Nr. 14 u. IV Leite 18.

Der Israelit.

Trauer, an ferner Hoffnung nach allem Leid erweist

stch dir allmächtige Hand, die diesen kleinen Volks- körper allen Mächten zum Trotz, allen Gewalten zum Hohn, aller Wahrheit zum Sieg und aller Gerechtig- keit zum Triumph erhalten bat. ״Knechte waren wir Pharao in Aegypten." Ohne Land und ohne Macht, ohne Freiheit, ohne Selbständigkeit, ja ohne Menschenw-rt und Menschenachtnng, ohne Selbst- bewnßtsein, ohne Selbstachtung; geboren und be- stimmt, die Körperkräste in den Dienst einer toten Arbeit zu stellen. Steinmaffe zu türmen aut Stein- maste, geistig verödet, sittlich verkommen, nicht ein- mal des Mutes fähig zu weinen, wenn die un schuldigen Kinder ins Wasser geworfen, nicht fähig zu klagen, wenn die grauen geschändet wurden, nicht fähig zu seuizen, wenn der Druck der Arbeit zu schwer lastete auf dem längst gebeugten Rücken. Stolz und Unterwürfigkeit, Grausamkeit und Stumpfsinn, Ge׳ wolt undWillenlosigkeit standen sich gegenüber, Ueber mut und vollendete Ohnmacht. Da führte uns Gott in Seiner Milde gegen uns. in Seiner Strenge gegen Aegypten, von dort hinaus durch die Tat Seiner starken Hand und Seines ausgestreckten Armes, die weithin sichtbar ward als Wahrzeichen allen Völkern. ״Und wenn Gott in Seiner unbedingten, nie fr», fiegbaren Güte. Gr sei gelobt durch unsere Lebens- treue unsere Väter nicht aus Aegypten hinaus geführt, so wären wir und unsere Kinder und Kindes- kinder unterwürfig geblieben Pharao in Aegypten." Wäre nicht damals, da ein mächtiger König eines starken Landes ein ganzes Volk in den Staub zu treten wagte, ein Volk ohne Annehmer und ohne Fieund. ohne Waff: und ohne Wehr, wäre nicht damals der allmächtige Arm der Gerechtigkeit vom Walter des Rechtes entblößet worden, hätte die all gewaltige Hand nicht gezeigt, dasi sie das Szepter schwingt über Könige und Länder׳ nie wäre der Welt das Lickt der Erkenntnis ausgegangen, dasi alle Menschen Menschen sind. Gewalt und Unrecht, Knechtung und Verachtung hätten die Welt in ein Jammertal verwandelt, Verrohung und Entsittlich ung hätte der Menschheit Tod und Verderben ge bracht. Dasi die Geschlechter alir sahen und hörten, sehen und hören, dasi es eine Macht gibt, die sich des Schwächsten annimmt. die nicht duldet, dasi Volk wütet gegen Volk, der Mensch den Menschen mordet, der Bruder den Bruder mit Lüsten tritt, eine Macht, die Pharaonen zu Grunde richten und Heere in das Meer versenken kann, blühende Gefilde in Oedt zu verwandeln vermag und Staaten in Trümmer zu werten, da? ist eS. was den Tyrannen aus seinem Tbrone nicht zur Ruh« kommen läsit und die Gewalt- Haber auf ihren Sesteln plagt: Die Furcht vor dem Freibeitsrus der Menschen, der einmal in Israel und durch Israel in die Menschenwelt bineingerufen. nicht verstummt, bis er zur Wahrheit qeworden in der Ge- staltung der Staaten, in den Begriffen der Menschen-

eingeschcnkr, cs schmeckte aber wie frisches aber durch- ans nicht wie gebranntes »Wasser. Dadurch, dasi viel- leicht noch einige Tropfen Spiritus in der Flasche waren, hatte eS einen leichten, kaum merklichen »Brannt- weingeschmack, aber da- war auch alles. Ich mochte so etwa zwei Stunden gelegen haben, der »Morgen sing bereits zu dämmern an und ich wollte eben noch einmal einschlasen, als eS zum zweiten »Male an das Fenster klopfte. Schon von meinem Lager auS er- kannte ich Niklas. Al« ich ihn nach seinem »Begehr fragte, antwortete er:

״Iankel mach die Haustür aus und gib mir noch einen Schnaps von der gmen Sorte. Du hast gesagt, ich könnte jeder Zeit wiederkommen: er ist zu gut!"

