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Hamburg, 28. September 1916.

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der Gegenwart erhalten fortdauernd in jedem deutschen Juden das lebhafteste Bedürfnis wach, über den Anteil der Judenheit an diesem Völkerringen auf allen Ge­bieten, über seine dabei in Betracht kommenden Interessen fortlaufend unterrichtet zu werden. Dieses Bedürfnis kann am vollkommensten durch die Lektüre desIsraelitischen Familienblattes" befriedigt werden, das außer durch zahlreiche Originalmitteilungen ans allen be­teiligten jüdischen Kreise», besonders durch Original- Korrespondenzen aus dem neutralen Auslande sowie durch Berichte mehrerer Feldrabbiner über alle in Betracht komnienden Geschehnisse und Berhältnisse, wie z. B. über bemerkenswerte Beförderungen und mi­litärische Auszeichnungen jüdischer Krieger, informiert. Deshalb erinnern wir alle unsere geehrten Leser, denen an einer regelmäßigen, ununterbrochenen Zustellung unseresIs­raelitischen Familienblattes" gelegen ist,

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da allein in diesem Falle mit Bestimmtheit jede Unterbrechung in der Zustellung des Blattes vermieden wird. Durch Hinweis ans die Leistungen unseres Blattes können unsere geehrten Leser in Ber- wandten-, Bekannten- und Freundeskreisen die dem Judentum dienenden Ziele unseres Blattes wesentlich fördern. Wir werden auch fernerhin bemüht sein, den Inhalt unseres Blattes immer mehr so anszngestalten, daß er ein interessantes Spiegelbild des gesamten jüdischen Lebens bietet und der jüdischen Familie belehrende und unterhaltende Lektüre gewährt.

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vor der letzten Entscheidung!

Ein Mahnwort an Deutschlands Juden am Neujahrsfeste 5 6 7 7.

Von Landesrabbiner Dr. Rieger, Braunschweig.

In seierlichem Ernste begehen wir .diesmal das

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Es ofseulbart uns die ganze ungeheure Wandlung, die mit uns und in uns in diesen Schicksalsjahren des Krieges vorgcgaugeu. Sonst bestürNiten wir am Neu­jahrsfeste Gott mit unseren persönlichen Anliegen: Gib uns Leben, spende Gesundheit, schenke uns Glück! Diesmal tritt unser eigenes Begehren vor den Sorgen um das Wohl unseres Volkes und Vater­landes zurück. Die Mahnung des alten Jeremia (29,7):Sorgt für -das Wohl des Ortes, an den ich euch gebracht, betet für ihn zu Gott, denn sein Heil ist euer Heil", ist uns, wenn auch unausgesprochen, in Fleisch und Blut über gegangen. Unsere Wünsche sind Wünsche für die Allgemeinheit geworden; unser Beten wurde unpersönlicher, selbstloser; sogar die Klage um unsere Toten hat ihren selbstischen Beiklang verloren; ich glaube: wir haben vor dem Kriege an den Bahren unserer Greise lauter gejammert, als heute an den Gräbern unserer Jungen und Jüngsten.

Seltsam, sogar die Seufzer und Sorgen um Israel klingen nur gedämpft, seitdem die Sor­gen siir das Vaterland unser ganzes Sein beherr­schen. Wir spüren, daß dieser Krieg die Lösung zahl­reicher Menschhcitsfragen bringt, daß er zu einem guten Teile auch die Schicksalswende Israels bedeu­tet, daß er nicht in dem verlogenen Sinne unserer Feinde um die Befreiung eines wesent^ li ch en T ei les u n s e r e r geknechteten Brü­der geführt wird. Seitdem wir die fluchwürdigen Greuel erlebt, die in diesem Kriege an den galizischen und polnischen Juden und erst vor kurzem an den unglücklichen rumänischen Glaubensbrüdern verübt wurden, wissen wir, daß dieser Krieg auch unser Krieg ist. So kommt es, daß unsere Wünsche siir das eigene Wohl au diesem Neujahrsfeste vor den -Gebeten für unser deutsches Vaterland weit zurücktreten.

Deutschland hat mit Kriegsbeginn einen neuen Abschnitt seiner Geschichte begonnen. Es durchlebt seither einen gewaltigen Jaum ha-tlin, eine Zeit des Gerichtes und der Prüfung sondergleichen. Es ist ihm und uns die furchtbarste Blut- und Feuerprobe vom Schicksal auferlegt. Heil uns allen, wenn es siegreich, geläutert von innen,gefestigt nach außen, aus ihr hervorgeht!

