Nr. 21 — 24. MAI IM6
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Nationalismus
in den jüdischen Schulen
Eia Brief in „Time and Tide”
Das englische ‘Wochenblatt „Time and Tide” veröffentlichte am 0. ds. Ms. folgenden, von H. A. Smith-Masters, gezeichneten Brief. Der Schreiber -war während des Krieges als anglikanischer Feldgeistlicher der britischen Armee in Palästina.
„Der Bericht der Kommission nimmt auf den „leidenschaftlichen Geist des Nationalismus” Bezug, der in den jüdischen Schulen so deutlich ist. Während meines Dienstes in der Royal Air Force 1041—44 in Palästina, machte ich die nahe Bekanntschaft von Lehrern und Schülern der berühmten landwirtschaftlichen Schule in Ben-Shemen bei Ludd. Ich stehe weiter ln regelmässiger Korrespondenz mit ihnen. Hier werden vierhundert jüdische Kinder, Knaben und Mädchen, im Alter von vier bis achtzehn Jahren, aus Palästina und aus vielen Teilen Europas erzogen, „Helfer zu werden beim Aufbau Jisrnels vom Dorfe aus. und sieh den Beruf des Landwirtes zu erwählen." Der Leiter *der Schule ist Dr. Siegfried Lehmann, ein deutscher Jude und ein bekannter Fachmann auf dem Gebiete der Kindererziehung. In dem englisch, deutsch und hebräisch geschriebenen Prospekt der Schule, kommen folgende Worte vor:
„Trotz der starken Bindung an unser Volk und an Eretz Jisrael als Heimatland, welche die Ben-Schemener Erziehung dem Kinde vermittelt, tritt unsere Erziehung offen und eindeutig gegen die Form des Nationalismus auf, die mit der Idee des brüderlichen Zusammenlebens der Völker unvereinbar ist. Von Kindheit an soll das Kind die besonderen Eigenheiten anderer Völker verstehen und achten lernen; es soll das Gefühl in ihm erwachen, dass es nicht nur ein Teil seines Volkes, sondern gleichzeitig ein Teil der Menschheit ist. der es nicht weniger verantwortlich ist als dem eigenen Volke.
Neben mir liegt, während ich dies schreibe, der Brief eines
Kindes aus Ben-Shemen, eines zwölfjährigen jüdischen Mädchens; in dem Briefe wird gesagt: „Ich möchte Ihnen kurz etwas über das Leben der Araber hier erzählen. Sie leben schon viele
Jahre hier. Sie können nicht verstehen, weshalb wir herkamen. Für uns ist Palästina ein Heiliges Land und unser Heimatland. Wir wollen sie nicht von hier vertreiben. Es ist sehr schwer, zu einer Verständigung mit ihnen zu kommen. Wir lernen Arabisch, damit wir za ihnen und sie zu uns sprechen können. Und wir hoffen, dass dies uns helfen wird, mit ihnen in Frieden zu leben." Ich überlasse es Ihren Lesern zu urteilen, ob das ein „leidenschaftlicher Geist des Nationalismus” ist. In den anglikanischen Kirchen von Jerusalem und Kairo und in vielen Orten Englands habe ich die Tatsache unterstrichen. dass ich von den jüdischen Kindern in Ben-Shemen mehr als aus jeder anderen Quelle den
universalen Charakter der Liebe zu Gott gelernt habo. Ich fand in Ben-Shemen keinen „leidenschaftlichen Geist des Nationalismus”, soweit dieser Begriff Hass und Ausschliesslichkeit umfasst. Wahrhaftig nicht! Inmitten des Hasses und der Finsternis des Krieges waren diese Kinder, in ihrem kleinen Dorf auf einem Hügel, ein dauernd scheinendes Licht, und mit der festen, aber edlen Leitung führten sie uns zum Frieden und zeigten uns die Weisheit der Liebe zu Gott.”
