Geiger: Die Ertheilung des Bürgerrechts an die Juden in Frankfurt. 1811. 55
Schon in der Staatsrathssitzung vom 18. Okt. 1810 äußerte Dalberg, daß im Zusammenhang mit der Regelung des Verhältnisses der Bürger und Beisassen gegen einander und gegen den Staat „über die bürgerlichen und politischen Rechte der Juden allgemeine und feste Grundsätze bestimmt werden müßten". Eberstein wurde beaustragt, darüber Vorschläge zu machen und erklärte noch an demselben Tage, daß die Verfassung sür das Großherzogthum Frankfurt die Gleichheit aller Unterthanen vor dem Gesetz bedinge. Die bisher bestehende Ungleichheit müsse daher schwinden. Unter den zu beantwortenden Fragen stellte er daher auch die aus: „Welches soll das ebenfalls gleichförmige Verhälmiß sein, in Hinsicht auf die Besitz-, Erwerbs- und Gerichtsfähigkeit der Juden, sowohl a. der einheimischen als d. der fremden Juden".
In der Staatsrathssitzung (Hanau 19. Okt.) verlas er einen Vortrag, der diese Fragen zu beantworten suchte. Für die Bejahung der Frage, ob den Juden durchaus und allgemein die nämlichen Rechte, Freiheiten und Vorzüge wie den Christen gegeben werden sollten, führte er an 1. daß der Staat keinen Unterschied der Religion berücksichtigen, 2. daß die Juden gleiche Rechte erhalten müßten, weil sie gleiche Lasten mit den Christen zu tragen hätten. Trotz der Dekretirung dieser Rechte sei es z. B. in Frankreich nöthig geworden, Wuchergesetze zu erlassen und die Forderungen der Juden gegen die Christen zu suspendiren. Für Frankfurt würde eine völlige und unterschiedslose Gleichstellung „höchst bedenklich und gefährlich" sein, weil die sittliche und politische Cultur der Juden der der Christen nicht gleich stehe. „Erleuchtete und gebildete Juden sehen dieses auch selbst ein und wünschen daher nicht einmal die durchgängige Gleichstellung ihrer Nation mit den Christen ohne Sichtung". Daher schlage er vor 1. die Juden überhaupt etwas eingeschränkt zu lassen, 2. Einzelnen, die sich durch moralische Bildung nnd praktisches geprüftes Betragen auszeichnen, persönlich die vollen Rechte beizulegen; auch bei den Letzteren mit der Bedingung des Widerrufs, sobald sie sich des Vorrechts unwürdig zeigen. Was die Einschränkungen betreffe, so sei ein Unterschied zwischen den Stadt- und Landjuden zu machen. Diesen sei der Besitz von Grundstücken und das Betreiben von Handwerken, jedoch nur mit jüdischem Gesinde und jüdischen Gesellen zu gewähren. Jenen sei das Gleiche zu erlauben, in Hinsicht des Handels sei es bei dem zu belassen, „was bisher als Lokal- Verfassung in jeder Stadt bestanden hat". . . „Demzufolge würden namentlich in Frankfurt (woselbst es übrigens der Anzahl der Stättigkeits- Familien und der Zahl der jährlich von bloßen Schutzjuden zu schließenden Ehen wegen bey dem zu belassen wäre, was dermalen deshalb vorgeschrieben