Ich entsprach seinem Wunsche. Der Krug stand noch auf dem Tische: ich schenkte ihm ein Glas voll ein und wieder verkündete er den Ruhm meines »Brannt- weins.

.»Wenn ich Geld hatte, würde ich noch ein zweites !rinren״, sagte NiNas. ״aber dar wäre zu viel ver- langt."

Da ihm mein »Branntwein so gut schmeckte und ich noch einen ganzen Brunnen voll im Hose hatte, so schenkte ich ihm noch ein zweites Glas ein.

^Innk,l, D» bist dock ein guter Kerl" fangt darauf der Niklas an, ״dasi Du mir so ganz ohne Geld von Deinem besten Schnaps gibst. Hätte ich so was in meinem Hause, ich würde e» nicht sür alle« Geld weggrdul, und Du überlässes! mir Deinen Brannt- wein aus Borg, und ich habe doch keinen roten Heller iw Vermögen".

Welt. Was hätten wir von aller Weisheit, die nur

Mittel ersinnen würde, die Menschheit an den Triumphwagen der Großen zu feffeln. was nützte die Einsicht, wenn sie nur dazu diente, neue Wege zu finden, um Genuß und Besitz zu mehren, die Macht der Herrschenden zu stärlen, die Dienenden noch mehr zu drücken, was frommt der Nimbus des Ge- lehrten, die Ehrfurcht, die er fordert, daß man ihn achte und vor ihm aufstebe. wenn Knechtung der Geister, diktatorischen Stolz und hochmutsvollen Eigendünkel seine Worte und sein Beispiel lehren? Ja, loas würde selbst die Lehre der Thora der Menschheit bringen können, wenn im Staate der Gewalt sie nicht befreiend wirken lönnte, sie nur ״ die Schaufel wäre, damit zu graben", die Krone, s i ch damit zu schmücken? Nur wer sie s o versteht, daß sie die Gottes waltung, den Gottes dienst und das Bewußtsein von Gott, Seine Weisheit und Hoheit in jeder Lebenslage in jedem Alter, in jedem Geschlecht, in jeder Stellung künden will, der allein ist ״ lobenswert". Jüdische Gelehrten waren es, die bewiesen, dasi die Gelehrsamkeit im Dienste wahren Gotteslobes steht: ihr Beispiel soll uns die rechte Mahnung bringen.

Ja. יציאת םצ~ם !ann nur der Gedanke sein, der uns durchs Leben leitet, und durch die Hallen des Wissens sicher führt. Die Erinnerung an diese Frei heitsstunde wiederholt sich vielfältig in den ״ Zeitstisi- ungen", die den Gedanken der göttlichen Beschützung und Bewahrung, des Eingreifens Gottes in die Ge- schichte wach halten im Gange der Geschehniste. Der

vor allem mit dem Vertrauen auf Gottes spendende Ernährerhand, der der den Familien- sinn belebt, der .-:w mit seiner Seligkeit, mit der Weibe seintr Sorgenfreihet, der nr mit seiner Genügsamkeit, mit seiner Kraft, den Menschen herauszureisien aus dem Getriebe der Welt, seine Gedanken abzulcnkcn von den Aengsten und den Kämpfen der Alltäglichkeit, ihm Musik zu spenden, geistige Hebung, der .-:e» mit der gleichmachenden Einigung aller kreise und Stände, mit der Stählung und Stärkung des Selbstbewusitseins: er »ührt Gottesfurcht ein in die Herzen der Menschheit, pottet der Macht des Geldes »nd Standes und löst alle Fragen der gesellschaftlichen Gestaltung mit dem einen Begriff, der statt zu trennen verbindet, statt zu verfeinden befreundet: mit dem Begriff Gott. Er nennt den Forschern der Natur das Gesetz, das sie suchen, den Forschern der Geschickte das Wesen des Ausgleichs, nennt dem Darbenden die Quelle des Heils, nennt dem Betrübten den Hort seines Hossens, lehrt den Gewaltigen die Rute der Zucht, schreckt die Unmenschlichen mit dem Empfinden der Menschlich- keit, macht glücklich und zufrieden.

