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Was man in Syrien Privatbankiers nennt, ist meist nichts weiter als Gelddarleiher (häufig auch Wucherer) und Getreide­händler. Infolge der fast mit Sicherheit früher oder später eintretenden Unfähigkeit der Bauern, die Schulden nebst den gewaltig aufgelaufenen Zinsen zu bezahlen^ gelangen immer grössere Teile des Landes in den Besitz dieser griechischen Bankiers von Beirut, sowie der über kleinere Kapitalien und Ländereien verfügenden türkischen Effendis, die natürlich alle bestrebt sind, ihre Ländereien wieder vorteilhaft zu verkaufen; da ihnen dies aber nicht immer gelingt, sehen sie sich vielfach gezwungen, ihren Besitz zu verpachten, und zwar geschieht dieses meist in der für das Land, den Besitzer und den Pächter gleich verderblichen Form der Halbpacht. Auf diese Weise werden, in ähnlicher Weise wie bei uns die Hypothekengläu­biger, viele Kaufleute und, Rentiers gegen ihren Willen und ohne dass sie das nötige Verständnis und Interesse dafür haben, zu Grossgrundbesitzern.

Was die fernere Entwicklung des syrischen Handels be­trifft, so ist zu bemerken, dass sich der Import in absehbarer Zeit nur in dem Falle bedeutend vermehren wird, wenn auch der Export und damit die Kaufkraft des Landes steigt. Letzteres ist aber in grösserem Masse nur dann möglich, wenn sich die Bevölkerung durch Einwanderung resp. Kolonisation beträchtlich vermehrt; hingegen ist eine Steigerung des Wohl­standes und infolge dessen auch der Kaufkraft in beschränktem Masse schon ohne weiteres möglich, und zwar einerseits 1 durch die Verbesserung der Verkehrsmittel, andererseits durch Reformen in der Verwaltung.

Verkehrsmittel Syriens.

Was den Schiffsverkehr betrifft, so werden natür­lich die Hauptplätze Beirut und Iskanderün von ausserordent­lich vielen Dampferlinien angelaufen; fast jede europäische Grossmacht hat ihre regelmässige Verbindung mit Syrien. Frankreich die Messageries Martimes, England die Prince Line, Deutschland die Levante-Linie, Russland die Russische Handels­und Dampfschiffahrts-Gesellschaft, Italien den Florio und Rubattino, Aegypten den Khedivial Mail, die Türkei den Mahsuseh.

Die Häfen lassen freilich viel zu wünschen übrig, aus­gebaut ist nur der Hafen von Beirut durch eine französische