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6, Jahr

Buenos Aires, Januar 1940.

Nr. 70

Die Tragödie der Staatenlosen.

Vor dem Weltkrieg existierte das Pro­blem der Staatenlosen, d. h. der Perso­nen ohne Nationalität, mit geringen Aus­nahmen überhaupt nicht. Für die Völker­rechtler hatte diese Frage nur ein theore­tisches Interesse. Die Zahl der hiervon betroffenen Personen war so verschwin­dend gering, dass sie eine kaum beach­tenswerte Rolle in den internationalen Be­ziehungen spielte.

Das Aufkommen der modernen Natio­nalstaaten machte eine besondere Gesetz­gebung nötig, um den Erwerb und den Verlust der Staatszugehörigkeit ebenso wie die Naturalisierung zu regeln. Ein wichtiger Faktor bei dieser Gesetzgebung war die fast allgemein angeordnete Ein­führung des Pass-Systems als das Mittel, die Angehörigen des betreffenden Landes zu identifizieren. Da eine staatenlose Per­son keinen Pass besitzt, ist sie in der Tat ein Geächteter. Kein Land wünscht sie aufzunehmen, kein diplomatische]- Vertre­ter gewährt ihr im gegebenen Fall Hilfe oder Schutz. Eine solche Person wird tagtäglich durch alle nur erdenklichen Vorschriften und Anordnungen in ihrer Tätigkeit und Bewegungsfreiheit ge­hemmt.

in den diplomatischen Dokumenten und in der juristischen Literatur erscheinen die Staatenlosen zum ersten Male nach dem deutsch-dänischen Krieg von 1864. Dänemark musste im Friedensvertrag von 1864 die Provinzen Schleswig und Holstein abtreten, die im Jahre 1866 Preussen ein­verleibt wurden. Ihre Einwohner wurden nicht automatisch preussische Staatsbür­ger, sondern sie erhielten das Recht, zwi­schen Dänemark und Preussen zu'op­

tieren; doch wurde für diese Option kein bestimmter Zeitpunkt festgelegt. So ent­standen damals einige Hunderte von staa­teidosenOptanten, die eben dieses Recht nicht ausgeübt hatten.

Nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 wurde die Staatenlosigkeit erneut zum Problem. Doch Frankreich löste dieses einfach, indem es allen Be­wohnern von Elsass-Lothringen, die nicht Deutsche werden wollten, erlaubte, sich in irgendeinem Teil des französischen Gebie­tes niederzulassen. Daduch wurden sie zu vollberechtigten französischen Staats­bürgern. Erst im Weltkrieg bekam die ge­setzlich bestimmte und umgrenzte nationa­le Zugehörigkeit für das Individuum die Wichtigkeit, die sie heute noch besitzt. Vorher hatte sie seine Lebensführung nur wenig berührt. Jedoch der Ausbruch des Weltkrieges brachte hier eine radikale Aenderung. Sein- viele Einschränkungen, die die Tätigkeit des Individuums betra­fen, wurden als Kriegsmassregeln bezeich­net, die dem Zweck der Kontrolle dienten und die bis zum heutigen Tage aufrecht­erhalten wurden. Von grösster Wichtig­keit noch waren die politischen und wirt­schaftlichen Kriegsfolgen. Die Umgestal­tung des österreichisch-ungarischen und des russischen Reiches und die Schaffung von neuen sowie die Erweiterung von schon bestehenden Staaten lenkten die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Na- lionalitäts-Problem. Die nationale Zugehö­rigkeit von mehr als 60 Millionen Man­schen hatte sich geändert.

Die Friedensverträge zwischen den Al­liierten und den Mittelmächten einerseits und den neuen oder vergrössertcn Staaten

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