Einzelnummer 1,5» M.

Serlin, 24. August 1-22 l. Jahrgang « Nr. 16

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Die armen verfolgten."

Schutzgesetz unö Iu-enhaß.

! ' Wer auch nur einen flüchtigen Blick in die deutschvölkische Presse der beiden letzten Wochen tut, wird sich, auch wenn er ein unverbesserlicher Optimist ist, für absehbare Zeit nicht mehr dem Wahn hingehpn, dem schon hie und da Mit­glieder des Central-Vereins verfallen sind, dem Wahn, daß die Gesetzgebung z u m S ch u tz e der Republik ein Damm gegen die Hochflut'des Irr den h asses fei. Es ist ein wahres Geschichtchen, das man uns aus dem Oldenburgischen berichtet. Als dort in einem kleinen Städtchen ein begüterter Jude angesichts der Geldentwertung zur Erhöhung seines Beitrages für den Central-Verein auf­gefordert wurde, meinte dieses harmlose Gemüt:Ich ver­stehe den Central-Verein nicht. Jetzt, w o d erAn t is e mi t i s- mus verboten ist, müßten die Beiträge niedriger werden und nicht höher!"

Es ist interessant, wie sich oft die Gedankengänge unserer unerbittlichsten Gegner mit denen jüdischer Deutscher be­rühren, die den wirklichen Dingen des politischen Lebens welt­fremd gegenüberftchen. Schreibt doch Graf Reventlow, dessen blindwütiger Judenhaß nach' dem Rathenau-Mord noch brutaler in Erscheinung tritt, in der letzten Nummer feinesR e i ch s w a r t" in einem AussatzD i e arme n Verfolgten":

In der deutschen Presse wird es von Woche zu Woche stiller von derBedrohung der Republik" und von Woche zu Woche lauter über die Bedrohung der armen Juden durch die verbreche­rischenAntisemiten". Das war zu erwarten und ist hier gleich nach der Ermordung Rathenaus voransgesagt worden. Inzwischen wurden verschiedentlich Gespräche zwischen Juden angehört, teils auch veröffentlicht: Diesen Anlaß (die Ermordung Rathenausl umsse man benutzen, das Eisen schmieden, solange es heiß sei! Die Ausnahmegesetze atmen diesen Geist. Ma weiß, wie gewaltig die Zahl der Inden in den Acmtern ist, und wie mächtig die großen Inden mit ihrem Einfluß hinter allem stehen. Die Bedrohung der Republik hinauszutrompeten, war nötig, um die Stimmung für die Ausnahmegesetze im Lande zu erzeugen und um maßgebende Persönlichkeiten über den wirklichen Stand der Dinge zu tauschen . . . Nun gilt es für die Judenschaft und was zu ihr sonst noch gehört, diejenige Stimmung zu erzeugen, welche notwendig ist, um die A nw en dung der Ausnahmegesetze auf den Schutz der In den Herrschaft zu konzentrieren und den Juden selbst von jeder öffentlichen Kritik und Beobachtung seiner geheiligten Person zu befreien."

Bei Freund wie Feind scheint der egoistische Wunsch, die deutschen Juden mögen sich nun auf den vermeintlichen Lorbeeren der republikanischen Schutzgesetzgebung aus­ruhen und ihre Abwehrtätigkeit gegen den Judenhaß abbauen, der Vater des Gedankens zu sein.

Hätte der belesene Gras, der den -größten Teil seiner Tages­arbeit mit dem Studium derJudenpresse" zubringt, Be­weise f ü rdi e B e h a u p t u n g erbringen können, daß die deutschen Inden in Wort und Schrift dieBedrohung der Republik" Vortäuschen, um als ,/rrme Verfolgte" für ihre

jüdischen Interessen das Eisen zu schmieden, solange es heiß ist, er hätte diese Beweise sicherlich erbracht. Allein er fand in der gesamtenJudenpresse" auch nicht einen einzigen Satz, der seinen Gedankengang stützt. Wie schon aus der Wahl der Ueberschrift hervorgeht, handelt es sich sch ein- b a r auf Verabredung imReichswart" wie in der gesamten deutschvölkischen Presse um ein recht durchsichti­ges Manöver: man will dem deutschen Volke durch die alten Künste der Demagogie klar zu machen suchen, daß die Gesetzgebung zum Schutze der deutschen Republik nichts weiter sei als eitel Liebedienerei vor dem Judentum, um denarmen Verfolgten" den Schrei nach. Schutz gegen Judenhaß zu ermöglichen. Oder, wie sich der Herr Graf auszudrücken- belieben: Derselbe Jude, -der mit seinem jüdi­schen Einfluß das ganze staatliche Löben in Deutschland be­herrscht und durchzieht, schreit nach Schutz gegen Antisemitismus" und spielt den Unterdrückten, indem er Unterdrückung -derjenigen verlangt, die ihn für schädlich halten.

Kein deutscher Jude hat sich je zu der Taktik verstehen können, die der gerissene Graf den Juden unterschiebt. Freilich, diese Taktik desarmen Verfolgten", die hätte den Herren um Reventlow und Mulle gepaßt! _ Wir wußten von vornherein, daß der Rathenau-Mord und die aus stürmischem Volksverlangen heraus geborene Schutzgesetzgebung nicht die großen Helfer im Kampf gegen den Judenhaß sein würden. Wir wußten, daß Herr Roth vollständig recht hat, wenn er jetzt laut und pathetisch verkündet:Den Geist können sie nicht töten!" und haben deshalb das Verbot des deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes niemals als ein Gnadengeschenk fürarme Verfolgte" betrachtet. W e n n d i e Mannen" um Reventlow und Wulle etwa meinen, es sei in den Reihen der kampf­erprobten deutschen Juden die Hoffnung a u f g e k e i m t, die K a m p f a x t begraben zu können, bloß weil die Gesetzgebung zum Schutze der Republik sich naturgemäß vor allem gegen die Mordkreuzler wenden mußte, dann irren si >e gewaltig u n d s ch ä tz e n ihre Gegner viel zu gering ein. JmJ Gegenteil, wir wußten von vornherein, daß die deutschvölkische Presse, die vor dem Rathenau-Mord den Juden geschlagen und die Republik gemeint hatte, im Augenblick, da ihr die Republik auf die schmutzigen Finger klopft, mit noch lauteren Schmähungen gegen die Juden losziehen -würde- Was wir -erwartet hatten, ist prompt eingietroffen. Und gerade Ihr -Aufsatz, hochverehrter Herr Graf, der an schmutzigen und gemeingefährlichen Ver­leumdungen einen kaum überbietbaren Rekord darstellt, wird ein abschreckendes Beispiel für die wenigen jüdischen Deutschen sein, die vielleicht glauben, sich in -der Rollearmer Verfolgter" sicher fühlen zu können. Wenn S i e allen