Seit der Stunde, da Gott uns aus Aegypten geführt, bat Er den Kelch der Freude uns

Dabei durchsuchte er seine Taschen und kehrte eine kleine »Münze hervor.

.»Was ist denn das?" fragte ich. denn es kam mir wie Gold vor.

״Das ist nichts: das ist so eine »Art Spielmarke für Kinder, ich bade fast einen halben Sack voll davon unter iilkineiil Ziegeinrall gesuudeil. Unsere .Kinder svielen damit. »Wenn Du's gebrauchen kannst, so kanilst's Du'S gerne haben".

»Bei diesen »Worten überreichte er mir die »Münze: es war ein richtiger Dukaten von ganz alter »Prägung.

״Reicht'« für vier Glas Schnaps?" fragte un« gläubig lächelnd der »Niklas, (fr hatte sicher geglaubt, das Ding sei ganz wertlos. »Als ich ihm erwiderte, daß ich es ihm adnchineu wolle: wenn »lan'S in die Stadt bringe, so könne man cS wechseln lassen, und er dckänie dann jedenfalls noch Geld heraus, da kanme seine »Begeisterung keine Grenzen mehr.

״Iankel, Du bist nicht nur ein guter Iud, sondern auch ein ehrlicher: ich hält' keinen »Psifferling mr das Ding gegeben. »Würdest Du's riskieren, mir mein Leben lang so viel Schnaps zu geben, als ich trinken will, so wollte ich Dir all die Dinger dafür geben, die ick gesunden habe: was meinst Du dazu?"

Seine Augen glübte» vor »Berlangen, daß ich einschlageu und den »Pakt fertig machen möchte. Ich wollte ihm aber nicht zeigen, daß mir an dem Gr- schält soviel gelegen ist, und sagte ihm:

,.Im Sacke kaufe ich keine Kay! Deinen Durst kenne ich: aber wie viel von diesen runden Dingern Ihr zu Hause habt, da» weiß ich nicht. »Bringt sie der, dann wollen wir sehen. Oder wenn ihr wollt.