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Die vorstehende Zuschrift des Chapluin H.A. Smith-Masters ist ein erfreuliches Dokument in seiner Aufrichtigkeit, ln seiner Herzlichkeit, in seinem vollen Verständnis für das schwierige Problem der Erziehung in Palästina. Die Kritik an dem nationalistischen Geist der Erziehung ln unseren Schulen, die in dem Bericht der Untersuchungskommission vorkommt, ist unglücklicherweise keine Besonderheit dieses Berichtes. Viele, all - zuvieie Eltern in Palästina sind bedrückt von dem chauvinistischen und aggressiven Geist, in dem ihre Kinder in vielen Schulen erzogen werden. Wir, die Alija Chadascha, haben immer
dagegen unsere Stimme erhoben. Trotzdem hat Smith-Masters in der Bezugnahme auf Ben Schemen Recht. — Sein Brief ist in der hiesigen Presse schon reichlich zitiert und in der „Palestlne Post” abgedruckt worden. Seine Erfahrungen ln Ben-Schemen waren glücklicherweise erfreulicher als sie in anderen Erzle- hungsstfitten des Landes gewesen wären. In der Tat herrscht dort unter der erzieherischen Inspiration, die von Siegfried Lehmann und seinen Mitarbeitern ausgeht, ein echt jüdisch-zioni- stisch-menschheitlicher Geist, der sich wohltuend von dem Charakter so vieler anderer Erziehungs- Institutionen abhebt. Es ist nicht lange her, dass Ben-Schemen wegen dieses Geistes öffentlich angegriffen und geradezu verfehmt worden ist. Dieses selbe Ben- Schemen, das schon hier im Lande genug wegen seines fortschrittlichen humanitären Charakters zu leiden hatte, dient jetzt als Kronzeuge dafür, dass der Geist der hiesigen Erziehung doch menschlich und konstruktiv- zionistisch und nicht aggressiv nationalistisch sei. Möchte nur Ben-Schemen in der Tat anderen Erziehungsanstalten im Lande als ein Beispiel dienen! Möchte es von dem gesamten Jlschuw im allgemeinen höher gewertet werden und nicht besonders dann, wenn es einen positiven Wert in der Propaganda oder gar zur Verdeckung von Zuständen in anderen Anstalten haben mag.
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THE FINISHING TOUCH TO A PERFECT DINNER
Aus der englischen Presse
Im „Economist” schreibt man (aus U.S.A.)
„Das versprochene Land ist eine schöne Sache, so scheint es, wenn ein anderer das Versprechen hält. Es ist augenscheinlich, dass in Bezug auf Palästina die alte amerikanische Schwäche, nicht den Zusammenhang zwischen Kommando und Verantwortung zu sehen, eine Schwäche, die das Grab so vieler Hoffnungen geworden Ist, kaum übertroffen werden kann, obwohl eine Reihe mutiger Schreiber und Sprecher, die Inkonsequenz der amerikanischen Politik mit grosser Erbitterung angegriffen haben. Wenn aber der Palästina-Bericht den Beweis geliefert bat, dass es unmöglich ist, bei Abschluss eines Geschäftes den Gewinn beider Parteien für sich einzuziehen, dann kann sogar sein Misserfolg von Nutzen sein. Amerikaner, die sich selbst zu Mr. Byrne’s „Missbilligung der Isolierung” in Paris beglückwünschen, können — wenn sie es wünschen — eine andere Entwicklung in Palästina beobachten. Die Gefahr besteht, dass das ganze schwierige Problem der UNO zugeschoben
wird. Dies würde den beiden Regierungen die Möglichkeit geben, ihr Gesicht zu wahren, aber nur auf Kosten einer unerträglichen Verzögerung der Einwanderungsmöglichkeiten der europäischen
Juden. Das Problem würde Jedoch nicht geändert werden, denn UNO sind die Regierungen und Amerika unter ihnen an erster Stelle. Amerika hilfsbereit? (Observer)
Es wird berichtet, dass Mr. Er- nest Bevin ln seinen Gesprächen mit Mr. Byrnes, dem amerikanischen Aussenminister, über die gemeinsamen Probleme, die im Zusammenhang mit den Empfehlungen der anglo-amerikanischen Un
tersuchungskommission entstanden sind, erhebliche Fortschritte gemacht hat. Die Probleme konzentrieren sich auf zwei Hauptfragen: 1) wie ist eine gemeinsame englisch - amerikanische politische Front zu schaffen und 2) wie sind die vorgeschlagenen Aktionen durehzuführen? Die Amerikaner sind bereit, so wird in informierten Washingtoner Kreisen berichtet, der Palästina-Regierung eine beträchtliche Anleihe zur Verfügung zu stellen, um ihr damit die Einordnung der Flüchtlinge und die Durchführung der vorgcschla- genen Hilfsaktionen für die‘palästinensischen Araber zu ermöglichen. Die amerikanischen Militärbehörden haben auch Pläne für den schnellen Abtransport der Flüchtlinge aus den Lägern Europas nach Palästina ausgearbeitet. Diese sehen den Land- und Seetransport vor. Die Einordnung in Palästina aber ist den jüdischen Organisationen und den Regierungsbehörden in Palästina überlassen.