Wir haben im letzten Jahre so Großes, so Schwe­res durchlebt, wie wohl in keinem Jahre seit Jahr­hunderten. Aber wir fühlen: das Größte steht noch aus, das Schwerste steht uns noch bevor. Was wir bisher geleistet in deutschen Landen und an allen) kampfumlohten Fronten, war groß, war gewaltig, war viel. Was wir jetzt auf uns nehmen müssen, be­deutet alles. Halten wir jetzt aus, so haben wir am Werke der zwei verflossenen Jahre nicht vergebens gearbeitet. Versagen wir jetzt, dann waren die un­ermeßlichen Blutopfer nutzlos. Das dritte Jahr des Krieges wird aurfer Probejahr werden, und durch die Stille der heiligen Neujahrstage tönt die prophetische Mahnung und Verheißung:Im lau ssaaminu ki lau sseomemi. Werdet ihr es bestehen, so werdet ihr bestehen" (Jesaja 7, 9)." Wir brauchen im neuen Jahre Mut, Kraft, Zuversicht mehr denn je. Darum ist die Mahnung dieses dritten Neujahrsfestes im Kriege: Traut Eurem Volke, traut Euren Führern, traut Eurem Gotte!

Traut Eurem Volke! Vertrauen zu ihm ist die Voraussetzung für den Sieg unserer Sache im neuen Jahre. Ihr dürft ihm trauen. Was es in

vergangenen Tagen geleistet, ist Bürgschaft für seine Zukunstsleistung. Auf allen Fronten dieses furcht­baren Ringens steht unser Volk in zwei Eidteilen ur. : der Grenze des dritten unerschütterlich sieges- fiu,.c, und doch ist seine Kraft noch nicht erschöpft. Wir sind noch nicht am Ende unseres Könnens. Noch schlummern taufend geheimnisvolle Kräfte in uns, das Höchge,» £vjtc Zll leisten. Wir lind nock immer kein müdgchetztes, ausgehungertes Volk. Millionen Herzen schlagen für unsere heilige Sen­dung in der Menschheit, und doppelt so viele Millio­nen Arme recken sich, sie zu verteidigen. Unsere Seelenkraft ist ungebrochen; ihr entströmt der un­beugsame Siegeswille, durchzuhalten bis zum Ende der Prüfungszeit.

Wir waren in Deutschland in Friedenstagen Rin­gende, Schaffende, Lernende. Jetzt sollen wir die Prüfung ablegen, ob uns das Errungene verbleiben soll, ob das Geschaffene lebensfähig, ob das Erlernte unser Eigentum geworden ist. Aus der Zerrissenheit vergangener Friedensjahrzehnte find wir in diesen Schreckenstagen in die Einheit desVolks-und Rei ch s g eda n ke n s hineingereift. Aus dem lär­menden Phrasengeklingel vergangener und glücklich überwundener Tage hat sich die deutsche Seele in das stille Heldentum wortloser Pflichttreue gerettet. Alles Kleinliche, Klägliche liegt weit hinter uns. Das deutsche Volk hat die harten Tage seiner ersten Prü­fungszeit glänzend überstanden. Aber das Größte ist noch zu schaffen!

Gott Lob! Das Brot für unser Volk hat er ge­spendet; er hat die Ernte gesegnet; er wird uns das Brot nicht fehlen lassen.Aber nicht vom Brot allein lebt der Mensch." Es ist an uns, daß auch der rechte Wille, das Selbstvertrauen, die Zukunftszuversicht nicht mangele, daß die Begeisterung der ersten Kriegs­lage zu neuem Leben aufwache. Das Probejahr ruft uns auf die Schanzen, die Alten und die Jungen, die Männer und die Frauen.Wenn ihr es besteht, dann werdet ihr bestehen!"

T rauen wir unseren F i'i h r e r n! Sie haben sich bisher bewährt als Männer der Kraft und der Tat. Ueber alles Parteigezänk ragen sie hinaus und verdienen, daß wir ihnen folgen und trauen. Das Schicksal von Millionen, die Zukunft unseres Volkes, und das Geschick seiner Bundesgenossen ist ihren Hän­den anvertraut, und sie haben sich des Vertrauens im besten Sinne wert und würdig erwiesen. Laßt euch durch Menschen mit kleinen Seelen und kleinlichem Empfinden nicht beirren! Das, was wir erlebt, ist Bürgschaft für das Kommende. Die Hände der treuen Führer sind nickt müde geworden. Darum ziemt uns, ihnen begeisterte Heerfolge zu leisten.

Die Mahnung zum Vertrauen zu unseren Füh­rern gilt auch für uns J u d e n. Wohl hebt die Hydra des Judenhasses wieder da -und dort ihr gift- gchhwollenes Haupt, um von neuem das Herz Deutschlands zu vergiften. Laßt euch durch die fluch­würdigen Haßprediger nicht irre machen! Denkt darauf was unser Kaiser gesprochen und uns damit versprochen hat!Ein Kaiserwvrt besteht!" Schaut nicht zurück, sondern vorwärts! Lots Weib denkt an das rettende Zoar, blickt aber nach Sodom zurück und erstarrt zur Salzsäule; Mose schaut zur Höhe und erzwingt seines Volkes Sieg.

Zuvi fünften Male ruft das Vaterland: Habt Vertrauen zu euren Führern, legt in ihre treuen Hände was ihr seid und was ihr habt, um euer Vaterland in diesem beispiellosen Kampfe wehrhaft zu erhalten. Mer jetzt mit dem Seinigen znrückl)ält, versündigt sich an Deutschlands Zukunft. Ihr habt ihm eure Söhne, eure Männer, eure Jugend anver­traut, und eure Habe wollt ckr ibm letzt voreuttzalten.