ALTNEULAND

MONATSSCHRIFT

für die wirtschaftliche Erschliessung Palästinas Organ der zionistischen Kommission zur Erforschung Palästinas

HERAUSGEGEBEN VON

F. OPPENHEIMER S. SOSKIN O. WARBURG.

No. 2. Berlin, Februar 1906. 3. Jahrg.

SYRIEN ALS WIRTSCHAFTS- UND

KOLONISATIONSGEBIET.

Von Professor Dr. O. Warburg.

Die geographischen Verhältnisse Syriens.

Syrien ohne Palästina ist fast genau so gross wie Italien mit Sizilien, mit Palästina ist Syrien fast so gross wie Italien mit Sizilien und Sardinien. Auch der Form nach besitzt Syrien mit Italien eine grosse Aehnlichkeit. Syrien ist fast genau so lang und schmal (kaum 200 km breit) wie Italien und ebenso wie Italien verbreitert, es ist im äussersten Norden beträchtlich breiter und lehnt sich daselbst gleichfalls an ein hohes Gebirge, den Antitaurus, an; schliesslich wird auch Syrien ebenso wie Italien der Länge nach von einem mittelhohen, im allgemeinen kaum 2000 m, in den höchsten Spitzen bis gegen 3000 m auf­steigenden Gebirge durchzogen, das in beiden Fällen im wesent­lichen aus Kalkgesteinen der Kreideperiode besteht. Wäre Syrien im Osten anstatt durch die Wüste, durch ein Meer begrenzt, so wäre die Aehnlichkeit mit Italien eine geradezu frappierende. In beiden Ländern sind Tiefebenen hauptsäch­lich an der Westseite des Landes ausgebildet und zwar sind sie durch Behinderung des Wasserabflusses nach dem Meere zu teilweise versumpft und dann ungesund. In beiden Ländern besteht das Gebirge meist aus mehreren Parallelfalten, wenn auch die zwischen den Haupttälern liegende tiefe Einsenkung in Syrien kein Analogon in Italien findet; auch die sich öst­lich an das Gebirge anschliessende Kalktafel Syriens findet wenigstens im südlichen Italien, in Apulien, ihr Gegenstück.