Rabbi Joseph von Schlettstadt. Zur Geschichte der Familie Treves

Von Heymann Chone

Gegen Ende des Konstanzer Konzils stellte sich heraus, welche ungeheure Summen König Sigmund schuldig war: an Konstanzer Bürger, Geschäftsleute und Handwerker, an hohen und niederen Adel des ganzen Reichs. Die Schuldsumme erhöhte sich dadurch, daß er die Bürgschaft auch für viele seiner Beamten und adligen Getreuen über­nommen hatte. Die Pfänder, die er schließlich den Bürgern der Stadt Konstanz übergeben mußte, stellten ein Kapital von mehr als 80 000 Gulden dar 1 ). U.a. sollte ein methodisch angelegter Steuerfeldzug gegen die Juden des Reichs die königlichen Kassen füllen. Der ge­schäftsgewandte Erbkämmerer Conrad von Weinsberg stand an der Spitze. Wie schon bei früheren Herrschern sollten aber zwecks gründ­licherer Erfassung der jüdischen Bevölkerung jüdische Steuereinnehmer helfen.

Ein königlicher Erlaß vom 4. Februar 1418 bestellte den Rabbi Joseph von Schlettstadt und drei Konstanzer Bürger: Lazarus, Isaak und Lewe zu Steuerhelfern 2 ).

Wir Sigmund bekennen, wann unser heiliger Vater durch unser sunderlicher bete willen der Judischeit ire friheiten gnedig bestetigt hat nach Inhalt der paepstlichen Bulle ... und wir Joseph Juden von Sletstat, eim Judenmeister oder Rabi, und Lazarus, Ysaac und Lewen Juden von Costentz geheißen und In by unsern und des Richs hulden gebetten haben, das sy dem edeln Conrad von Winsberg beholfen sein sollen, das vorgenant gelt under der Judischeit anzuslahen, und wann si uns des gehorsam gewesen sind, darum si von solches anslahens wegen vor ansprachen, anforderungen und schaden zu behueten und zu bewaren und auch tmbetrubet zu erhalten, meinen, setzen und wollen wir von romischer kunglicher Macht, daß nymand wer oder wie der genant sy, dieselben Joseph, Lazarus, Ysaac und Lewen von des itzgenanten anslahens wegen, und was davon komen mag, fuerbaß nymerme ansprechen, anlangen, bekumern oder betrüben solle in kein wis by unsern und des Richs hulden 3 ).

Über den sonst nicht weiter bekannten Rabbi heißt es in den Stadtrechten von Schlettstadt: Es ist zu wissen, als Joselin von Sletzstat von uns ziehen, wolt, do het er versprochen .. . 4 ).

Ebenda heißt es S. 636 (zum 30. April 1418); Hanneman zum Trubel und Vrene sin ewurtin ewicHch.. von des entragendes und diepstals wegen, das derselb Hans zum Trubel meister Joseph dem Juden tet, als er inn mit 52 guldin gen Costentz schickte und er sprach, si werent ime von drigen gesellen genomen, daz sich doch kuntlich fant, daz er die guldin behub 5 ).

!) Schulthaiss, Collectaneen (Stadtarchiv Konstanz), Bd. 1, S. 100.

2 ) Altmann, Regesten Kaiser Sigmunds nr. 2881, 2882 und 3007; vgl. Kerler in: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, Bd. 3 (1889), S. 7 f. und 8, Anm. 1.

s ) Reichsregistratur Wien F 96 b; zum 23. Februar 1418.

*) Schlettstadter Stadtrechte (ed. Geny 1902), Bd. 2, S. 634, zum 12. Juli 1417. 5 ) Der Verurteilte war ein Schenkwirt.

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