Mai er Balaban. Das letzte Dokument der 1670 vertriebenen Wiener Judengemeinde
ich zu keiner Rechnungslage oder Rechtfertigung herantreten, bevor man in allen Synagogen dieser Stadt publicieren wird, daß ein jeder, der zu mir irgend eine Geldforderung sowohl von Gemeindewegen wie auch privat hat, seine Klage auf diesem Judentag erheben möge. Erst dann bin ich bereit, Rechnung zu stehen, damit ich mich vor Gott und Menschen reinwasche 71 ).
Also ist geschehen und, da nach der Publication mehrere neue Klagen einliefen, haben wir Richter zu unserem Collegium den ehrenwerten Herrn L e w k o, Marschall dieses Judentages 72 ), den Rabbiner Lewko Disk aus Nikolsburg 73 ), Markus Rabbi Jos aus Wien, drei Richter aus Wien, Herrn Wolf von den Lohnherrn, wie auch manche von den Fünf Rechnungskontrolleuren 7 *) der einstmaligen Wiener Gemeinde herangezogen.
Herr Juda Simonowicz legte seine Rechnungen vor und wies ihre Richtigkeit an der Hand der Quittungen nach, was die Richter für recht und ohne Makel anerkannt haben. Auch andere (anwesende) Bürger bestätigten die Richtigkeit seiner Angaben. Von all den Summen blieb ihm gar nichts übrig, umgekehrt, er erbrachte den Nachweis, daß er vor langer Zeit aus seinem eigenen Gelde 80 Gulden in duplo des dortigen Geldes verausgabt hatte, was in polnischer Valuta 320 Gulden ausmacht.
Nachdem wir Richter mitsammt den herangezogenen oberwähnten Rabbinern 75 ) alle Kontroversen 76 ) durch genauen und sehr fleißigen Verhör würdiger Wiener Juden (Menschen), die unter Androhung des Bannes ihre Attestationes abgegeben, untersucht und erforscht haben, und nachdem alle zugegeben, daß von allen Contributionen, die er (Juda) eingehoben, nichts bei ihm geblieben, wobei er durch Vorweisung authentischer jüdischer Rechnungsbücher und Register nachgewiesen, daß er eine Forderung an die Gemeinde von 80 Gulden in duplo hat, dekretieren wir (hiemit), daß er Uber (frei) sei von jeglicher (weiterer) Rechnungslegung oder Vorweisung der städtischen (jüdischen) Kassabücher, und kern Wiener Mensch, sei es von den Bürgern, sei es von den Gemeinen, darf in seinen Rechnungen einen' error (Fehler) aussetzen, oder irgend welchen Anspruch gegen ihn erheben. Betreffs der Forderung des Herrn Juda Simonowicz von 80 Gulden in duplo, in polnischer Valuta 320 Gulden, die er von seinem Gelde pro expensis communitatis vorgeschossen hatte, weisen wir, kraft dieses Urteils, diejenigen Wiener Bürger, bei denen Reste der Kontri," butiones geblieben, an — überall wo er sie treffen und finden wird — ihm das Geld zurückzustellen. Wer aber wagen würde, gegen dieses Urteil oder gegen die Ehrlichkeit des Herrn Dawid Simonowicz aufzutreten, der soll schwer am Leibe und am Beutel 77 ) von einem jeden Gericht, es sei ein jüi disches oder ein christliches, bestraft werden. Zwecks besserer Konfirmation und Sicherheit beider Parteien zwingen wir, kraft dieses Urteils, den Herrn Dawid Simonowicz, sämmtliche Rechnungen, von ihm eigenhändig gefertigt, unserem Gerichte zu übergeben und bei uns zu belassen. Sollte aber noch jemand von den Wiener Juden, der bei dieser Versammlung nicht zugegen war, aufstehen und Rechnungen vorlegen, aus denen zu ersehen wäre, daß Herr Juda Simonowicz doch irgend welches Geld bei sich behalten hätte, dann wird dieser neue Kläger seine Rechnungen mit denen, die wir behalten, vergleichen und nachher die Richtigkeit der Seinigen beweisen müssen.
Zur besseren Beglaubigung dieses Urteils, wie auch damit es allgemein im Staate des alldurchlauchtigsten christlichen Kaisers oder im Lande des allerhöchsten polnischen Königs unseres allergütigsten Herrn, wie auch in anderen
'i) ffwun "ish *p3 rrrrb,
«) im orua sb aw "inö ptpn ^hxru
75 ) Es soll Pisk (Pisek) heißen; denn unter den Gefertigten sehen wir Juda Sohn des Rabbi Jakob Pisk.
7 *) rWDOTT "«1-1.
«) b^jikot ovsm »irran.
76) traiDaD oder rvpbrvs.
") piöOM fBl».
10