»April. l;x»>

dargereicht,--wenn wir ihn nur

zu tosten wünschten!-Und ״ wodurch

ausgezeichnet wäre diese Nacht?" Za. hat un; das Leben unter den Völkern, denen wir uns anzu paffen suchen, nicht den Geist des Sauerteigs der Selbstsucht, der ״ »Aufgeblasenheit" und der Gähtung zu vermählen versucht mit dem »Bewußtsein des frei heitlichew Gottesgedantens und des freien Gottes dienstes? Hat der äußere Erfolg, den Einzelne er rungen, nicht das ungesäuerte Brot, das Gott uns als unser Lebensbrot dargereicht, gesäuert, ist nicht Gefahr vorhanden, daß wir uns so sehr durchdringen lassen von diesem Gährungsstoffe, daß alle 2 צת zu p-- wird, daß aussiirbt der reine Gedanke des Juden tums und nur aufbäum-rnde Selbstherrlichkeit des Geldes durch Gewalt und List und Lug und Trug das jüdische Gebiet beherrsche? ״ Warum ausgezeichnet wäre diese »Nacht?" Laben wir unseren Gaumen nicht an allenei Kräutern und vergessen der »Bitternis unseres Volkes' Ist nicht die'Tafel besetzt so reich und prächtig von allen 6lenllffen, die erlaubt, und auch solchen, die verboten sind, locken nicht alle »Vergnüg ungen und »röhnen wir nickt allen Freuden und ver geffen der Bitternis der »Brüter, vergessen der Bittet nis unserer eigenen s!tlliä>en Lage, vergessen vea Trauer unserer ת־רד armen Zeit, vergessen die »Per hältnissc, die mangelnde Taurobtenntnisse geschaffen, vergessen des Druckes, mit dem die abgesallenen Brüder unser Gewissen beschweren, veraessen ver Bitternis, die ihre Gegnerschaft, ibre Erhebung gegen Gott der Taurohersüllung und uns bereitet? ״ »Warum diese Nackt sich auszeichnet?" Ist es nicht, als wäre das Salz vergessen unseres »Bundes, iss es nickt, als wäre er aufgehoben ׳ ' Da« Zeichen zwischen Go!: und uns zerstören sie, die Gottesleugner. mit freveln der Hand, entweihen den Sabbat, oder verführen gar ihre Kinder zu seiner Tchänduna, führen sie dem Rio- lochgötzen in die heißen Arme, verkausen sie tür ein Stück »Brot und nennen sick noch ״ fromm"!! Als wäre cs nickt schlimmer, zur Sünde zu verleiten, als selbst zu sündigen! Lassen ihre Töchter Eben schließen, in denen sie sie ״ versorgt" wäbnen als wäre die heilige Institution der Ehe nur eine »Per sorgungsanstalt für Lebensrente - als hätte die Sitte kein Recht und Gott keine Forderung an den Menschen, als wäre Geld und Gut schon Glück, und Sorglosigkeit schon Sorgentreiheit! Das Salz des »Bundes wird nickt mehr gewahrt an unserem Lebens brot, als wäre verfault der Bund und »verwest sein Unterpfand. Sehen sich zu Tisch ohne Segens spruch und stehen auf und wischen sich den »Mund. Sucht nur der Gaumen ein Labsal, der Magen »Arbeit, ׳ st der Mensch nickt zu Höherem geboren, soll sein Tisch nickt ein Altar sein, auf dem jeder Ge nusi ein heilig Opfer, das das Salz des Bundes n! vermissen lässt'

״ Warum diese Nackt sich auszeichnet?"

gehe ich gleich mit Euch nach Hause und sehe mir die Sache an. »Werden wir handelseinig, dann nehme ick den »Plunder gleich mit nach Haute.

״»Mir schon recht" cntgegnele »Niklas, aber allem, tragen kannst Du die Dinger nicht, die haben eii׳ ziemliches Gewicht. Ich gebe Dir den Peter mit dem Karre» mit, aber Tu mußt jem schon einschlageu damit Du Dich nachher nicht anders besinnst."

»Be! diesen »Worten hielt er mir die Rechte zun׳ Handschlag hin, ich aber schlug nicht ein.

״Niklas", sagte ich, ״sei doch geschcidt. Entweder sind Eure Dinger etwas wert oder nicht. In dem einen Fall sind sie's für Euch auch und im anderen Fall kann ich sie auch nicht brauchen. Wenn die anderen alle so sind wie das eine, dann wollte ick schon das Geschäft machen, aber man kann'? dock nicht wisscn."

»Bei diesen »Äonen ergrist »Niklas den Krug, schenkte sich ein drittes Glas ein und tat so wild, dan mir unheimlich wurde. To meinte er, ich sei in! Grunde doch nicht besser wie alle anderen, ich sei auck einer von denen, welche nicht trauen und welchen man daher nicht trauen dürfe und klopfte auf den Tisch, daß meine Fran und die Kinder aufwachten. Ick tat ihm den »Willen und schlug ein. »Wir gingen zusaminen fort und hatten in einer kleinen halben Stunde das Häuschen von »Niklas erreicht. Wer schildert mein Erstaunen! Auf dem Hofe, in der Stube, im Stalle, aus allen Ecken und Winkeln glänzten unS die Dukaten entgegen. Der NiklaS und seine ganze Familie hatten, wie wohl die meisten »Bauern deS OrteS, noch niemals ein Goldstück ge-