte. Aber jetzt muß ich wieder fort. Mein Peter dilti mir, und wenn ick «! lange fort bin. merkt er den Grund und will auch trinken. Ich habe aber für einen kein Geld, für zwei reicht'S gewiß nicht. ״Tu borgst mir doch Iankel'k" fragte er. indem er sich zum Heimweg erhob.
״Geht nur getrost nach Hause und kommt zu jeder Zeit wieder, wenn Ihr Durst habt, Niklas!"
Ich war froh den nächtlichen Besuch so rasch los geworden zu sein, löschte das Licht au- und legte mich wieder aus den Fußboden nieder. Ader lange konnte ich keinen Schlaf finden. Die Geschichte mit dem Brunnenwasser, das der Niklas 1״- d״a oe:!eu schnaps der Welt lobte, wollte mir nicht aus dem Kopfe. Ich hatte mir. nachdem er fort war selber ein Glas voll