Kompromiss — die einzige Lösung (The Tribüne) ‘Es ist wirklich lohnend, die weitschweifige, unklare Kritik an dem Bericht seitens britischer Kreise Im Mittleren Osten, dem besonnenen Kommentar des General-Sekretärs der Arabischen Liga, Azzam Pasha, gegenüberzustellen. Azzam sagt: „Die Loyalität der arabischen Völker Grossbritannien gegenüber, die durch eine befriedigende Lösung der ägyptischen Frage veranlasst wird, würde durch eine ungünstige Entscheidung über Palästina nicht erschüttert werden. Vorausgesetzt, dass England in anderen Fragen loyal mit den Arabern kooperiert, werden diese bereit sein, den Fall
THE PERFECT CIGARETTE
Palästina isoliert zu betrachten und eine abwartende Politik zu betreiben. In der Hoffnung, dass das Volk der Vereinigten Staaten die in seinem Namen verübte Ungerechtigkeit einsieht.” Ein führender arabischer Stuntsmun konnte heute nicht mehr als dieses sagen. Azzam Pasha kennt besser als jeder andere die wirkliche Stärke Englands, die wirtschaftliche und militärische Stärke der Araber und der palästinensischen Juden. Seine Worte deuten auf einen Kompromiss hin. Und ein Kompromiss, wie ihn die anglo- amerikanisehe Kommission vorschlägt und nicht eine einseitige Lösung, wie die offizielle „Cuiro Study Group” befürwortet, Ist unter den gegenwärtigen Umstünden die einzige Lösung in Palästina. Wir sollen auch keine Vorwände machen im Zusammenhang mit der Frage der militärischen Verpflichtungen. Weder Irak noch Aegypten können weiter die britischen Mllitärbasen - im Mittleren Osten bleiben. Die britischen Truppen, die für die „Verteidigung des Suez-Kanals” bestimmt sind, werden schon seit vielen Monaten langsam nach Palästina transferiert. Während die Frage der 100,000 Einwanderer debattiert wird, ist die britische Militärmacht in Palästina schon auf die gleiche Ziffer angewachsen.
Attlee’s Erklärung war unglücklich. Seiner Redeweise war schwer zu entnehmen, dass er unter dem Eindruck der grössten menschlichen Katastrophe des Krieges spricht; der Ermordung von sechs Millionen Juden. Die Frage einer jüdischen Majorität ln Palästina
ist heute akademisch. 500.000 überlebende Juden, so schätzt der Bericht, wollen Europa verlassen. Selbst wenn jeder von Ihnen während des nächsten Jahres nach Palästina ginge (eine beträchtliche Anzahl will in Wirklichkeit In andere Länder gehen) würden die Araber noch eine beträchtliche Majorität bleiben. Gleich den extremen jüdischen Hoffnungen, ist auch die extreme arabische Furcht nicht gerechtfertigt. Das muss immer wieder gesagt werden, DJe Einwanderung von 100,000 Männern. Frauen und Kindern nach Palästina, gegen eine Garantie einer anglo-amerikanischen Unterstützung der arabischen Staaten, wird die britische Strategie im Mittleren Osten nicht verändern. Eine schnelle, positive Aktion der Labour-Regierung ist jetzt erforderlich.
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